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       # taz.de -- Afghanistans schwieriger Friedensprozess: Regierung will Taliban freilassen
       
       > Präsident Ashraf Ghani gibt den Widerstand gegen die von den USA
       > zugesagte Freilassung gefangener Taliban auf – und will sie schrittweise
       > entlassen.
       
   IMG Bild: Gefangene in Afghanistan
       
       BERLIN taz | Die afghanische Regierung will nun doch gefangene
       Taliban-Kämpfer freilassen, um den Weg zu Friedensgesprächen freizumachen.
       Präsident Aschraf Ghani erließ am Mittwochmorgen ein Dekret, dass die
       Freilassung als Zeichen des guten Willens versprach. Demnach sollen ab
       Samstag 1.500 Gefangene freigelassen werden – zunächst einhundert pro Tag.
       
       Kriterien für die Freilassung seien Alter, Gesundheit und Reststrafe. Zuvor
       müssten die Freizulassenden schriftlich versichern, „nicht mehr auf das
       Schlachtfeld zurückzukehren“. Auch würden ihre biometrischen Daten erfasst.
       Weitere 3.500 Gefangene – jeweils 500 alle zwei Wochen – würden
       schrittweise freigelassen, wenn es zu einer deutlichen Reduzierung der
       Gewalt gekommen ist.
       
       In einem am 29. Februar unterzeichneten [1][Abkommen] der US-Regierung mit
       den Taliban hatten sich beide Seiten auf die Freilassung von 5.000
       Taliban-Kämpfern und 1.000 Regierungskräften geeinigt. Doch machte
       Afghanistans Präsident Ghani danach klar, dass über die Freilassung von
       Taliban-Kämpfern allein seine Regierung entscheide.
       
       Diese war an dem Abkommen nicht beteiligt. Es sieht Friedensverhandlungen
       zwischen den Taliban und der Regierung vor, die eigentlich schon am
       vergangenem Dienstag in Oslo beginnen sollten.
       
       ## Forderung der Taliban
       
       Die Verzögerung hat mehrere Gründe. So erklärten die Taliban, dass die
       Freilassung der Gefangenen eine Vorbedingung für die Gespräche sei. Zudem
       waren am Montag mit [2][Ghani und dem bisherigen Regierungschef Abdullah
       Abdullah zwei rivalisierende Staatschefs] vereidigt worden.
       
       [3][Abdullah erkennt das offizielle Ergebnis der afghanischen
       Präsidentschaftswahl von Ende September nicht an]. Wegen des Streits hat
       die Regierung bisher keine Verhandlungsdelegation ernennen können.
       
       Nun lehnen die Taliban eine Freilassung in Schritten ab. Dies sei
       „unbefriedigend“, erklärte Taliban-Sprecher Suhail Shaheen laut New York
       Times. „Das ist im Abkommen nicht vorgesehen. Alle 5.000 sollten vor Beginn
       von Verhandlungen freigelassen werden.“
       
       Die Taliban hätten den USA bereits eine Liste mit 5.000 Namen vorgelegt.
       Die Afghanische Unabhängige Menschenrechtskommission (AIHRC) bemängelte,
       dass sie diese Liste nicht erhalten habe, und appellierte an die Regierung,
       nur jene Gefangenen freizulassen, die sich keiner Kriegsverbrechen und
       keiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hätten.
       
       ## Gerüchte um Deal Ghanis mit den USA
       
       In Kabul wird vermutet, dass Ghanis Nachgeben beim Thema Freilassung der
       Preis dafür war, dass die US-Regierung seine Präsidentschaft unterstützt
       und nicht die seines Rivalen Abdullah.
       
       Als sich beide am Montag in Kabul zeitgleich und in unmittelbarer Nähe
       vereidigen ließen, nahm US-Außenminister Mike Pompeo mit Vertretern anderer
       Staaten demonstrativ an Ghanis Amtseinführung teil und nicht an der
       Abdullahs.
       
       Die Vereinbarung mit den Taliban sieht vor, dass die USA innerhalb von 14
       Monaten ihre 13.000 Soldaten vollständig vom Hindukusch abziehen. Dafür
       versprechen die Taliban, internationalen Terroristen keinen Unterschlupf zu
       gewähren. Am Dienstag sprach sich der UN-Sicherheitsrat einstimmig für das
       Abkommen zwischen Regierung und Taliban ans.
       
       11 Mar 2020
       
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