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       # taz.de -- Ficken ist Frieden: Helga Goetze bekommt eine Stiftung
       
       > Helga Goetze war nicht nur Frauenaktivistin. Sie hat auch ein
       > künstlerisches Werk hinterlassen, das nun im Stadtmuseum eine neue Heimat
       > findet.
       
   IMG Bild: Eine der Stickereien von Helga Goetze
       
       In Rainald Grebes Revue namens „Westberlin“ wurde an sie erinnert, Rosa von
       Praunheim hatte schon 1982 mit ihr in „Rote Liebe“ ein langes filmisches
       Interview geführt: Helga Goetze war eine West-Berliner Institution. Von
       1983 an stand sie täglich vor der Gedächtniskirche und hielt den Passanten
       ein Schild entgegen, das auch so etwas wie ein Spiegel sein sollte: „Ficken
       ist Frieden“.
       
       Weniger bekannt ist, dass die 1922 in Magdeburg geborene spätere Aktivistin
       für die sexuelle Befreiung und frühe Vertreterin der queeren Szene auch ein
       künstlerisches Oeuvre hinterlassen hat. Ihr schriftlicher Nachlass etwa
       befindet sich unter dem Dach des Frauenforschungs,- bildungs- und
       -informationszentrums FFBIZ. Um ihre Grafiken und Stickereien kümmert sich
       nun die am Montag gegründete Helga-Goetze-Stiftung, die zur Stiftung
       Stadtmuseum Berlin gehört.
       
       Die neue Stiftung umfasst laut Stadtmuseum „280 stilistisch einzigartige
       Stickbilder unterschiedlicher Formate und rund 300 Grafiken, teils
       Vorzeichnungen, mit feministischen Botschaften und außergewöhnlichen
       kulturgeschichtlichen Aussagen“ aus der Zeit der 1960er Jahre bis 2007, ein
       Jahr vor Goetzes Tod. Sie ist eine von sieben unselbständigen Stiftungen
       unter dem Dach der Stiftung Stadtmuseum. Andere sind unter anderem die
       Hans-und-Luise Richter-Stiftung, die sich um den Nachlass von Giacomo
       Meyerbeer kümmert oder die Fritz-Ascher-Stiftung, die an den heute
       vergessenen Maler erinnert, der als einer von 6.000 Berliner Juden im
       Untergrund überlebt hat.
       
       „Von Helga Goetzes Stickbildern sind 134 schon online“, freut sich Martina
       Weinland, die Beauftragte für kulturelles Erbe bei der Stiftung
       Stadtmuseum. Fast drei Jahre stand Weinland mit der Familie von Helga
       Goetze in Kontakt, bis es zur Gründung der neuen Stiftung kam. Natürlich
       hätte die Familie den Nachlass auch schenken können. „Doch mit einer
       Stiftung ist auch der Name präsent“, sagt Weinland. Unselbständig heißt
       dabei, dass die Stiftung „ein Kind des Stadtmuseums“, also nicht
       eigenständig sei.
       
       Weinland hofft, dass es neben der Digitalisierung, die bis Ostern
       abgeschlossen sein soll, Endes des Jahres oder im kommenden Jahr auch eine
       Ausstellung zu Helga Goetze geben wird. „Wir wollen dafür mit dem FFBIZ um
       Drittmittel werben“, kündigt sie an. „Helga Goetze füllt eine enorme Lücke
       in der Gegenwartskunst, die nun geschlossen wird“, ist sie überzeugt. „Sie
       war eine Vorkämpferin für sexuelle Befreiung und gegen den Paragraphen
       175.“
       
       Gut möglich, dass bald also über dem Märkischen Museum ein Banner hängt,
       das sich des Zuspruchs sicher sein kann: Ficken ist Frieden.
       
       4 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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