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       # taz.de -- Korrupte Fußballfunktionäre: Schützende Hände
       
       > Die Fifa hat für ein halbes Jahr den afrikanischen Fußball übernommen und
       > präsentiert Milliardenpläne. Berichte über Korruption nerven da nur.
       
   IMG Bild: Toller Pokal: Fifa-Boss Gianni Infantino mit Afrikas Verbandschef Ahmad Ahmad
       
       Als Ahmad Ahmad 2017 in das Amt des Präsidenten der Afrikanischen
       Fußballkonföderation CAF gewählt worden ist, galt der Mann aus Madagaskar
       als Hoffnungsträger. Das lag gewiss auch an seinem Vorgänger, dem Kameruner
       Issa Hayatou, gegen den er sich in einer Kampfabstimmung beim Kongress in
       Addis Abeba durchgesetzt hatte. Hayatou, der lange auch Vizepräsident des
       Weltverbands Fifa gewesen ist, war der letzte Grande aus der Ära Sepp
       Blatter, die als Hochzeit der Korruption in Weltfußball gilt.
       
       Wie Hayatou durch all die großen Bestechungsaffären gekommen ist, in denen
       sein Name nur allzu oft gefallen ist, ohne je belangt zu werden, ist
       vielleicht die größte Lebensleistung dieses Funktionärs. Mit einem neuen
       Präsidenten sollte nun alles besser werden. Keine drei Jahre nach seiner
       Wahl hat Ahmad Ahmad alle Hoffnungen enttäuscht.
       
       Am vergangenen Wochenende zitierte die Nachrichtenagentur Associated Press
       aus einem Report der Finanzdienstleistungsunternehmens PwC, der sich im
       Auftrag der Fifa das Geschäftsgebaren in der afrikanischen Konföderation
       ansehen sollte. Demnach sind zwischen 2015 und 2018 51 Millionen US-Dollar
       nach Afrika überwiesen worden. 24 Millionen Dollar seien seitdem von
       Verbandschefs in Afrika ausgegeben worden. Wofür ist kaum nachzuvollziehen.
       
       In dem Report heißt es, dass von 40 Zahlungen in Höhe von 10 Millionen
       Dollar ganze fünf ausreichend dokumentiert waren. Oft sei es ein und
       dieselbe Person gewesen, die Geld für eine Ausgabe beantragt, diese
       genehmigt und es ausgeben habe. So wurden Geschenke bezahlt, einmal sogar
       eine Beerdigung.
       
       ## Verbandschef unter Verdacht
       
       Bei der Fifa, so heißt es aus dem Verband, wisse man, was in dem Report
       stehe. Man wolle nun weitere Informationen sammeln, die für eine interne
       Untersuchung durch die Ethikkommission verwendet werden können. Die hätte
       längst ein Urteil über Ahmad Ahmad fällen können. Am Rande des
       Fifa-Kongresses im vergangenen Jahr war der Funktionär in Paris zur
       Vernehmung von französischen Ermittlern kurzzeitig festgenommen worden. Es
       ging um einen regelrechten Gaunerdeal, bei dem Sportartikel aus einem
       Ausrüstervertrag zu horrenden Preisen weiterverkauft worden sein sollen.
       
       Die Vorwürfe waren der Fifa längst bekannt, als die französische Polizei
       den Funktionär festgenommen hat. Sie waren von einem ehemaligen
       Generalsekretär des afrikanischen Verbands bei der Fifa zur Anzeige
       gebracht worden. Gehandelt hat der Weltverband nicht. Ebenso wenig als
       bekannt wurde, dass sich Frauen über [1][sexuelle Übergriffe] durch Ahmad
       Ahmad beschwert haben. Jemand scheint seine schützende Hand über Ahmad
       Ahmad zu halten.
       
       Gianni Infantino, der Präsident der Fifa, ist wohl immer noch voller
       Dankbarkeit, dass er sich bei seiner ersten Wahl zum Fifa-Präsidenten auf
       Ahmad Ahmad verlassen konnte. Um den Funktionär aus dem Blickfeld der
       Öffentlichkeit zu entfernen, übernahm die Fifa im Sommer die Herrschaft
       über den afrikanischen Fußball gleich selbst. Infantino schickte seine
       Generalsekretärin [2][Fatma Samoura] nach Kairo an den Sitz der CAF und
       stellte den Verband so unter eine Art Zwangsverwaltung.
       
       ## Milliardenprogramm für Afrika
       
       Die endete in der vergangenen Woche. „FIFA mission in CAF successfully
       completed“, heißt [3][die entsprechende Meldung] auf der Website des
       Verbands dazu. Darin wird auch der Bericht von PwC erwähnt, nicht jedoch,
       welch verheerendes Zeugnis darin der afrikanischen Konföderation
       ausgestellt wird. Es geht, wie kann es bei der Fifa anders sein, um das
       ganz große Ding. Eine Milliarde US-Dollar sollen in den Ausbau von
       Fußballinfrastruktur investiert werden, vor allem in den Stadionbau.
       
       Auch neue Wettbewerbe sollen etabliert werden. Infantino selbst brachte
       Anfang Februar auf einer Konferenz im marokkanischen Rabat eine „echte
       afrikanische Super League mit 20 bis 24 Mannschaften“ ins Gespräch. Dann
       sagte er noch etwas, worüber sich die meisten anwesenden Funktionäre,
       darunter auch Ahmad Ahmad, dann doch sehr gewundert haben dürften. Er habe
       es satt, immer von der Entwicklung des afrikanischen Fußballs zu sprechen.
       „Der entwickelt sich doch von selbst“, sagte der Fifa-Präsident. Am Tag
       darauf endete die von Infantino 2019 verordnete Übernahme der CAF durch den
       Weltverband.
       
       12 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /MeToo-beim-Fussball/!5599226
   DIR [2] /Fifa-vor-der-Frauen-WM/!5600082
   DIR [3] https://www.fifa.com/about-fifa/who-we-are/news/fifa-mission-in-caf-successfully-completed#
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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