# taz.de -- Urteil im Goldmünzen-Prozess: Falscher Glamour
> Das Landgericht Berlin hat die Urteile im Goldmünzen-Prozess gesprochen.
> Drei Angeklagte müssen in Haft. Was bleibt: Eine Protzmünze weniger.
IMG Bild: Ein spektakulärer Prozess geht zu Ende: Einer der Angeklagten nach der Urteilsverkündung
Ja, Crime bleibt Crime und schönzureden ist das nicht: Man klaut nicht 100
Kilogramm Gold, macht man nicht. Dafür kommt man ins Gefängnis, und so ist
es drei Hotzenplotzen jetzt auch wieder ergangen: viereinhalb Jahre
Gefängnis für zwei von ihnen. Für den dritten im Bunde gab's drei Jahre und
vier Monate für Diebstahl in besonders schwerem Fall, so hat das Berliner
Landgericht am Donnerstag entschieden. Nicht nachmachen, liebe Kinder.
Aber mal ehrlich, das Ding hatte schon Glamour. Da steigen [1][in der Nacht
zum 27. März 2017] drei Männer durch ein defektes Fenster ins Bodemuseum
ein, marschieren ungestört zur großen Panzerglasvitrine, in der Ihre
Hässlichkeit schlummert, die kanadische Goldmünze namens „Big Maple Leaf“.
3,75 Millionen Euro wert, eine limitierte Auflage von fünf Stück gibt es
weltweit, geziert vom Konterfei Elisabeth II..
Die Räuber nahmen also die klassische Axt zu Hilfe, zerschlugen das
Panzerglas, nahmen sich die Goldmünze, wuchteten das „Dicke Ahornblatt“
durchs Fenster, und verschwanden über die Stadtbahntrasse samt Elisabeth
II. in der Nacht. Das Gold ist verschwunden, und wird es wohl auch bleiben.
Der Coup wird wahrscheinlich einmal verfilmt werden, vielleicht hat Steven
Soderbergh ja nochmal Bock auf einen „Ocean's“-Film. Oder, fünf Nummern
kleiner, jemand von den „Tatort“-SchreiberInnen guckt sich das Ganze mal
an. Das hätte den Vorteil (wie man's nimmt, wenn man den potenziellen
Unterhaltungswert betrachtet), dass das Ganze dann eher eine Art
Sozialdrama werden würde.
## Eine Münze für Familie R.
Verhandelt werden würde natürlich die Frage, ob die [2][organisierte
Kriminalität] Justitia jetzt eigentlich auf der Nase herumgetanzt ist oder
nicht. Die Richterin am Landgericht sagte, man „wisse, dass die Münze in
den Bereich der Familie R. gelangt ist.“ Die Familie R. wiederum haben die
Ermittlungsbehörden seit langem auf dem Schirm, Mitglieder der Familie
werden offenbar immer mal wieder auffällig mit kruden Immobiliengeschäften,
Geldwäsche, Bankraub, Mord.
Eine erste Reaktion der Polizeigewerkschaft (will mehr Kohle für den „Kampf
gegen die organisierte Kriminalität“) kam prompt: „Die Haftstrafen sind das
Mindestmaß, durch das der Rechtsstaat den Gerichtssaal nicht als Verlierer
verlässt.“ Die Haftstrafen würden jetzt in der Familienhierarchie „Männer“
aus den jugendlichen Dieben machen.
Vielleicht stimmt das. Und fast vier Millionen Euro, die vermutlich in Leid
und Elend von Waffengeschäften oder Menschenhandel oder was auch immer
investiert worden sind, sind eine wahrhaft hässliche Sache.
Das Gute an der Sache ist eine rein ästhetische: Eine fette Protzmünze
weniger auf der Welt.
20 Feb 2020
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## AUTOREN
DIR Anna Klöpper
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