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       # taz.de -- heute in hamburg: „Rechte Frauen nicht sexistisch verniedlichen“
       
       Interview Thilo Adam
       
       taz: Frau Lang, die rechtsextreme Ideologie sah für Frauen lange nur die
       Mutterrolle vor. Heute sind Frauen bedeutende Akteurinnen der Rechten. Was
       hat sich geändert? 
       
       Juliane Lang: Das geht de facto auf feministische Kämpfe zurück. Die
       AfD-Politikerin Nicole Höchst bedankte sich ausdrücklich bei der ersten
       Frauenbewegung für das Wahlrecht. Alles, was im Feminismus danach kam,
       schmäht sie aber: Die Forderung nach echter Gleichheit, die Infragestellung
       klassischer Geschlechterrollen.
       
       Was macht das traditionell-rechte Familienbild für Frauen noch attraktiv? 
       
       Die Gesellschaft stellt so vielfältige Anforderungen an Frauen: Karriere
       machen, Mutterschaft, politisch aktiv sein – manche sehnen sich nach
       Vereinfachung. Und die bietet die rechte Szene. Wer einfach nur Mutter sein
       will, erfährt dort Anerkennung.
       
       Wie kann die Gesellschaft reagieren? 
       
       Rechte Frauen nicht sexistisch verniedlichen. Es gibt eine doppelte
       Unsichtbarkeit: Erstens wird Mädchen keine eigene politische Meinung
       zugetraut und zweitens erst recht keine so radikale, mit Gewalt assoziierte
       wie die rechte. Als Beate Zschäpe das Gesicht des deutschen
       Rechtsterrorismus wurde, hat sich das Bewusstsein zwischenzeitlich etwas
       geändert.
       
       Gibt es rechtsextreme Feministinnen? 
       
       Insgesamt ist der Begriff Feminismus noch zu sehr als Feindbild markiert,
       als dass sich rechte Frauen leichtfertig darauf beziehen würden. Es gibt
       aber junge Frauen aus dem Umfeld der Identitären Bewegung, die versuchen
       den Begriff zu besetzen. Sie fokussieren sich auf Gewalt gegen Frauen im
       öffentlichen Raum, auf Täter fremder Herkunft und grenzen sich gleichzeitig
       ab vom Feminismus.
       
       Verfängt das? 
       
       Auch heute noch findet sich in fast jeder weiblichen Sozialisation die
       Erzählung vom gefährlichen fremden Mann. Zieh dir keinen kurzen Rock an!
       Geh nicht nachts in den Park! Da versuchen die Rechten anzusetzen: Sie
       begegnen der diffusen Angst, indem sie eine vermeintlich konkrete Bedrohung
       benennen. Vermeintliche, denn der gefährlichste Ort für eine Frau ist immer
       noch das eigene Schlafzimmer.
       
       Was kann linker Feminismus entgegensetzen? 
       
       Wir brauchen ein differenziertes Reden über sexualisierte Gewalt. Wir
       müssen die Betroffenen ernst nehmen und dürfen das Thema nicht tabuisieren.
       Wenn wir Leerstellen schließen, haben es die Rechten schwerer, mit
       vermeintlich einfachen Antworten zu punkten.
       
       27 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thilo Adam
       
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