URI: 
       # taz.de -- Mietenwahnsinn in Berlin: Gegen Gentrifizierungsmüll
       
       > In Berlin beginnen die Housing Action Days mit einem Happening auf dem
       > Ku’damm. Aktivist:innen wollen Unrat bei den Verursachern entsorgen.
       
   IMG Bild: Zu den Großdemos der Mietenbewegung kommen regelmäßig tausende Teilnehmer:innen
       
       Berlin taz | Der Frühjahrsputz bei Mietaktivist:innen steht an. Und in
       diesem Jahr wird vor allem ausgemistet. Unter dem Motto „Return to Sender:
       Wir haben euch was mitgebracht … Geschenke, die niemand will …“ will das
       Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinnin am Dienstag, den 10
       März, in einem Happening jede Menge Gentrifizierungmüll vor
       Immobilienfirmen am Kurfürstendamm abladen. Nach einer Kundgebung am
       George-Grosz-Platz um 16 Uhr soll der ganze Plunder in Umzugskartons in der
       „Immo-Schlucht aufm Kudamm“ an ihre Absender verteilt werden.
       
       Der Ort ist dabei nicht zufällig gewählt. So steht im Flyer: „Würde der
       Staat das Menschenrecht auf Wohnen schützen, müsste der Ku’damm zum
       Immobilien-Gefahren-Gebiet für Berliner Mieter*innen erklärt werden.“ Säßen
       dort doch neben Notar:innen und Lobbyist:innen noch die einschlägig
       bekannten „Immobilieros wie Padovicz, Pears, Engel und Völkers oder Mähren
       etc“.
       
       Was genau unter Gentrifizierungsmüll zu verstehen ist? Nun, die für
       Verdrängung verantwortlichen Profiteur:innen bekämen ihre materiellen
       Unannehmlichkeiten zurückgeschickt. Oder wie Kim Meyer (Name geändert) vom
       Mietenwahnsinn-Bündnis sagt: „Wir wollen alles, was sich im Laufe der
       letzten Jahre hier beim Mietenwahnsinn-Bündnis und bei Mieter:innen
       angesammelt hat, dort abladen: Mieterhöhungen,
       Modernisierungsankündigungen, Zwangsräumungsanordnungen, geräumtes
       Mobiliar, abgenudelte Demo-Transpis, vergilbte Plakate und abgelaufene
       Flyer.“
       
       Wo sie den ganzen Krempel dann abladen, sei allerdings noch unklar: In die
       Briefkästen der Firmen passt so ein Mobiliar bekanntlich nicht. Eine
       persönliche Zustellung, also das direkte Einwurf-Einschreiben, wäre aus
       Sicht von Meyer allerdings traumhaft, wie er leicht ironisch sagt: „Es wäre
       natürlich toll, wenn die uns empfangen und alles zurücknehmen würden:
       Mieterhöhungen, Kündigungen, Mietforderungen.“
       
       ## Vorglühen im mietenbewegten März
       
       Nun, die Chancen dafür dürften zwar überschaubar sein, dennoch wird die
       Aktion nur der Auftakt eines mietenbewegten Monats sein: So beginnt mit dem
       demonstrativen Einwurf-Einschreiben am Ku’damm eine europaweite
       Aktionswoche: die European Action Days. In Amsterdam sollen bei einem
       Kiezspaziergang Spekulant:innen besucht werden, und in Hamburg wollen
       Aktivist:innen ihre eigene Volksinitiative auf Enteignung von Vonovia und
       Deutsche Wohnen anstreben.
       
       Und natürlich ist auch das Datum, der 10. März, kein Zufall. Denn an diesem
       Tag beginnt in der Regel mit der Mipim die weltweit größte Immo-Messe in
       Cannes, Europas Epizentrum der Schönoperierten und Reichen, gelegen an
       Frankreichs Côte d’Azur, Yachthafen vorhanden. Dass die Messe zwar bereits
       wegen des Coronavirus abgesagt ist, mache den Protest nicht weniger
       drängend, wie Meyer findet.
       
       Ansonsten sei die Aktion ein Vorglühen für den 28. März, dem europaweiten
       Aktionstag gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn, wo es nicht nur in Berlin
       wieder eine Mieten-Großdemo geben soll: Allein in Deutschland wollen in
       rund 80 Städten Mieter:innen gegen den Mietenwahnsinn auf die Straße gehen
       und protestieren.
       
       In Berlin werden die Housing Action Days zudem von der allerdings
       kostenpflichtigen internationalen Konferenz „Evicted by Greed“ (Verdrängt
       von der Gier) flankiert. Dort sprechen Personen wie Leilani Farha,
       UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Wohnen, und Christoph
       Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit.
       
       Mietenbewegte können sich den Film „Push – Für das Grundrecht auf Wohnen“
       anschauen oder am Stadtrundgang „Visiting the Invisible. A Berlin City Tour
       to Anonymous and Aggressive Real Estate Investors“ (Besuch bei den
       Unsichtbaren, eine Berliner Stadttour zu anonymen und aggressiven
       Immobilien-Investoren) teilnehmen. Die Tour bietet dann mit Sicherheit eine
       weitere Gelegenheit, den Ku’damm zu besuchen.
       
       7 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
   DIR Mieten
   DIR Soziale Bewegungen
   DIR R2G Berlin
   DIR Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
   DIR Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Mietendeckel: die Praxis: Noch schöner wohnen
       
       Jetzt ist der Mietendeckel beschlossen. Er verbietet Mieten über
       festgelegten Höchstgrenzen. Was MieterInnen jetzt tun müssen, erklären wir
       hier.
       
   DIR Volksbegehren stellt Plan vor: Enteignen hält länger
       
       Das Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ stellt Konzepte für
       die Umsetzung vor. Das soll Auftakt sein für stadtweite Diskussionen.
       
   DIR Berliner Mietmarkt: Mieten macht mächtig
       
       In Berlin sollen große Immobilienfirmen enteignet werden, so wollen es
       MietaktivistInnen. Sie initiieren ein Volksbegehren. Haben sie eine Chance?