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       # taz.de -- Elitetreffen der Bahnradsportler: Der kleine Höhepunkt
       
       > Die Bahnrad-WM ist die letzte Möglichkeit, sich für Olympia zu
       > qualifizieren. Franziska Brauße möchte sie nutzen. Nur mitbekommen werden
       > das wenige.
       
   IMG Bild: Unterwegs nach Tokio: Franziska Brauße mit ihrer Madison-Partnerin Lisa Küllner
       
       Die neuen Räder sind verteilt. Franziska Brauße hat schon ein paar Runden
       gedreht auf der neuen Maschine, die das Institut für [1][Forschung und
       Entwicklung von Sportgeräten (FES)] gebaut hat. Seit Anfang der 80er Jahre
       stattet die Einrichtung deutsche Radsportler mit Hightech-Maschinen aus.
       Die neuestes Charge ist gerade geliefert worden. Am Samstag erst wurden die
       Räder auf die Sportlerinnen abgestimmt. Am Mittwoch werden sie im Rennen
       zum Einsatz kommen. Da beginnen im Berliner Velodrom die
       Weltmeisterschaften im Bahnradsport. Franziska Brauße muss dann gleich die
       Qualifikation in der Mannschaftsverfolgung auf dem 250-Meter-Oval
       bestreiten.
       
       Es scheint alles ein bisschen auf Kante genäht im deutschen Team vor diesem
       wichtigen Event. Saisonhöhepunkt für die Bahnradsportler ist – klar – erst
       Ende Juli, wenn es in Tokio um olympische Medaillen geht. Die WM ist die
       letzte Möglichkeit, sich für die Spiele zu qualifizieren. Die
       Regenbogentrikots, die man in Berlin gewinnen kann, werden da beinahe schon
       zur Nebensache.
       
       Franziska Brauße jedenfalls will unbedingt nach Tokio. Die 21-Jährige war
       noch nicht bei Olympia. Sie habe demnach auch noch keine Erfahrung damit,
       wie es ist, sich in einem Jahr auf zwei Höhepunkte vorzubereiten. Die
       Vorbereitung auf die Titelkämpfe von Berlin sei jedenfalls planmäßig
       verlaufen. Zwei Trainingslager auf Mallorca gab es und einen Lehrgang in
       Frankfurt an der Oder. Das Übliche. An der Olympiaqualifikation in der
       Mannschaftsverfolgung gibt es eh keine Zweifel. Neben Brauße, die
       Europameisterin in der Einerverfolgung ist, fahren mit Lisa Brennauer und
       Lisa Klein die Zweite und die Dritte der WM 2019.
       
       Eine Medaille wäre ganz schön, meint Brauße und sagt, dass sie und ihre
       Kolleginnen dafür schon an die Zeit des deutschen Rekords über die 4.000
       Meter heranfahren müssten. Den haben die drei zusammen mit Gudrun Stock im
       November in Glasgow auf 4:14,522 Min. geschraubt. Im Schnitt ist so ein
       Vierer mit über 56 km/h auf der Bahn unterwegs. Die Kette an den neuen
       Rädern läuft dabei an der Kurbel über 60 Zähne, am Ritzel hinten über 15.
       Wer wissen möchte, was das bedeutet, kann sich ja mal die Übersetzung
       ansehen, mit dem ein sportlicher Fahrer in der Stadt unterwegs ist. Ein
       großes Kettenblatt mit mehr als 48 Zähnen wird da wohl nicht verbaut sein.
       
       ## Kein gutes Geschäft
       
       Das alltägliche Radfahren entfernt sich mit jeder Leistungssteigerung der
       Athleten, mit jeder technischen Neuerung an den Rennmaschinen der
       Sportlerinnen vom Wettkampfsport auf der Bahn. Brauße, die als
       Sportsoldatin dem Leistungssport voll und ganz dient, kann sich dennoch
       vorstellen, dass der Wettkampfsport vom politisch gewollten Fahrradboom
       profitieren kann. Auch ihr sportlicher Ehrgeiz ist als Alltagsradlerin
       geweckt worden, als sie als Schülerin in Reutlingen den Mitschülern auf der
       Straße davonradeln wollte.
       
       Sie wird dennoch wissen, dass die Berliner Alltagsradler die WM in den
       kommenden Tagen nicht unbedingt stürmen werden. Mit 4.000 Zuschauern
       rechnet Burckhard Bremer, der Chef des Organisationskomitees, an den
       Hauptwettkampftagen am Wochenende. Viel mehr Plätze gibt es gar nicht. Über
       eine Kurve wurde eine Großleinwand gespannt. Ein gutes Geschäft ist eine
       solche WM nicht. Der Berliner Senat fördert das Event mit zwei Millionen
       Euro.
       
       Ob das im Sinne des Stadtmarketings ein gutes Geschäft ist, wird
       bezweifeln, wer sich die TV-Präsenz der WM in Deutschland vergegenwärtigt.
       Eurosport2 überträgt ab Mittwoch, am Wochenende gibt es eine
       Zusammenfassung auf Eurosport1, am Sonntagnachmittag gibt es auf zdf.de
       einen Livestream. Ein paar aufgezeichnete Bewegtbilder werden im Zweiten
       noch gezeigt und vielleicht der ein oder andere Bericht in einem dritten
       Programm. „Etwas bedauerlich“ findet das Bremer, weil man ihm nach den
       deutschen Meisterschaften im vergangenen Jahr etwas anderes versprochen
       habe. Die hatten als Teil der [2][„Finals – Berlin 2019“] eine bessere
       TV-Präsenz als nun die Weltmeisterschaften.
       
       26 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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