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       # taz.de -- Ticketkosten im öffentlichen Nahverkehr: Manager gegen billigere Fahrkarten
       
       > Chefs von Verkehrsunternehmen sind gegen das 365-Euro-Ticket. Sie wollen
       > erst einen kräftigen Ausbau ihrer Angebote, dann mehr KundInnen.
       
   IMG Bild: Mehr Fahrgäste brauchen mehr Fahrzeuge: Münchner U-Bahn in der Rush Hour
       
       Berlin taz | Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) greift den
       regierenden Bürgermeister von Berlin Michael Müller (SPD) scharf an, weil
       der sich für ein [1][Nahverkehrs-Jahresticket für 365 Euro] einsetzt. Diese
       Forderung sei nur eine „attraktive Parole“ und „purer Populismus, um für
       den Moment einen Effekt zu erhaschen“, sagte VDV-Geschäftsführer Oliver
       Wolff vor JournalistInnen in Berlin. „Jemand, der Ahnung vom System hat,
       will kein 365-Euro-Ticket als Antwort auf die Versäumnisse der
       Vergangenheit“, sagte er mit Bezug auf Müller, der früher Verkehrssenator
       gewesen ist. Der VDV sieht heute enorme Kapazitätsengpässe, weil früher zu
       wenig in den Nahverkehr investiert wurde. Die Berliner Staatskanzlei wollte
       die Angriffe nicht kommentieren.
       
       Beim 365-Euro-Ticket zahlen Kunden für jeden Tag im Jahr einen Euro. Das
       ist billiger als die heutigen Monatskarten. Damit soll der öffentliche
       Nahverkehr attraktiver werden. Berlin erwägt die Einführung und möchte
       dafür auf Fördermittel aus dem Bundesverkehrsministerium zurückgreifen.
       
       Der VDV lehnt ein 365-Euro-Ticket grundsätzlich ab. „Wenn wir Leute
       anlocken, kommen die in ein volles System“, sagte VDV-Präsident Ingo
       Wortmann, der auch Chef der Münchener Verkehrsgesellschaft ist.
       Gleichzeitig würde die günstige Jahreskarte nach seiner Auffassung nicht zu
       weniger Autoverkehr führen. Vor allem Fußgänger und Radfahrer würden auf
       Bus und Bahn umsteigen. „Der Autofahrer steigt nicht um, wenn es
       Ticketvergünstigungen gibt“, glaubt Wortmann. Die Stadt Wien, [2][in der es
       die 365-Euro-Fahrkarte bereits gibt], sei nicht mit der Lage in Deutschland
       vergleichbar. Dort haben Anbieter und Politik langfristig geplant und die
       Ausweitung des Angebots vorausschauend vorangetrieben.
       
       Bundesweit würde die Einführung eines 365-Euro-Tickets laut VDV zu
       Einnahmeausfällen von 4 Milliarden Euro führen. Dieses Geld werde für den
       Ausbau der Angebote dringend gebraucht. „Wir müssen mehr fahren“, sagte
       Wortmann. „Wir sind klar gegen weitere Ticketvergünstigungen.“
       
       ## Doppelt so viel Busse
       
       Im Schnitt kostete eine Fahrt nach Angaben des Verbandes im vergangenen
       Jahr 1,11 Euro. Dabei werden alle Tickets, also auch Monats- oder
       Jahreskarten eingerechnet. Der Einzelpreis für die Fahrt in einer Tarifzone
       liegt im Bundesschnitt bei 2,70 Euro. Der Ausbau des Angebots soll vor
       allem durch mehr Busse erfolgen. In München müsse die Zahl der Busse von
       jetzt etwa 500 verdoppelt werden, sagte Wortmann. Der Bedarf in den übrigen
       Ballungsräumen sei vergleichbar.
       
       Zurzeit sind bundesweit rund 30.000 Busse im Linienverkehr unterwegs,
       darunter etwa 400 Elektrobusse. [3][Das sind mehr als viermal so viele wie
       vor einem Jahr]. Die Zahl der E-Busse wollen die Unternehmen deutlich
       erhöhen. Auf dem Land müssten Angebote wie Sammeltaxis und Rufsysteme
       vorangetrieben werden, sagte Wortmann. Da die Betriebskosten dafür hoch
       seien, seien dafür öffentliche Mittel erforderlich.
       
       28 Jan 2020
       
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