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       # taz.de -- Politik im Kreml: Ein Königsmacher geht
       
       > Er galt als „Einflüsteter“ des russischen Präsidenten. Nun wurde der
       > Ukraine-Berater Wladislaw Surkow von Waldimir Putin entlassen.
       
   IMG Bild: Begann seinen Höhenflug im Kreml einst unter Wladimir Putin: Wladislaw Surkow
       
       Moskau taz | Gerüchte waren schon seit einem Monat im Umlauf. Präsident
       Wladimir Putins Berater, Wladislaw Surkow, wolle aus der Funktion [1][als
       Beauftragter für die Ukraine] ausscheiden, munkelte das Kremlumfeld.
       Surkows Wunsch wurde als Reaktion auf angebliche „Veränderungen des Kurses
       in Richtung Ukraine“ interpretiert.
       
       Der 55-jährige Surkow schwieg indes und überließ die Auslegung den Deutern
       der Kremlpolitik. Hingegen ist von ihm glaubhaft verbrieft, dass er nach
       dem Job erst mal einige Monate meditieren möchte.
       
       Surkows Funktion übernimmt nun der stellvertretende Leiter der
       Präsidialadministration, Dmitri Kosak. Dieser soll sich weiterhin mit der
       Ukraine beschäftigen. Auch Surkow hatte früher schon mal den Posten in der
       Präsidialadministration inne: 12 Jahre diente er dem Präsidenten als Vize
       der Kremlverwaltung. In den letzten Jahren aber diente Surkow als Chef der
       selbsternannten Volksrepubliken Donbass und Lugansk. Er war Königsmacher in
       der annektierten Ostukraine und genoss es auch. Wann immer Putin wegen der
       Ukraine in den Westen reiste, nahm er ihn mit.
       
       Wladislaw Jurjewitsch Surkow war nicht irgendein beliebiger Berater. Schon
       1999 stieg er in die Kremladministration unter dem Vorgänger Präsident
       Boris Jelzin ein. Sein Höhenflug begann jedoch erst unter dem Neuen, unter
       Wladimir Putin. Dort avancierte er zum Demiurgen der russischen
       Innenpolitik. Zunächst entwarf er das Konzept der „souveränen Demokratie“,
       das sich bald als Abkehr von demokratischen Institutionen des Westens
       erweisen sollte. Stattdessen vertrat er unverhohlen einen eigenen Weg für
       Russland, einen Sonderweg.
       
       ## Chefideologe und „Einflüsterer“ Wladimir Putins
       
       Auch die Kremlpartei „Vereinigtes Russland“ geht auf ihn zurück, wo er in
       die Rolle des Chefideologen schlüpfte. Die Nähe zum Präsidenten brachte ihm
       zudem den Ruf des „Einflüsterers“ ein. Im Gespräch mit einem US-Magazin
       deutete er damals an: Auch die „Vertikale der Macht“, die inzwischen als
       Synonym [2][für das erste Jahrzehnt der Putin-Herrschaft] gilt, hätte der
       Präsident anfangs nicht für notwendig gehalten. Ja, sogar gezweifelt, ob
       die Straffung der Machtmechanismen für Russland die passende Therapie sei.
       
       Darauf folgte die „gelenkte Demokratie“. Alle Beteiligten wurden auf Linie
       gebracht: Angefangen von den Parteien, der Ministerialbürokratie, den
       Gouverneuren, Medien und der Justiz, selbst die Zivilgesellschaft.
       „Gelenkte Demokratie“ ist in Surkows Verständnis ein architektonisches
       Gesamtkunstwerk.
       
       Surkow begreift den Staat ausschließlich über dessen imperiale Funktion.
       Modernisierung von Staat und Gesellschaft war weder dem Kremlchef noch dem
       Demiurgen ein Anliegen. Der Entwurf der „souveränen Demokratie“ stammt von
       Carl Schmitt, Pate und Kronjurist des „Dritten Reiches“.
       
       Wie Russland erfindet sich auch Wladislaw Surkow immer wieder neu. Trotz
       seines Abgangs dürfte er hinter den Kulissen bald wieder auftauchen.
       
       19 Feb 2020
       
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