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       # taz.de -- Journalistin Julia Karnick über Kolumnen: „Männerdominiert“
       
       > Julia Karnick hat 252 Kolumnen geschrieben. Jetzt hat sie die
       > Kolumnen-Landschaft deutscher Print-Medien ausgewertet. Ergebnis:
       > Verdammt viele Männer.
       
   IMG Bild: Kein Mann weit und breit: Sieht so die Zukunft der Kolumne aus?
       
       taz: Frau Karnick, wer ist Ihr Lieblings-Kolumnist? 
       
       Julia Karnick: Ich lese kaum noch Kolumnen von Männern. Zumindest nicht
       regelmäßig. Ich lese auch nicht mehr so viel Print, lieber Online und da
       dann hauptsächlich Frauen.
       
       Und welche Kolumnistinnen lesen Sie? 
       
       Katharina Schmitz finde ich gut mit „Helikoptermutter“ im Freitag [1][oder
       Samira El Quassil] von Übermedien. Die Senioren-Kolumne von Dorothea Wagner
       und Mechthild Grossmann im SZ-Magazin Online fand ich auch ganz toll, aber
       die gibt’s ja leider nicht mehr.
       
       Sie haben in einem [2][Blogbeitrag] die Print-Kolumnen-Landschaft
       analysiert. Warum?
       
       Ich habe mich auf die größten, überregionalen Zeitungen konzentriert, die
       Titel mit großer Reichweite und großem Renommee. Gefühlt haben Kolumnen
       dort meistens Männer geschrieben. Also habe ich angefangen, genauer
       hinzuschauen und zu zählen.
       
       Was ist Ihr Fazit? 
       
       Vor allem die Königsdisziplin ist krass männerdominiert: Also die Kolumnen,
       die mindestens einmal in der Woche erscheinen und immer von derselben
       Person geschrieben werden. Meine Zählung kam auf 44 Kolumnen dieser Art,
       neun davon stammen von Frauen. Wenn man Cartoon- und Grafikformate
       ausklammert und nur reine Text-Kolumnen anschaut, sind es sogar nur sieben.
       
       Wieso schauen Sie eigentlich gerade auf Kolumnen? 
       
       Natürlich gibt es andere relevante Formate. Aber Kolumnen waren schon immer
       Aushängeschilder. Da steht jemand mit Gesicht, Namen, Stil und seiner
       Haltung für ein Medium. Ein Zeit-Magazin ohne Harald Martenstein oder das
       SZ-Magazin ohne Axel Hacke sind kaum vorstellbar. Da wird der Autor selbst
       zur Marke. Der Kolumnist wird von der Leserin oder dem Leser erkannt.
       Vielleicht wird er geschätzt, vielleicht regt man sich über ihn auf.
       
       Gibt es einen Unterschied hinsichtlich der Themenauswahl zwischen Frauen
       und Männern? 
       
       Tatsache ist, dass unter den neun Kolumnen von Frauen sich gerade mal zwei
       explizit mit gesellschaftspolitischen Themen befassen. Der Rest beschäftigt
       sich mehr oder minder mit Psychologie- und Lifestyle-Themen. Ich will nicht
       über besser oder schlechter urteilen. Ich selbst habe bei der Brigitte
       lange auch über Familie und Beziehung geschrieben. Das hat absolut seinen
       Stellenwert. Ich habe einfach nur gezählt, jeder kann sich da selber seine
       Schlüsse raus ziehen.
       
       Gleichzeitig gibt es immer mehr männliche Kolumnisten, die über
       vermeintlich „softe“ Themen schreiben, „Prüfers Töchter“ im Zeit-Magazin
       zum Beispiel. 
       
       Wenn Frauen über Familie schreiben, ist das eine Frauenzeitungs-Kolumne,
       wenn Männer das machen, kommt es ins Zeit-Magazin. Außerdem: Prüfers
       älteste Tochter ist ja bereits eine junge Frau. Eigentlich will ich lieber
       eine Kolumne von ihr lesen, anstatt von ihrem Vater. Ich finde es absolut
       begrüßenswert, wenn Männer über Familie schreiben. Aber wenn solche Themen
       als typisch weiblich gelten und deshalb alle auf einmal gerührt sind,
       sobald ein Mann über Gefühle, Kinder oder Liebe schreibt, dann ärgert mich
       das. Online sieht es anders aus. Da gibt es viele erfolgreiche Autorinnen,
       die über Gesellschaft und Politik schreiben, Margarete Stokowski beim
       Spiegel oder Teresa Bücker beim SZ-Magazin zum Beispiel. Also an Frauen,
       die sich mit vermeintlich „harten“ Themen auseinandersetzen, mangelt es
       nicht.
       
       Wieso gibt es diesen Unterschied zwischen Print und Online? 
       
       Online kann man unendlich viele Kolumnen ausprobieren. Bei Print ist das
       hingegen anders: Da ist der Platz eine begrenzte Ressource, mit der die
       Chefredaktion haushalten muss. Und wenn man die verteilen muss, dann
       schneiden die Männer offensichtlich besser ab. Print-Texte werden oft
       besser bezahlt als Online-Texte und besitzen immer noch ein großes
       Renommee.
       
       Was sagt dieser Umstand über Redaktionsstrukturen aus? 
       
       Es ist naheliegend, dass die fehlende Präsenz von Kolumnistinnen in den
       Print-Medien damit zu tun hat, dass dort immer noch vor allem [3][Männer
       das Sagen haben]. Bei Online-Medien sieht das besser aus, dort ist der
       Anteil der weiblichen Führungskräfte deutlich größer. Vermutlich hängt es
       auch damit zusammen, dass es dort mehr Kolumnen von Frauen gibt.
       
       20 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Medienkritikerin-Samira-El-Ouassil/!5621499
   DIR [2] https://julia-karnick.de/wer-schreibt-wo-print-kolumnen-teil-2-die-auswertung/
   DIR [3] /Studie-von-Pro-Quote-Medien/!5637250
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patrick Wagner
       
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