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       # taz.de -- Geplante Angriffe auf Moscheen: „Worauf warten die Behörden?“
       
       > Nach der Festnahme einer mutmaßlich rechten Terrorzelle fordern Muslime
       > mehr Schutz. Bei einigen Beschuldigten soll es Bezüge zur AfD geben.
       
   IMG Bild: Karlsruhe am 15. Februar: Festgenommene werden den Haftrichtern des BGH vorgestellt
       
       Berlin taz | Nachdem bekannt wurde, dass eine mutmaßlich
       rechtsterroristische Gruppe vorhatte, mehrere Moscheen in Deutschland
       anzugreifen, fordern islamische Verbände mehr Schutz. Die Terrorpläne seien
       „sehr erschreckend“, sagte der Vorsitzender des Zentralrats der Muslime,
       Aiman Mazyek, gegenüber der taz. „Ohne staatlichen Schutz wird die
       Situation immer gefährlicher. Worauf warten die Sicherheitsbehörden?“
       
       Auch Mohammad Dawood Majoka, Sprecher der Ahmadiyya-Gemeinden, forderte
       eine „erhöhte Wachsamkeit der Polizei“. Die Gefahr von Angriffen auf
       Muslime werde immer noch unterschätzt.
       
       Die Bundesanwaltschaft hatte am Freitag [1][zwölf Rechtsextremisten]
       festnehmen lassen, denen sie vorwirft, eine terroristische Gruppe gebildet
       zu haben. In einer Chatgruppe firmierten die Männer als „Der harte Kern“,
       Ermittler sprechen von der „Gruppe S.“, benannt nach dem Anführer Werner S.
       
       Geplant gewesen seien Angriffe auf Politiker, Geflüchtete und Muslime. Der
       Spiegel berichtet von einem Vorhaben, in „Kommandos“ in zehn Bundesländern
       gleichzeitig Moscheen anzugreifen – mit dem Ziel eines Massakers wie 2019
       im neuseeländischen Christchurch. Damit hätten die Neonazis Gegenangriffe
       provoziert wollen, die eine Art Bürgerkrieg auslösen sollten.
       
       ## Ditib: Bereits zehn Angriffe seit Jahresbeginn
       
       Bei ihren Razzien fanden die Ermittler tatsächlich mehrere Waffen, darunter
       eine scharfe Pistole und ein selbstgebautes Gewehr. Auch
       Sprengstoffexperten wurden für die Durchsuchungen dazugerufen. Laut
       Bundesanwaltschaft waren die Anschlagspläne aber „noch nicht näher
       konkretisiert“. Die Behörden hatten die Gruppe seit Monaten im Blick.
       
       Ahmadiyya-Sprecher Majoka zeigte sich sehr besorgt. „Eine solch
       großangelegte Aktion hätte in einer Katastrophe enden können.“ Der Vorgang
       zeige einmal mehr, dass [2][die Gefahr von rechts] immer stärker werde.
       „Die Sicherheitsbehörden müssen deshalb sehr wachsam bleiben und all ihre
       präventiven und repressiven Mittel ausschöpfen“, so Majoka zur taz.
       
       Zekeriya Altug, Sprecher von Ditib, lobte die Sicherheitsbehörden für das
       Aufdecken der Terrorgruppe. Aber auch für ihn zeigt der Vorfall „den Ernst
       der Lage“. „Der Point of no return rückt immer näher.“ Allein in den ersten
       zehn Wochen dieses Jahres habe es zehn Angriffe auf Ditib-Moscheen gegeben.
       „Muslime fühlen sich nicht mehr sicher. Die Gefahr ist real.“ Es fehle aber
       bis heute ein gesellschaftlicher Aufschrei, so Altug.
       
       Auch Zentralratschef Mazyek forderte, „die Gefahr von antimuslimischen
       Rassismus in diesem Land nicht mehr kleinzureden“.
       
       ## Innenministerium: „abstrakte“ Gefährdung
       
       Ähnlich äußerte sich die SPD-Politikerin Sawsan Chebli. „Unsere
       Sicherheitsbehörden müssen sich noch viel stärker mit antimuslimischen
       Rassismus auseinandersetzen, mit einem wachsenden Rechtsterrorismus, der
       sich ganz gezielt gegen Muslime richtet.“
       
       Es dürfe nicht sein, dass bei Angriffen auf Muslimen noch immer von
       Fremdenfeindlichkeit gesprochen werde, dass solche Taten medial unter dem
       Radar liefen „als seien sie das Normalste der Welt“. Gesellschaftlich dürfe
       dazu nicht geschwiegen werde, so Chebli zur taz. „All das trägt dazu bei,
       dass antimuslimischer Rassismus weiter in unserem Land um sich greift.“
       
       Laut jüngsten Zahlen der Bundesregierung gab es im vergangenen Jahr [3][184
       Angriffe auf muslimische Einrichtungen und Repräsentanten]. Erst vor
       wenigen Tagen hatte es Bombendrohungen gegen vier Moscheen in NRW gegeben.
       Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sprach von einer derzeit
       „abstrakten“ Gefährdungslage für muslimische Einrichtungen. Für konkrete
       Sicherheitsmaßnahmen seien die Länder zuständig.
       
       Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Wer hier in Deutschland seine
       Religion praktizieren will und das im Rahmen unser Rechtsordnung tut, der
       soll das ohne Gefährdung, ohne Bedrohung tun können.“
       
       ## Verbindungen zur AfD
       
       Für Rechtsextremisten sind Muslime inzwischen ein erklärtes Feindbild, da
       diese angeblich einen „Bevölkerungsaustausch“ anstreben würden. Der
       Halle-Attentäter suchte nach seinem gescheiterten Angriff auf die Synagoge
       gezielt [4][einen Döner-Imbiss] auf, um nach migrantischen oder
       muslimischen Opfern zu suchen, einen Mann erschoss er dort.
       
       Auch die 2017 wegen Rechtsterrorplänen verurteilte „Oldschool Society“
       hatte bereits Anschläge auf muslimische Einrichtungen diskutiert. Ihr
       Anführer bekundete damals: „Waffen besorgen, Moschee reinrennen, bambam,
       fertig.“
       
       Bei der nun festgesetzten „Gruppe S.“ werden derweil auch Bezüge zur AfD
       bekannt. Die Partei bestätigte der taz, dass ihr mutmaßlicher Anführer
       Werner S. „kurzfristig auf einer unserer E-Mail-Adressen-Listen
       auftauchte“. Die Antifa Freiburg hatte zuerst darauf hingewiesen. Offenbar
       habe S. seine Mail-Adresse auf einer der Internetseiten der AfD
       eingetragen, so ein Sprecher. Er betonte aber: „Der Bundesverband der
       Alternative für Deutschland stand zu keinem Zeitpunkt und steht in
       keinerlei Verbindung mit Herrn S.“ Aussagen zu lokalen Verbindungen machte
       der Sprecher nicht.
       
       Werner S. war auf seinem Facebook-Profil auch mit einem AfD-Funktionär aus
       Sachsen-Anhalt befreundet. Mehrere der anderen Beschuldigten teilten in
       sozialen Medien auch AfD-Bildbotschaften. Die Männer bewegten sich vor
       ihren Festnahmen in Kreisen rechtsextremer Bürgerwehren und
       Kameradschaften.
       
       Ihr Anführer Werner S., ein 53-jähriger Bayer, wurde laut Medienberichten
       seit einigen Monaten als Gefährder geführt, dem schwerste Straftaten
       zuzutrauen sind. Inzwischen wurden gegen alle Männer Haftbefehle verhängt.
       
       17 Feb 2020
       
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   DIR Konrad Litschko
       
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