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       # taz.de -- Urteil zu linksunten.indymedia: Eher schikanös als rechtsstaatlich
       
       > Überzeugen die Gründe des Bundesverwaltungsgerichts, sich aus formalen
       > Gründen nicht mit dem Verbot von indymedia zu befassen? Nein.
       
   IMG Bild: Wollen sich mit linksunten.indymedia nicht befassen: die RichterInnen am Bundesverwaltungsgericht
       
       Das Bundesverwaltungsgericht hat Klagen gegen das Verbot der linksradikalen
       Internetplattform linksunten.indymedia [1][ohne Prüfung abgelehnt]. Die
       Justiz verweigert sich.
       
       Nein, das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot der Webseite
       linksunten.indymedia nicht „bestätigt“, auch wenn manche Medien das nun so
       formulieren. Denn das Gericht hat die Gründe des Verbots aus formalen
       Gründen erst gar nicht geprüft. Damit ist auch der Vorwurf an den damaligen
       Innenminister Thomas de Maizière nicht ausgeräumt, er habe die
       linksradikale Webseite nach den G20-Krawallen von Hamburg vor allem aus
       symbolischen Gründen verboten.
       
       Die Rechtsschutzverweigerung durch das Bundesverwaltungsgericht ist auch
       nicht überzeugend. Es ist ja nicht so, dass hier Leute aus Neugier und
       allgemeinem Interesse das Gericht angerufen haben. Es waren vielmehr genau
       die Personen, die vom Verfassungsschutz und vom Innenministerium
       verdächtigt wurden, sie hätten linksunten.indymedia betrieben. Sie waren
       und sind ganz konkret von Durchsuchungen und Beschlagnahmungen betroffenen
       und haben damit ein klares Rechtsschutzbedürfnis.
       
       Dass sie laut Bundesverwaltungsgericht erst dann eine gerichtliche Prüfung
       des Verbots erreichen können, wenn sie sich offiziell als Verantwortliche
       outen – mit allen eventuellen straf- und haftungsrechtlichen Folgen –, das
       wirkt eher schikanös als rechtsstaatlich.
       
       Allerdings ist auch nach dem Verbot von linksunten.indymedia die
       [2][Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland] nicht in Gefahr. Auch
       heute kann linke und linksradikale Politik auf vielen Internetportalen
       diskutiert werden. „de.indymedia.org“ ist nur das bekannteste Beispiel.
       „[3][Solidarität mit linksunten. Bullenwache in Flammen“] wird dort gerade
       getitelt. Mit Problemen muss ein Portal aber rechnen, wenn es nicht nur
       Diskussionen über strafbare Praktiken zulässt, sondern zum Posten
       strafbarer Inhalte geradezu offensiv einlädt.
       
       Wer auch das in einer Demokratie für unverzichtbar hält, sollte sich daran
       erinnern, dass es in Deutschland nicht nur Linksradikale, sondern auch
       Rechtsextremisten gibt. Die Auslegung der Presse- und Meinungsfreiheit an
       der Grenze zur Illegalität gilt im Verfassungsstaat natürlich nicht nur für
       Linke, sondern auch für Rechte. Würde im Interesse des freien Diskurses ein
       Portal akzeptiert, in dem regelmäßig zu Straftaten aufgerufen wird, dann
       gälte dies tendenziell auch für die gewaltbereite Rechte. Will man das
       wirklich? In dieser Zeit?
       
       30 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Urteil-des-Bundesverwaltungsgerichts/!5660916
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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