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       # taz.de -- Die Wahrheit: Motivierte Möbelgeraderücker
       
       > Endlich, endlich wird gegen sämtliche Rechten durchgegriffen. Protokoll
       > einer längst überfälligen Bundestagssitzung.
       
   IMG Bild: Kaum bekannt: Justizministerin Christine Lambrecht
       
       Eine „Blutspur des Rechtsterrorismus“ nennt Bundesinnenminister Horst
       Seehofer neuerdings das Problem – und sollte doch besser von einer
       „Bremsspur der Versäumnisse“ sprechen angesichts der dringend notwendigen
       Maßnahmen, die spätestens nach den rassistisch motivierten Morden von Mölln
       (1992) und Solingen (1993) hätten ergriffen werden müssen. Doch denkste.
       Aber endlich, endlich kann sich der Bundestag auf ein paar Sofortmaßnahmen
       gegen das terroristische Nazipack und seine Supporter einigen, wie das
       Sitzungsprotokoll vom Montag zeigt.
       
       „Als erstes werden mal die Schützenvereine platt gemacht“, erklärt da zum
       Beispiel die Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Rein prophylaktisch: Jeden Tag
       einer, bis dieser überflüssige Schießsportscheiß vollständig aus den
       Vereinsregistern getilgt ist“, heißt es in ihrer Regierungserklärung. Die
       „selbstverständlich“ auch die Entwaffnung „der latent unzurechnungsfähigen
       Schützenbrüder“ erwähnt, so dass „keiner dieser kruden Typen mehr in
       Shishabars marschieren und Leute abknallen kann“, wie Merkel im Bundestag
       verkündet.
       
       Der von der FDP vorgebrachte Einwand, dass dadurch die Brauchtums- und
       Traditionspflege der deutschen Schützenzünfte bedroht sei, wischt die
       Kanzlerin mit einem barschen „Sollen die ihre Zinnteller und Zapfenstreiche
       sonst wo pflegen“ beiseite – „von mir aus in ihren arschweißen
       Allerwertesten.“ Das Bundestagsprotokoll vermerkt an dieser Stelle
       „allseits Heiterkeit“.
       
       Auch die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die jüngst
       nach Israel geeilt war, um die Regierung Netanjahu um militärischen
       Beistand gegen den deutschen Rechtsterrorismus zu bitten, kann Vollzug
       melden. „Die Israelis schicken eine Elitetruppe ihrer Luftstreitkräfte –
       ich sag nur: Jechidat Schaldag, so lautet bekanntlich der Name dieser
       wunderbaren Antiterroreinheit, deren erster Auftrag lautet, die deutschen
       Sondereinsatzkommandos nach den Rechtsextremen zu durchkämmen, die ja dort
       für jeden erkennbar – außer natürlich, er arbeitet beim Verfassungsschutz –
       ihre Todeslisten pflegen.“
       
       ## Trinkhalme für Faschisten
       
       Schon nächste Woche ginge das los, verspricht AKK im Bundestag und fügt
       schmunzelnd hinzu: „Die Faschisten sollen sich schon mal ausreichend
       Trinkhalme besorgen, weil sie sich nach dem Einsatz unserer israelischen
       Freunde garantiert nur noch flüssig werden ernähren können.“
       
       Die Stenografen verzeichnen hier spitze Schreie bei der AfD,
       „Jetz-gehz-los“-Sprechchöre bei den Linken, einen Zwischenruf von Christian
       Lindner (FDP): „Immer feste druff“, und eine Wortmeldung von Robert Habeck
       (Grüne): „Ohne Gnade!“
       
       Unterdessen hat die Nato auf Bitten von Bundespräsident Frank-Walter
       Steinmeier ihre Internetstreitkräfte in Marsch gesetzt, um in den
       Kommentarspalten von Welt, NZZ, FAZ, Focus und so weiter die dort zahllos
       vor sich hin klickenden Zeitbomben zu identifizieren und ihnen rechtzeitig
       den Stecker zu ziehen, will sagen: bevor sie ihr nächstes Anschlagsziel
       googeln.
       
       ## Backpfeifen für Arschgesichter
       
       Außerdem wurden die zuständigen Stellen aufgefordert, die inländischen
       Clowns der Identitären Bewegung, von Kubitschecks Sezession, Tichys
       Eingriff, Höckes Flügel und Elsässers Compact derart aufzumischen, dass
       „die Arschgesichter“ (Zuruf von der SPD) am Ende freiwillig einfahren: Aus
       Schiss nämlich vor den brutalen Backpfeifen, die ihnen dabei, „aber bitte
       in möglichst kolibriflügelhafter Frequenz“ (Kipping, Linke) verpasst
       werden.
       
       Auch die deutsche Prepper- und Reichsbürgerszene könnte nach Auffassung der
       Bundesjustizministerin, deren Name einem immer nicht einfällt, ein paar
       demotivierende Besuche durch ein paar besonders motivierte
       Möbelgeraderücker gebrauchen. Ihr Ministerium habe deshalb ein
       entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht, so die Frau, die hofft, „dass
       spätestens dann alle wissen, wer Sabine Lambrecht ist … Pardon! Ich heiße
       ja Christine mit Vornamen, verdammt, ich kann mir das einfach nicht merken“
       (polterndes Gelächter).
       
       Ganz schnell verabschiedet wird dann noch das Gesetz zur korrekten
       Durchführung des Holocaust-Gedenktags, das dem Bundestag künftig
       vorschreibt, an jedem 27. Januar den ekligsten Geschichtsfälscher des
       Vorjahres zu benennen und nach Israel abzuschieben, wo ihm der Prozess
       gemacht wird.
       
       Da das Gesetz rückwirkend ab dem 1. Januar gilt, wird unmittelbar nach der
       Abstimmung Alexander Gauland festgenommen. Sein Gejammere von der
       Immunität, die ihm als Abgeordneten doch zustehe, wird von
       Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble mit den Worten „Deine Immunität
       kannst du dir in die Haare schmieren“ zurückgewiesen. Anschließend wird der
       AfD-Ehrenvorsitzende unter dem Gejohle der Abgeordneten von Saaldienern aus
       dem Bundestag gezerrt.
       
       3 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fritz Tietz
       
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