URI: 
       # taz.de -- Abschiedskonzert von Rapperin Sookee: Von Doris bis Klitoris
       
       > Sookee, queerfeministische Deutschrap-Pionierin, spielte im Berliner
       > „Astra“ am Sonntag ihr letztes Konzert. In Zukunft macht sie HipHop für
       > Kinder.
       
   IMG Bild: Sookee heißt in Zukunft Sukini und macht HipHop für die Shorties
       
       Berlin taz | Mit zwei Bier von der Bar in die Mitte eines ausverkauften
       Konzertraums vorzudringen, ist üblicherweise ein Ding der Unmöglichkeit.
       Die Hälfte verschüttet man zwischen Ellenbogenremplern und
       semiabsichtlichen Schubsern. Dabei wird man genervt angeschaut, so dass
       man, am Platz angekommen, zwei Songs braucht, um wieder in Stimmung zu
       kommen.
       
       Doch beim Sookee-Konzert am Samstag im Berliner Astra ist das anders.
       Menschen gehen aus dem Weg, schützen das Bier und mich, als ich mich durch
       die Menge schiebe, entschuldigen sich sogar, sollten sie mich doch leicht
       berühren. Ich komme mit zwei randvollen Bier zurück an meinen Platz in der
       Mitte der Halle, es ist das letzte Konzert der Pionierin des
       queerfeministischen [1][Deutsch-Rap].
       
       Seit sie 2006 ihr erstes Album „Kopf Herz Arsch“ veröffentlichte, steht
       Nora Hantzsch alias Sookee für Rücksicht und Respekt: mit ihrer Musik,
       ihren Konzerten, ihrem Aktivismus. Bis 2017 folgten fünf weitere Alben und
       zwei EPs. Und es folgten Auseinandersetzungen. Oft war Sookee das
       feministische Feigenblatt für männerdominierte Festivals, musste sich
       sexistische Kommentare anhören (Für eine Frau gar nicht so schlecht) und
       immer wieder dieselben Fragen beantworten (Wie ist das so als Frau im
       Rap?). Man kann es ihr nicht übelnehmen, wenn sie sich nach knapp 15 Jahren
       verabschiedet, um sich schöneren Dingen zu widmen.
       
       ## Solidarität großgeschrieben
       
       Eher ist man ihr dankbar. Dafür, dass sie so viele Kämpfe ausgefochten hat,
       dass sie ihre Frau gestanden und Raum geschaffen hat für viele andere
       Künstler*innen. Sookees Kunst war immer politisch, mehr als ein flapsiger
       pseudofeministischer T-Shirt-Spruch kombiniert mit hipsteresker
       Fuck-It-Attitüde. Ihr Queerfeminismus ist Solidarität mit anderen
       Künstler*innen und mit Menschen, die von Diskriminierung und
       Marginalisierung betroffen sind.
       
       Sookee teilt ihre Bühne auch am letzten Abend. Babsi Tollwut und Spezial K
       eröffnen den Abend, dann präsentieren drei Initiativen ihre Arbeit:
       Opferperspektive, ein Projekt für Betroffene rechter, rassistischer und
       antisemitischer Gewalt, Women in Exile und Pro Asyl. Das Publikum lässt
       sich darauf ein, dass auch am Samstagabend die Realität nicht ausgeblendet
       werden darf. Hanau, Halle.
       
       Als Sookee die Bühne betritt, zeigt sich, was Solidarität auch bedeutet:
       Mit der Trauer, der Wut und den Kämpfen nicht allein zu sein. Der ganze
       Saal skandiert „Alerta, Alerta, Antifascista“, singt Songs wie „Spuck auf
       rechts“ mit und dabei gibt es keine Moshpits, kein Gedränge, keine Gegröle.
       Für jede*n ist Platz, jede*r kann teilhaben und sich wohlfühlen.
       
       Eigentlich aber haben Sookees Songs absolutes Eskalationspotenzial. Ihre
       Texte sind voll (berechtigter) Wut und Aggression, Zeilen wie „Werfe einen
       Blick auf die Landtagswahlen und möchte direkt einen Panzer fahren“ möchte
       man rausbrüllen, und die Beats peitschen die politische Botschaft voran.
       Sookee selbst sprudelt vor Energie.
       
       ## Muttersein und Menstruation
       
       Zwischen den Songs quatscht sie aufgekratzt von ihren Erlebnissen in der
       HipHop-Szene, aber auch vom Muttersein und ihrer Menstruation. Dabei
       springt sie von Thema zu Thema, von Doris, der Klitoris (einer Skulptur an
       ihrem Mikrofonständer), über schwangere Seepferdchenmänner zur Gründung
       einer brandenburgischen Antifa. Die Anekdoten aus ihrem Alltag sind besser
       als das, was so mancher Comedian als Stand-up-Programm verkauft.
       
       Und dann ist da noch die Parade an Gästen. Für fast jeden Song holt Sookee
       eine*n Weggefährt*in, darunter Babsi Tollwut, Finna und Saskia Lavaux auf
       die Bühne und zeigt damit, dass sie Erfolg hatte: Ohne sie wäre Deutschrap
       weit weniger divers, als er es heute ist. Als sich am Ende alle noch mal
       auf der Bühne versammeln und gemeinsam „Du und ich wir wachsen zusammen“
       singen, hat man das Gefühl, dass mit dem Ende der Ära Sookee eine neue
       anbricht, die nicht unbedingt schlechter wird. Als Sukini macht auch Sookee
       selbst weiter Rap und packt das Problem Patriarchat an der Wurzel an: Sie
       macht Songs für Kinder, gegen Heteronormativität und Diskriminierung.
       
       9 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutsche-Rapperin-Fiva/!5036476
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Laura Sophia Jung
       
       ## TAGS
       
   DIR HipHop
   DIR Sookee
   DIR Abschied
   DIR Konzert
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Klitoris
   DIR HipHop
   DIR HipHop
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR HipHop in Berlin-Neukölln: So real wird es nie wieder
       
       Die drei Brüder der MIK-Family tanzen, modeln und schauspielern. Aber am
       liebsten sind sie dort, wo alles begann: im Jugendclub in Berlin-Neukölln.
       
   DIR Klitoris in Lehrbüchern: Größer, als du denkst
       
       Die anatomisch korrekte Abbildung der Klitoris schafft es nur in selten in
       Schulbücher. Eine feministische Initiative will das in Frankreich ändern.
       
   DIR Rapperin Sookee geht auf Abschiedstour: Feminismus wurde ein Business
       
       Die feministische Künstlerin Sookee mag keinen mehr Rap machen – sondern
       Musik für Kinder. Zum Abschied appelliert sie an „soziale Nachhaltigkeit“.
       
   DIR Sookee aka. Sukini rappt für Kinder: Liebevoll und glitzernd
       
       Florierendes Genre Kinder-HipHop: Rapperin Sookee nennt sich nun Sukini und
       veröffentlicht das Album „Schmetterlingskacke“.