# taz.de -- Nach Attac-Urteil zu Gemeinnützigkeit: Politische Vereine erstmal sicher
> Einigung von Bund und Ländern: Bis Ende 2021 soll keinen weiteren
> Organisationen aufgrund des Attac-Urteils die Gemeinnützigkeit entzogen
> werden.
IMG Bild: Bis Ende 2021 soll keinem weiteren politischen Verein die Gemeinnützigkeit entzogen werden
Berlin taz | Gute Nachricht für politische Organisationen, die nach dem
sogenannten [1][Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs] ebenfalls um ihre
Gemeinnützigkeit fürchten mussten: Das von Olaf Scholz (SPD) geführte
Bundesfinanzministerium hat sich nach Informationen der taz mit den
Finanzministerien der Länder darauf geeinigt, dass bis zum Ende nächsten
Jahres keinen weiteren Vereinen auf der Grundlage dieses Urteils die
Gemeinnützigkeit entzogen werden soll. Bis dahin soll das
Gemeinnützigkeitsrecht überarbeitet werden.
Bis Ende 2021 sollten bei bereits gemeinnützigen Organisationen „aus
Vertrauensschutzgründen“ zunächst keine Konsequenzen mehr aus dem Urteil
ziehen, heißt es zur Begründung in einem Schreiben des Ministeriums, das
der taz vorliegt. Damit solle bis zu einer gesetzlichen Lösung die
„erhebliche Verunsicherung“ beseitigt werden, die das Urteil ausgelöst
habe. Im Dezember war dieser Vorschlag noch am Widerstand einzelner Länder
gescheitert. Bei einem Treffen auf Abteilungsleiterebene in Berlin trugen
ihn am Freitag dann aber alle mit, sagte ein Sprecher des
Finanzministeriums.
Der Bundesfinanzhof hatte vor einem Jahr entschieden, dass politische
Bildungsarbeit nicht als gemeinnützig gilt, wenn damit ein bestimmter
politischer Kurs vertreten wird. Zudem dürfe auch bei anderen
gemeinnützigen Zwecken wie dem Umweltschutz die politische Lobbyarbeit
nicht im Vordergrund stehen.
Das globalisierungskritiche Netzwerk Attac hatte deshalb die
Gemeinnützigkeit verloren. Dadurch sind Spenden für das Netzwerk nicht mehr
steuerlich absetzbar und Projekte können nicht mehr von gemeinnützigen
Stiftungen mitfinanziert werden.
Später war die Gemeinnützigkeit aufgrund dieser Entscheidung [2][auch der
Organisation Campact] entzogen worden. Viele weiteren Verbände fürchteten
bei der nächsten turnusmäßigen Verlängerung der Gemeinnützigkeit in diesem
Jahr die gleiche Konsequenz.
Die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, in der sich
zahlreiche Organisationen zusammengeschlossen haben, geht von hunderten
betroffenen Organisationen aus. Diese sind durch den aktuellen Beschluss
der Finanzministerien von Bund und Ländern nun geschützt.
Für Vereine wie Attac und Campact, bei denen eine Entscheidung bereits
getroffen wurde, sowie für neu gegründete Vereine gilt die Anordnung nicht.
Attac war erst vor einer Woche [3][mit einer Klage vor dem hessischen
Finanzgericht gescheitert].
Auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) profitiert
nicht von der Vereinbarung der Finanzminister. Ihr war Ende 2019 die
Gemeinnützigkeit entzogen worden, [4][weil sie im bayerischen
Verfassungsschutzbericht als linksextrem eingestuft worden war]. Nach
heftigem [5][gesellschaftlichen Protesten] hatte das zuständige Finanzamt
hier allerdings eine Steuernachforderung vorerst ausgesetzt.
## Bislang kein Gesetzentwurf
Finanzminister Scholz hatte als Konsequenz aus der breit kritisierten
Attac-Entscheidung angekündigt, das [6][Gemeinnützigkeitsrecht zu
reformieren] und weitere Förderzwecke aufzunehmen. Aus der Union gibt es
dagegen Forderungen, die Anforderungen weiter zu verschärfen. Ein
Gesetzentwurf liegt darum bislang nicht vor.
Für Stefan Diefenbach-Trommer von der Rechtssicherheits-Allianz ist das
Problem darum mit dem aktuellen Beschluss noch nicht gelöst. „Das
Moratorium gibt den Verbänden eine Atempause“, sagte er der taz. Nun müsse
aber die Gesetzesänderung folgen und deutlich gemacht werden, welches
Engagement gefördert werden soll. „Sonst beschädigt die Regierung das
Engagement derjenigen, die unsere Demokratie verteidigen, frei von eigenen
Interessen oder Machtansprüchen.“
28 Feb 2020
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## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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