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       # taz.de -- Aktivist*innen entfernen Grenzzaun: Dänemark wieder zugänglich
       
       > Zaun-Gegner*innen haben Teile des umstrittenen Grenzzauns zwischen
       > Deutschland und Dänemark ab- und an anderen Orten aufgebaut.
       
   IMG Bild: Protest gegen Abschottung: Der teilweise demontierten Wildschweinzaun in der Nähe von Ellhöft
       
       Neumünster taz | Mit einem Zaun will Dänemark seine Schweineindustrie vor
       Krankheiten schützen. Gegen diese Abschottung gab es bereits mehrere
       Proteste auf beiden Seiten der Grenze. Die neueste Aktion: Eine Gruppe
       unter dem Namen „Noborderfence“ hat ein Stück der Absperrung entfernt und
       in mehreren Orten in Schleswig-Holstein abgestellt. Die dänische Seite
       reagiert pikiert, die deutschen Städte nehmen die Aktion gelassen. „Ein
       Zaun auf dem Rathausplatz?“ Kiels Pressesprecherin Kerstin Graupner hatte
       vor der taz-Anfrage von der Aktion noch nichts bemerkt, bestätigt aber nach
       einem Blick aus dem Fenster: „Stimmt, da steht etwas.“
       
       Drei Elemente des Grenzzauns hatten über Nacht den Ort gewechselt. Auch in
       Flensburg und den Dörfern Ellhöft und Süderlügum waren am Mittwochmorgen
       Stücke aufgetaucht, daran befestigt Plakate über den Zaunbau und die
       Probleme der massenhaften Schweinehaltung.
       
       Die Aktivist*innen wollen nach eigener Darstellung beschreiben, „warum eine
       Welt ohne Grenzen eine bessere wäre“. Die Gruppe hatte in der Nacht zu
       Mittwoch 22 Meter des Zauns abgebaut und damit eine Lücke nahe des Ortes
       Ellhöft geschaffen. Dort und im nahen Naturschutzgebiet Schwansmoor seien
       häufig Rehe zu sehen und an dem Wasserlauf Süderau „zeugen Fußspuren davon,
       dass die Tiere hier queren und gewohnt waren, sich dabei nicht vom
       soziopolitischen Grenzverlauf stören zu lassen“, heißt es in einer
       Nachricht, die an Redaktionen geschickt wurde.
       
       Die Bedenken um die Tiere teilen auch Naturschutzverbände und die
       einheimische Jägerschaft. Nach den ersten Monaten lässt sich feststellen,
       dass die Angst berechtigt war: Rehe und Rotwild sind bereits mit den
       Hinterläufen am 1,50 Meter hohen Zaun hängengeblieben, einige Tiere
       [1][sind elend verendet]. Die dänische Seite hatte zugesagt, zu prüfen, ob
       zumindest an bekannten Wildwechselstellen Zaunelemente mit engeren Maschen
       möglich seien, in denen die Hufe nicht steckenbleiben, doch passiert ist
       noch nichts. Es sind auch Schlupflöcher für Kleintiere vorgesehen – doch
       davon sei an der konkreten Stelle nichts zu sehen, so die Aktivist*Innen.
       
       Aus dänischer Sicht ist der Zaun [2][notwendig], um das Vorrücken der
       Afrikanischen Schweinepest aufzuhalten. Sie breitet sich von Osten nach
       Westen seit Jahren in Europa aus. In Deutschland gab es bisher keine Fälle,
       aber Mecklenburg-Vorpommern bereitet sich auf einen Ausbruch vor, nachdem
       es im benachbarten Polen Fälle der Tierseuche gab. Erwogen wird auch dort
       ein Schutzzaun oder ein umzäunter Korridor – allerdings mit mobilen
       Elektrozäunen, die kurzfristig betroffene Gebiete absperren sollen.
       
       Die Afrikanische Schweinepest ist für Menschen ungefährlich, kann aber von
       Wild- auf Hausschweine wechseln. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Keime
       über Lastwagenreifen, Lebensmittel oder Stiefel übertragen werden. Der Zaun
       bringt für die Sicherheit der dänischen Ställe daher wenig, vor allem weil
       in den dünn bewaldeten Gegenden an der Grenze die Zahl der Wildschweine
       gegen null geht.
       
       Dänemark, in dessen Wirtschaft die Fleischproduktion eine beträchtliche
       Rolle spielt, will mit dem Zaun aber ein Zeichen setzen und vor allem
       Käufer*innen in Asien zeigen, dass alles Menschenmögliche gegen die Seuche
       getan werde.So bewertet ein Mitarbeiter der für den Zaun zuständigen
       dänischen Behörde die nächtliche Aktion als „Vandalismus“ und kündigt an:
       „Das werden wir bei der Polizei anzeigen.“ Vor dem Anruf der taz hatte
       allerdings auch die Behörde noch gar nichts von der Lücke gehört, der
       Mitarbeiter konnte daher noch keine Auskunft geben, ob und wie schnell der
       umstrittene Grenzzaun wieder geschlossen wird.
       
       In Kiel und Flensburg war dagegen von Aufregung wenig zu spüren: „Wir haben
       ja mehrfach deutlich gemacht, dass wir den Zaun skeptisch sehen“, sagt
       Flensburgs Sprecher Clemens Teschendorf. Die Stadt hatte sogar gegen ein
       Teilstück geklagt. Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) nahm vor Kurzem
       auch an einer Demo gegen den Zaun teil. Zahlreiche Lokal- und
       Landespolitiker*innen in Schleswig-Holstein bedauern den Bau als Zeichen
       einer schärferen Abschottung des nördlichen Nachbarlandes.
       
       Im Umgang mit den abgestellten Metallelementen herrschte in
       Schleswig-Holstein Gelassenheit. Den Kieler Rathausplatz schnell zu räumen,
       sei nicht nötig, so Pressesprecherin Kerstin Graupner: „Es geht um eine
       Meinungsäußerung, und es ist egal, ob da Menschen oder Zäune mit Plakaten
       stehen.“ Zwar sei diese Demonstration nicht angemeldet gewesen, aber:
       „Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut, und die
       Zäune stören nicht.“
       
       Die Bundespolizei sah das allerdings anders: Sie sammelte die Zaunteile
       schon gegen Mittag wieder ein.
       
       27 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
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