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       # taz.de -- Richtfest im U-Bahnhof Museumsinsel: Unterirdisch feiern
       
       > Tief unter Humboldt-Forum und Spreekanal wurde am Montag angestoßen:
       > Bauarbeiter und Politik feierten Richtfest im Problembahnhof
       > „Museumsinsel“.
       
   IMG Bild: Michael Müller am U-Bahnhof Museumsinsel
       
       Ausgerechnet Michael Müller! Als einziger prominenter Sozi steht er auf dem
       niedrigen Podest in der Zwischenebene des künftigen U-Bahnhofs Museumsinsel
       – und erwähnt die Hauptpersonen des Tages, die BauarbeiterInnen, erst ganz
       kurz am Schluss seiner Ansprache. Hauptpersonen, weil an diesem
       Montagvormittag Richtfest unter Tage gefeiert wird: Der komplizierteste
       Teil des sogenannten U5-Lückenschlusses ist im Groben erledigt, ab jetzt
       wird nur noch ausgebaut und hübsch gemacht.
       
       Vor den vielen in orange Westen gekleideten Männern und Frauen vom Bau lobt
       der Regierende Bürgermeister dafür in den höchsten Tönen die
       Ingenieurskunst, die das noch unfertige Bauwerk ermöglicht habe, sowie die
       „großartige“ Gestaltung des künftigen Bahnhofs durch den Berliner
       Architekten Max Dudler. Dessen Kunstgriff: mehrere tausend LED-Lämpchen auf
       dunkelblau gewölbten Tunneldecken. Klingt nach prätentiöser
       Innenausstattung beim mittelteuren Italiener, soll aber an Karl Friedrich
       Schinkels berühmtes „Zauberflöten“-Bühnenbild erinnern. Oben steht mit dem
       Alten Museum ja auch was von Dudlers berümtem Kollegen.
       
       Später wird Michael Müller sich noch auf dem Bahnsteig umsehen, der vorerst
       sehr, sehr unspektakulär daherkommt: Links 'ne Röhre, rechts 'ne Röhre, und
       in der Mitte kann man stehen. Es fehlt eben noch alles, was die Station
       einzigartig machen soll. „In den kommenden Wochen wird der Sternenhimmel
       angebracht“, erklärt Jörg Seegers, Geschäftsführer der BVG Projekt GmbH,
       die den Lückenschluss managt – und sollte die U5 wie geplant Ende des
       Jahres von Hönow bis Hauptbahnhof durchfahren, rollen die Züge durch einen
       fertigen und beleuchteten Bahnhof, nur ohne Halt.
       
       Was daran liegt, dass beim Bau von „U Museumsinsel“ so ziemlich alles
       zusammenkam, was Baufirmen das Leben schwer macht: die Lage unter einem
       Fluss, einer Hauptverkehrsstraße und einem Gebäude, all das nicht umgeben
       von stabilem Gestein, sondern von einer sandigen Suppe, in die schon die
       Preußen zur Stabilisierung ihrer Prachtbauten massive Eichenstämme rammen
       mussten.
       
       Für einen modernen U-Bahnhof reicht das natürlich nicht. Die Lösung, das
       wird am Montag noch einmal ausgiebig erläutert, bestand darin, über viele
       kleine Bohrungen Kühlmittel durch das grundwassergesättigte Erdreich zu
       pumpen und es zu einem 28.000 Kubikmeter großen Eiskörper zu gefrieren. In
       den konnten die Bauarbeiter dann „bergmännisch“ das unterirdische Bauwerk
       treiben. All das dauerte länger als erhofft, weshalb der Bahnhof mit seinen
       Zwischengeschossen und Ausgängen wohl erst im Sommer 2021 fertig sein wird.
       
       ## Seitenhieb auf Günther
       
       Eine bekommt an diesem Tag kein einziges Mal das Wort, obwohl sie die ganze
       Zeit auf dem Podium steht: die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther. Sie
       darf sich stattdessen von Michael Müller anhören, dass die
       U-Bahn-Verlängerung „verkehrspolitisch ein großer Schritt nach vorn“ sei.
       „Ich hoffe, dass das auch an anderen Stellen in der Stadt deutlich wird“,
       so der Regierende mit einem klaren Seitenhieb auf seine Senatskollegin, die
       bekanntlich wenig vom teuren und aufwändigen U-Bahn-Ausbau hält.
       
       Am Ende bleiben Scherben: Die vom Schnapsglas, das Oberpolier Herbert
       Herold in alter Tradition austrinken und auf den Boden werfen darf, nachdem
       er ein paar grob gezimmerte Reime vorgetragen hat. „Der Stadt Berlin
       gebührt auch Dank / darauf nehme ich diesen Trank. Prost.“
       
       10 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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