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       # taz.de -- Neuer Chef der „Berliner Zeitung“: Die innere Pressefreiheit
       
       > Matthias Thieme leitet neuerdings die „Berliner Zeitung“. Wichtiger noch:
       > Die Redaktion arbeitet an einem Statut, um die Friedrichs im Zaum zu
       > halten.
       
   IMG Bild: Die neuen Verleger, die Friedrichs, haben einigen vor mit ihren Titeln.
       
       Die Berliner Zeitung hat einen neuen Chefredakteur. Gut, Matthias Thieme
       entspricht auf den ersten Blick nicht ganz der Maxime [1][„Für Berliner,
       von Berlinern“], die die Internetadresse des Blattes bei jedem Aufruf
       ungefragt mit ausspuckt. Schließlich hat Thieme seine Karriere in Frankfurt
       am Main begonnen und war bis zum Ruf nach Berlin stellvertretender
       Chefredakteur der Frankfurter Neuen Presse, des lokalen Platzhirschen in
       der Bankenstadt.
       
       Doch irgendwie ist er natürlich längst Berliner, Medienberliner jedenfalls.
       Wir kennen uns noch von der taz, für die Frankfurter Rundschau und für die
       DuMont-Redaktionsgemeinschaft war er dann ebenfalls in der Hauptstadt
       unterwegs. Und jetzt übernimmt der Mensch, der vor gerade einmal zehn Tagen
       offiziell den Posten des Digitalchefs beim Berliner Verlag antrat, gleich
       den ganzen Laden. Also die Chefredaktion der Berliner Zeitung und von deren
       Boulevard-Schwester Berliner Kurier.
       
       Die bisherigen Chefs Jochen Arntz und Elmar Jehn gehen. Obwohl
       Berliner-Verlag-Eigentümer Holger Friedrich die beiden gegenüber der
       Süddeutschen neulich noch „coole Typen“ nannte, bei denen man „nicht gut
       beraten wäre“, sie infrage zu stellen.
       
       Das ist nun doch passiert. Mit knappem Dank („Engagement für die Titel“)
       und Lob für den „Beitrag in der Phase des Übergangs“ vom Voreigentümer
       DuMont zum „unabhängigen Berliner Medienhaus“. Man darf davon ausgehen,
       dass sie gehen, weil es die Eigentümer so wollen. Denn Silke und Holger
       Friedrich wollen bekanntlich ja eine ganze Menge.
       
       ## Die Redaktion erarbeitet ein Statut
       
       Zumindest in der englischen Version der Website steht ihr umstrittenes
       Editorial [2][„What we want“] auch noch recht prominent online auf der
       Startseite. Hierin finden sich neben respektablen Mission-Statements der
       beiden auch beliebig in den falschen Hals zu Kriegendes – wie ein Lob auf
       den letzten DDR-Chef Egon Krenz, weil dieser 1989 nicht die Panzer rollen
       ließ. Die Branche war entsetzt. Und dann kam auch noch heraus, [3][dass
       Holger Friedrich von der Stasi als IM geführt wurde].
       
       Intern ist zu hören, die Redaktion arbeite eigentlich an konkreten
       Maßnahmen, die den Friedrichs solche Auftritte im eigenen Blatt künftig
       schwerer machen sollen. Oder ihnen zumindest ein Redigat zwischenschalten.
       Ein Redaktionsstatut soll her. Redaktionsstatute, die die innere
       Pressefreiheit und die Rechte der Redaktion sichern, sind immer gut. Und es
       gibt viel zu wenige.
       
       Richtig ist aber auch, dass bei den Friedrichs noch längst nicht alles
       geklärt ist. Da muss von der Berliner Zeitung geliefert werden, sonst steht
       es wieder in der Welt am Sonntag. Aber entspannt euch bitte. Alle. Denn
       wenn die Journalistengewerkschaft DJV zum jüngsten Personalwechsel von der
       „einstmals renommierten Hauptstadtzeitung“ schwafelt, ist das genauso
       daneben.
       
       11 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Zukunft-der-Berliner-Zeitung/!5661634
   DIR [2] https://www.berliner-zeitung.de/en/english-what-we-want-li.842
   DIR [3] /Aufarbeitung-im-Berliner-Verlag/!5640909
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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       Kritischer ist, dass Holger Friedrich eine Kollegin denunziert haben soll.
       
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       Die Stasi-Akten des Eigentümers des Berliner Verlags wurden Expert*innen
       vorgelegt. Diese bewerten sie in einem Bericht mit großer Vorsicht.
       
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       Michael Maier ging einst hart gegen Stasi-Mitarbeiter in der „Berliner
       Zeitung“ vor. Wie sieht er die IM-Vergangenheit von Holger Friedrich?