# taz.de -- Zahlen zu Kindesmissbrauch: Ran an die Mitwisser!
> Sexuelle Gewalt gegen Kinder hat immer Mitwisser*innen. Damit die Zahlen
> endlich sinken, braucht es eine Kampagne, die diese Menschen anspricht.
IMG Bild: Auch in den Kirchen wird mittlerweile über Missbrauch gesprochen
Wussten Sie, dass etwa jede*r achte erwachsene Bundesbürger*in als Kind
sexuelle Gewalt erlebt hat? Wussten Sie, dass die meisten Übergriffe auf
Kinder nicht spontan und einmalig passieren, sondern langsam entwickelt
werden – von der verbalen Anmache und dem [1][Zeigen von Pornos] bis zur
Vergewaltigung? Und wussten Sie, dass die meisten Täter gar nicht
pädosexuell veranlagt sind, sondern sich an ihrer Macht über einen
unterlegenen Menschen berauschen? Weil sie es können und weil sie nur
selten auffliegen?
Das wussten Sie alles nicht? Kein Wunder, es wird ja auch kaum darüber
gesprochen. Das Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder ist zwar ständig in den
Schlagzeilen, man spricht über Fälle in Internaten, Skandale in
Pfadfindergruppen und [2][Kirchengemeinden], es gibt einen Unabhängigen
Beauftragten, einen Betroffenenrat und eine Aufarbeitungskommission – und
trotz all dieses Engagements wollen die Zahlen einfach nicht sinken.
Warum ist das so? Vielleicht fehlt es den meisten an einem Wissen, das sie
auch handeln lässt. Dazu gehört, dass Kindesmissbrauch ein
Gemeinschaftsdelikt ist: Weil Täter und Opfer sich fast immer kennen,
geschehen die Taten inmitten eines duldenden Umfelds. Das sind Mütter, die
es nicht wahrhaben wollen, Geschwister, die sich nicht zu petzen trauen,
Lehrer*innen, die befürchten, einen Fehler zu machen – und
Schulleiter*innen oder Bischöfe, denen der Ruf ihrer Institution wichtiger
ist als der Kinderschutz.
Immer hat es jemand gewusst oder zumindest geahnt. Und viel zu [3][selten
handelt jemand.] Wissen Sie, an wie viele Erwachsene sich Kinder im
Durchschnitt wenden, bevor einer ihnen hilft? Es sind sieben. Zehn Jahre
nachdem das riesige Ausmaß sexueller Gewalt in unserer Gesellschaft
offenbar wurde, wird es Zeit, die Mitwisser*innen in die Pflicht zu nehmen.
Die aktuelle Kampagne „Anrufen hilft!“ ist ein Anfang. Doch eigentlich
müsste es heißen: „Wer nicht hilft, hilft den Tätern“ – und macht sich
mitschuldig.
29 Jan 2020
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Nina Apin
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