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       # taz.de -- Linksradikale Gewalt in Leipzig: Tag (((i))) eskaliert
       
       > Am Mittwoch wird über das Verbot der linksradikalen Plattform
       > „linksunten.indymedia“ entschieden. Eine Soli-Demo am Samstag schlug in
       > Gewalt um.
       
   IMG Bild: Leipzig, 25. Januar: Solidemo für Linksunten.indymedia
       
       Leipzig taz | Die halbe Strecke liegt schon hinter der Demo, als um 19 Uhr
       die Eskalation beginnt, die so viele für [1][„Tag (((i)))“] erwartet haben.
       Unter dem Motto „Wir sind alle linksunten – Pressefreiheit verteidigen, den
       autoritären Staat angreifen“ zeigten am Samstagabend in Leipzig etwa 1.600
       Menschen ihre Solidarität mit der linksradikalen Internetplattform
       linksunten.indymedia. Deren Weiterbetrieb war nach den G20-Protesten zur
       Straftat erklärt worden.
       
       Am Mittwoch soll über die Zukunft der Plattform das
       Bundesverwaltungsgericht verhandeln, auf dessen Vorplatz die Soli-Demo am
       Samstagnachmittag friedlich gestartet ist.
       
       Doch dann knallt es auf halber Strecke nach Connewitz – in der Leipziger
       Südvorstadt. Jemand hat einem parkenden Mercedes die Scheibe eingeschlagen.
       Die Alarmanlage heult los, der Aufzug stoppt.
       
       Im roten Bengalo-Licht fliegen nun Böller auf die Filialen einer
       Supermarkt- und einer Pizzakette. Panik bricht aus, vor den Geschäften
       steht eine Polizeikette im Böller- und Pflastersteinhagel. Fenster gehen zu
       Bruch. Im Pizzaladen stehen Mitarbeiter erschrocken hinter einer ebenfalls
       gesprungenen Scheibe.
       
       ## Eskalation trotz zurückhaltender Polizei
       
       Das ist sie, die Eskalation, die Medien, Polizei und Politik an diesem
       Samstag fast erwartet haben, eine Woche vor der Leipziger
       Oberbürgermeisterwahl. Linksradikale Gruppen aus ganz Deutschland hatten
       mobilisiert, für die erste größere, linksautonome Demo nach den
       [2][Ereignissen der Silvesternacht in Connewitz]. Einige Gruppen hatten zur
       Gewalt gegen die Polizei aufgerufen, die Parteien im Rathaus derweil zur
       Gewaltlosigkeit.
       
       Die Leipziger Polizei unter Torsten Schulze hatte für den Tag eine
       deeskalative und kommunikative Strategie angekündigt, gleichzeitig aber
       ordentlich aufgefahren: Schon seit dem Vorabend hatte die Polizei um die
       Demoroute einen Kontrollbereich errichtet, in dem sie Passanten selektiv
       auf Waffen und Vermummungsgegenstände durchsuchen durften.
       
       Am Samstag dann standen Beamte aus mehreren Bundesländern, Pferde,
       Wasserwerfer und Hubschrauber bereit. Während der Demo waren davon dann
       aber nur die Beamten selbst zu sehen, und das mit großem Abstand vor und
       hinter dem Demozug: Auf eine Kette zum Schutz der Geschäfte verzichtete die
       Polizei bis zur Eskalation. Durchaus eine deeskalierende Strategie.
       
       Die Bilanz am Samstagabend: nach Polizeiangaben 13 verletze Beamte und
       sechs Festnahmen. Zudem einige verletzte Demoteilnehmende, vier demolierte
       Schaufenster, eine kaputte Haltestelle, mehrere zersplitterte Autofenster.
       Zudem versuchten Einzelne, mit Drohungen und Einschüchterungen zu
       verhindern, dass die Presse filmen konnte – selbst wenn nur Schuhe
       aufgenommen wurden.
       
       Verstöße gegen Auflagen kommentierte die Versammlungsleitung kaum,
       Demonstrierende wurden vom Pflastersteinesammeln oder -werfen nicht
       abgehalten.
       
       Für das zuletzt angeschlagene Image der Leipziger Polizei dürfte der Tag
       ein Pluspunkt sein. Nachdem sie sich nach der Silvesternacht vorwerfen
       lassen musste, die Ausschreitungen mit ihrer Überpräsenz gegenüber den
       friedlich Feiernden erst [3][provoziert zu haben], scheint der
       Polizeipräsident mit der Strategie offener Kommunikation und
       vergleichsweise gemäßigtem Auftreten auf Kritik eingegangen zu sein – und
       trotzdem ist die Demo eskaliert. Selbst linke Abgeordnete äußerten ihr
       Unverständnis.
       
       Schließlich musste die Versammlungsleitung die Demo auflösen. Eine neu
       angemeldete Demonstration durfte dann noch den restlichen Weg nach
       Connewitz weiterziehen – friedlich, aber mit deutlich weniger Teilnehmern.
       Zum gemeinsamen Protest mit dortigen Kundgebungen gegen den rechten
       Politiker André Poggenburg kam es so nicht mehr. Dessen parallele
       Gegenkundgebung zählte allerdings auch nur rund zehn Teilnehmer.
       
       26 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Helke Ellersiek
       
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