URI: 
       # taz.de -- Olympische Spiele und Coronavirus: Wenn Sport zurücktritt
       
       > Trainingslager, Rekordjagden, Qualifikationsturniere: Alles wird wegen
       > der angespannten Gesundheitslage in China plötzlich relativ.
       
   IMG Bild: Ende Januar: Fußballprofis des Wuhan Zall FC treffen im Trainingslager im spanischen Malaga ein
       
       In großen Teilen Chinas kommt [1][nicht nur das normale Leben zum
       Erliegen], sondern auch der Sport. Das Coronavirus beherrscht mehr und mehr
       den Alltag von Millionen Chinesen. Nach fahrlässigem Zögern hat die
       Kommunistische Partei Chinas drastische Maßnahmen zur Eindämmung der
       Epidemie ergriffen. Das betrifft in erster Linie die Bewegungsfreiheit der
       Menschen, also auch die von Dopingkontrolleuren. Chinas Test-Agentur hat
       die landesweiten Blut- und Urinabnahmen mit Rücksicht auf die Gesundheit
       von Sportlern und Kontrolleuren ausgesetzt.
       
       Es ist nicht mehr wichtig zu wissen, ob sich Epo im Sportlerkörper
       befindet, von Interesse [2][ist vielmehr ein Virus], das sich verblüffend
       leicht von Mensch zu Mensch überträgt und das Zeug hat, auch in Europa –
       nimmt man allein den Run auf Mundschutz und Desinfektionsmittel als Indiz –
       für Angst und Schrecken zu sorgen.
       
       China begibt sich seuchenbedingt in die Isolation, mit drastischen
       Auswirkungen auf den Sport. Die Chinesen haben anscheinend keine andere
       Wahl. Dass eine Nation, deren Athleten sich auch als Botschafter im
       Trainingsanzug zu begreifen haben, willens ist, auf das Prestige von
       Podestplätzen zu verzichten, spricht für einen gewissen Ernst der Lage.
       Sport gerät in so einer Situation zur Nebensache. Die Direktive der KP
       lautet: Volkes Gesundheit ist wichtiger als der Medaillenspiegel.
       
       Stark beeinträchtigt ist derzeit schon die Vorbereitung auf die Olympischen
       Spiele im Sommer. Turniere für die Qualifikation im Fußball, Basketball und
       Boxen wurden verlegt, die Beachvolleyballer bangen um drei wichtige
       Turniere in China, bei denen es um Tickets für Tokio geht.
       
       ## Turniere, die für Olympia wichtig sind, wurden abgesagt
       
       Die chinesische Handball-Nationalmannschaft der Frauen hat wegen des
       Ausbruchs die Teilnahme an einem Olympia-Qualifikationsturnier abgesagt.
       Die Leichtathletik-Hallen-WM, die für Mitte März in Nanjing angesetzt war,
       findet dort nicht mehr statt. Am Mittwoch wurde ein großes Reitturnier in
       Hongkong gestrichen. Spiele in der asiatischen Fußball-Champions-League mit
       chinesischer Beteiligung wurden verlegt. Der Asien-Meisterschaft der
       Badminton-Spieler, die im Epizentrum der Krise, in Wuhan, stattfinden soll,
       droht wohl das gleiche Schicksal. Die Formel 1 überlegt, das Rennen in
       Schanghai abzusagen.
       
       Chinas Sportler und Sportlerinnen, die noch die Chance haben, an
       internationalen Wettkämpfen teilzunehmen, treffen auf eine Skepsis, die
       sich aus zwei Quellen speist: der berechtigten Angst vor einer Pandemie und
       der irrationalen Scheu vor dem Kontakt zu allen Menschen, die irgendwie
       „chinesisch“ aussehen. Es ist für viele Veranstalter wohl nicht ganz
       einfach, auf dem schmalen Grat – links und rechts gähnen die Abgründe aus
       Rassismus und Verharmlosung – zu wandeln und angemessene Maßnahmen zu
       verordnen.
       
       Beim Shorttrack-Weltcup in Dresden wurde die chinesische Abordnung mit
       Thermometern empfangen. Es musste sich aber nicht nur die chinesische
       Mannschaft bei der Ankunft einem Gesundheitscheck unterziehen, alle
       Athleten, Trainer und Betreuer wurden examiniert. Ähnlich geht es beim
       Weltcup der Eisschnellläufer am Wochenende in Calgary zu.
       
       Auch die Olympiaveranstalter in Tokio wissen nicht so recht, wie sie mit
       dieser Coronavirus-Sache umgehen sollen. „Wir sind sehr in Sorge, dass die
       Ausweitung des Virus wie eine kalte Dusche auf die Spiele wirken könnte“,
       sagte Organisationschef Toshiro Muto am Mittwoch. Ein paar Stunden später
       wurde er mit den Worten zitiert: „Es ist wichtig, objektiv zu bleiben und
       einen kühlen Kopf zu bewahren.“ Die Verunsicherung ist mit Händen zu
       greifen. Allen Sportfreunden in China (und Asien), die unter der Quarantäne
       ihrer Helden leiden, sei gesagt: Es gibt Wichtigeres als Leistungssport.
       
       7 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Alltag-mit-dem-Coronavirus-in-China/!5657932
   DIR [2] /!t5660746/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Frühsport
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR China
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Kolumne Frühsport
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Sport trotz Corona
   DIR Kolumne Frühsport
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Chinesische Super League in Gefahr: Kurz vor dem harten Crash
       
       Chinas Firmen haben horrende Summen in Fußballklubs investiert – mit
       mäßigem Erfolg. Die Virus-Krise könnte die Finanzblase zum Platzen bringen.
       
   DIR Fußball in Zeiten des Coronavirus: Und Deutschland kickt
       
       Überall auf dem Kontinent werden Spiele abgesagt, um die Verbreitung des
       Coronavirus zu verhindern. Das wäre auch hierzulande angebracht.
       
   DIR Coronavirus in Italien: Angst vor „Pestkranken“
       
       Italiens Fußballclubs der Serie A spielen vor leeren Rängen. In Turin
       wurden alle Trainingsgelände und Fitnessstudios vorsorglich geschlossen.
       
   DIR Coronavirus in Südostasien: Vietnam wappnet sich gegen Virus
       
       Einige Staaten schließen aus Angst die Grenze zu China, Vietnam hält sie
       gezwungenermaßen offen. Dabei gibt es eine hohe Dunkelziffer an
       Infizierten.
       
   DIR Folgen des Coronavirus für den Sport: „Vollkommen abgeriegelt“
       
       Nicht nur Chinas Sportler, auch die deutschen Segler Göttlich/Klasen
       trainieren isoliert. Und Chinas Handballerinnen verpassen Olympia.
       
   DIR Fußball-Klub-WM in China: Passender Partner
       
       Eine neue, ganz große Klub-WM wird bald in der Volksrepublik ausgetragen.
       Die Fifa macht Kasse und liefert sich dem Regime aus.