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       # taz.de -- Maßnahmen gegen Epidemie: Dutzende Schulen geschlossen
       
       > Sollten Schulen deutschlandweit präventiv geschlossen werden?
       > Gesundheitsminister Spahn lehnt das bisher ab, ein Virologe kritisiert
       > ihn.
       
   IMG Bild: Ein leeres Klassenzimmer
       
       BERLIN taz | Wegen der Ausbreitung des Coronavirus bleiben [1][immer mehr
       Schulen in Deutschland] zeitweilig geschlossen. So auch die
       Emanuel-Lasker-Schule in Berlin-Friedrichshain: Die Integrierte
       Sekundarschule setzte ihren Unterricht vergangene Woche bis Mitte März aus,
       nachdem sich ein Lehrer bei einem Skiausflug der Schule in Südtirol mit dem
       Coronavirus angesteckt hatte.
       
       Die Berliner Schule ist kein Einzelfall: Der Deutsche Lehrerverband
       schätzt, dass derzeit etwa 150 Schulen in ganz Deutschland aufgrund des
       Coronavirus geschlossen sind, davon 86 Schulen im [2][Kreis Heinsberg in
       Nordrhein-Westfalen] und 13 Schulen in München.
       
       Andere Länder greifen zu drastischeren Maßnahmen: Per Dekret wurden in
       Italien vergangene Woche sämtliche Schulen, Kindergärten und Universitäten
       bis Mitte März geschlossen. Angesichts der rasant steigenden Anzahl an
       Coronainfizierten wird auch in Deutschland über die flächendeckende
       Schulschließung diskutiert. Bereits Anfang letzter Woche hatte der Virologe
       Alexander Kekulé 14-tägige „Coronaferien“ gefordert.
       
       Laut Gesundheitsminister Jens Spahn wird es in Deutschland jedoch [3][keine
       flächendeckende Schulschließung] geben. Der CDU-Politiker hält eine so
       weitreichende Maßnahme für „nicht angemessen“, da viele Eltern im Falle
       einer Schulschließung nicht zur Arbeit gehen könnten, da sie ihre Kinder
       betreuen müssten.
       
       ## Gefährdung von Kindern?
       
       Die Entscheidung des Gesundheitsministers sei „überhaupt nicht
       nachvollziehbar“, kritisierte Kekulé. Insbesondere zu Beginn der Epidemie
       hätten weitreichende Maßnahmen die exponentielle Verbreitung des Virus
       eindämmen können. Die Schulen zu schließen, sei zum jetzigen Zeitpunkt
       „immer noch sinnvoll, aber weniger effektiv“, erklärte Kekulé der taz.
       
       Auch das Argument der Kinderbetreuung teilt der Virologe nicht: Eltern ohne
       Betreuungsmöglichkeiten machten ohnehin nur eine kleine Gruppe der
       Beschäftigten aus. Problematisch wäre der Schulausfall laut Kekulé nur für
       Alleinerziehende ohne Verwandte, die noch dazu in sogenannten kritischen
       Infrastrukturen, beispielsweise Krankenhäusern, arbeiteten.
       
       Der Direktor am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität
       Halle erklärte, dass an seiner Einrichtung nur drei von sechzig
       Beschäftigten diese Kriterien erfüllten.
       
       Welche Rolle Kinder und Jugendliche bei der Übertragung von Sars-CoV-2
       spielen und ob sie generell weniger anfällig für das Coronavirus sind, ist
       mit den bisherigen Daten nicht zu bestimmen. Laut
       Weltgesundheitsorganisation WHO scheint die Erkrankung bei Kindern
       vergleichsweise selten aufzutreten und dann mild zu verlaufen.
       
       ## Keine Zwangsferien
       
       Wie handhaben die Schulen derzeit den Umgang mit dem Coronavirus? Laut der
       Präsidentin der Kultusministerkonferenz und rheinland-pfälzischen
       Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) werden auf der Ebene der
       Bundesländer in Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden Einzelmaßnahmen
       getroffen. Darunter fallen der Ausschluss einzelner Schüler*innen vom
       Unterricht, ein Beschäftigungsverbot – und die temporäre Schließung von
       Schulen.
       
       So hat beispielsweise das [4][Bayerische Gesundheitsministerium vergangene
       Woche eine Coronavirus-Allgemeinverfügung] erlassen. Diese sieht unter
       anderem vor, dass Schüler*innen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in
       einem Risikogebiet aufgehalten haben, für einen Zeitraum von 14 Tagen nach
       der Rückkehr keine Schule betreten dürfen. Die bundesweite Schließung der
       Schulen oder Zwangsferien stünden derzeit nicht zur Debatte, teilte
       KMK-Präsidentin Hubig der taz mit.
       
       Weitere Schulen reagieren präventiv mit der Absage von Veranstaltungen auf
       die Ausbreitung des Virus. Tage der offenen Tür, Abschlussbälle und
       Konzerte würden „massenweise abgesagt“, sagte der Präsident des Deutschen
       Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, der taz.
       
       Auch der Lehrerverband hält Coronaferien zum jetzigen Zeitpunkt für nicht
       erforderlich. Die Situation in Italien sei nicht mit der Deutschlands zu
       vergleichen, so Meidinger. Ob eine generelle Schulschließung in Zukunft
       nötig sein wird, darauf möchte Meidinger sich nicht festlegen. Für ihn
       steht fest: „Diese Karte kann man nicht beliebig oft ziehen.“
       
       10 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Erste-Schulen-schliessen-wegen-Virus/!5669350
   DIR [2] https://www.kreis-heinsberg.de/aktuelles/aktuelles/
   DIR [3] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-schulschliessungen-abitur-100.html
   DIR [4] https://www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2020/03/20200306_stmgp_allgemeinverfuegung_coronavirus.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Georg Sturm
   DIR Luisa Kuhn
       
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