URI: 
       # taz.de -- Konflikt in Kamerun: Geleugnetes Massaker
       
       > Bei einer Armeeoperation in einem Dorf in Kamerun sterben zahlreiche
       > Menschen. Die Armee schweigt erst – und spricht dann von einem „Unfall“.
       
   IMG Bild: Missgeschick oder gezielte Tötung? Kameruns Militär bei einer Patroullie im Norden am 11. Februar
       
       BERLIN taz | Es gibt zwei Versionen für das, was in den frühen
       Morgenstunden des 14. Februar im kamerunischen Dorf Ngarbuh passiert ist.
       Glaubt man Kameruns Armee, spähten vier Soldaten und zwei Gendarmen nachts
       ein auffälliges Haus aus: „Eine wahre Logistikbasis für illegale Waren, zur
       Entgegennahme illegaler Waffen und Munition sämtlicher Kaliber und zur
       Lagerung und zum Verkauf von Betäubungsmitteln“, wie es in der
       Verlautbarung des Verteidigungsministeriums heißt.
       
       Die Spähmission sei beschossen worden. Im darauf folgenden Feuergefecht
       seien mehrere Benzinkanister explodiert, hätten Hütten in Brand gesetzt und
       eine Frau und vier Kinder seien gestorben. „Ein bedauerlicher Unfall“, so
       Armeesprecher Cyrille Atonfack Guemo.
       
       Mit dieser am Montag verbreiteten Version trat Kameruns Regierung den
       Berichten entgegen, die seit Samstag in kamerunischen Medien zirkulierten
       und bei [1][Kameruns Opposition] für Entsetzen sorgen.
       
       Demnach rückten gegen drei Uhr morgens Bewaffnete in Armeeuniformen in
       Ngarbuh ein und legten Feuer an Häusern von Familien, die Angehörige in der
       separatistischen Rebellion im Westen Kameruns haben. 13 Häuser seien in
       Flammen aufgegangen, zwanzig Menschen seien getötet worden, viele davon
       lebendig verbrannt, gibt die unabhängige Zeitung Mutations Berichte von
       Augenzeugen wieder und veröffentlicht entsprechende Fotos.
       
       ## Massaker vertieft Gräben
       
       James Nunan, Leiter des humanitären UN-Koordinierungsbüros in Kameruns
       Nordwestprovinz, bestätigte gegenüber AFP „mindestens“ 22 getötete
       Zivilisten, davon 14 Kinder. „Die Leute riefen uns an, um zu sagen, dass
       die Militärs gekommen sind. Sie brechen die Türen auf, schießen auf
       diejenigen, die da sind, und zünden die Häuser an“, wird ein Bewohner der
       Gemeinde Ntumbo zitiert, zu der Ngarbuh gehört. Der Menschenrechtsanwalt
       Agbor Felix Nkongho spricht von 32 Toten.
       
       Der Konflikt im [2][anglophonen Westen Kameruns], wo [3][Separatisten eine
       eigene „Republik Ambazonien“] erkämpfen wollen, hat seit 2016 über 3.000
       Tote und 700.000 Vertriebene gefordert. Die jüngste Kraftprobe stellte die
       Parlamentswahl vom 9. Februar dar: Die Rebellen versuchten, sie in den
       beiden anglophonen Provinzen zu verhindern, zahlreiche Wahllokale blieben
       geschlossen.
       
       Ein Wahlergebnis liegt noch nicht vor. Wohl aber ein neues Massaker, das
       die Gräben in Kamerun weiter vertieft.
       
       18 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Entspannung-in-Kamerun/!5631380
   DIR [2] /Flucht-aus-Kamerun-nach-Nigeria/!5607778
   DIR [3] /Justiz-in-Kamerun/!5619909
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Kamerun
   DIR Separatisten
   DIR Afrobeat
   DIR Nigeria
   DIR Kamerun
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gesundheitssystem in Kamerun: Ein Fanal namens Monique
       
       Vor vier Jahren stirbt in Kamerun eine Hochschwangere. Ihr skandalöser Tod
       hat die Debatte über eine gerechtere Gesundheitspolitik in Afrika befeuert.
       
   DIR Explosion an Grenze Nigeria-Kamerun: Tod auf der Brücke
       
       Zahlreiche Menschen sterben bei einem mutmaßlichem Anschlag auf eine Brücke
       zwischen Nigeria und Kamerun. In der Region ist Boko Haram aktiv.
       
   DIR Justiz in Kamerun: Lebenslänglich für Separatisten
       
       Zehn Vertreter der anglophonen Minderheit in Kamerun werden wegen
       Anzettelung einer Rebellion und Terrorismus schuldig gesprochen.
       
   DIR Flucht aus Kamerun nach Nigeria: Ngoe hat noch was zu erledigen
       
       Der Konflikt in Kamerun hat die am wenigsten beachtete Flüchtlingskrise der
       Welt herbeigeführt. Thomas Ngoe ist selbst nach Nigeria geflohen.