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       # taz.de -- Turbulenzen bei Hertha BSC: Man schaut verzückt zu ihr auf
       
       > So hätte es doch sein sollen, wenn man ihn nur richtig gelassen hätte.
       > Meint Jürgen Klinsmann. Die Hertha idealerweise, ach, was für ein Traum.
       
   IMG Bild: Als er noch Trainer war bei Hertha, hatte Jürgen Klinsmann auch noch Zukunft
       
       Es gibt Menschen, die behaupten, [1][Hertha BSC sei ein Fußballverein] und
       spiele in der Bundesliga. Das ist falsch oder jedenfalls eine optische
       Täuschung.
       
       Denn Hertha BSC ist vor allem eine Idee. Die Idee von einem Verein, wie er
       idealerweise in der bundesdeutschen Hauptstadt zu sein hat. Dieser Verein
       ist groß und bedeutend. Er misst sich auf einem Niveau mit dem FC Bayern
       und Borussia Dortmund. Er spielt jedes Jahr in der Champions League und
       gewinnt Pokale; selbst der FC Barcelona hat Respekt vor der Schlagkraft der
       Charlottenburger. Die ideale Hertha kann sich aussuchen, wen sie als
       Investor aus der langen Schlange der Interessenten herauspickt. Ihr
       Stadion, ein futuristischer Neubau auf dem Maifeld, ist an jedem Spieltag
       ausverkauft, und es besteht eine Direktverbindung von der Tesla-Arena zum
       BER.
       
       Die Hertha spielt begeisternden Offensivfußball, was etliche Union-Fans zum
       Übertritt zu den Blau-Weißen verleitet hat, sie mischen sich unter die
       Hipster aus Neukölln, die Studenten aus Prenzlauer Berg und die Zugezogenen
       aus Schwaben. Sie alle haben ihre Liebe zur Hertha entdeckt. Ein Run auf
       die Tickets hat eingesetzt, Dauerkarten werden von einer Generation auf die
       nächste vererbt. Auf den Transparenten der Fans steht: „Im Herzen weht nur
       eins, unsere Fahne!“ Pep Guardiola hospitiert regelmäßig im Berliner
       Westen, angeblich überlegt er sogar, künftig den Posten des Cheftrainers
       von [2][Jürgen Klinsmann] zu übernehmen, der als Chef-Disruptor den Weg
       bereitet hat für den Magier unter den Coaches. Klinsmann hatte zum Glück
       schon vor langer Zeit verstanden, worauf es in Berlin ankommt: die
       richtigen Ideen zum richtigen Zeitpunkt.
       
       Nur so konnte aus der Hertha, die einst wie ein Untoter in Parvenüpolis
       umherwandelte, aus einer Hertha, die als Statist in einem dystopischen
       Fußballdrama verspottet wurde, ein dynamischer Big Player werden. Längst
       vergessen sind die überforderten Sachwalter des Elends wie Hertha-Manager
       Michael Preetz oder der Präsident Werner Gegenbauer, die schon zufrieden
       gewesen sein sollen, wenn diese angeblich real existierende Hertha mit 35
       Punkten die Saison beschloss und knapp dem Abstieg entronnen war. Das
       zugige Stadion, nicht mehr als ein offener Führerbunker, soll fast nie
       ausverkauft gewesen sein, die Stimmung unterirdisch, die Stadionwurst
       lappig und sündhaft teuer, erzählt man sich im Darknet des Fußballs. All
       das hat die ideale Hertha hinter sich gelassen. Sie steht als Aureole über
       der Stadt. Sie strahlt und glänzt. Man schaut verzückt zu ihr auf.
       
       Und dann in die Abgründe der Realität.
       
       29 Feb 2020
       
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