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       # taz.de -- Machtwechsel in Uruguay: Konservativer Hardliner am Ruder
       
       > Nach 15 Jahren linker Regierung wird Luis Lacalle Pou neuer Präsident von
       > Uruguay. Konflikte sind schon jetzt absehbar.
       
   IMG Bild: Uruguays Wahlsieger Luis Lacalle Pou und seine Vizepräsidentin Beatriz Argimon
       
       Buenos Aires taz | Ausgerechnet [1][José Mujica] als ältester gewählter
       Senator muss Uruguays zukünftigen Präsidenten [2][Luis Lacalle Pou] den
       Amtseid abnehmen. „Die Verfassung bestimmt, ich muss es tun“, erklärte der
       84-jährige ehemalige Tupamaro-Guerillero, der sich während seiner
       Präsidentschaft (2010 – 15) weltweite Anerkennung und Sympathien erworben
       hatte.
       
       Emotional sei das für ihn kein Problem, „aber vielleicht für sie“,
       grummelte er. Mit „sie“ meinte Mujica die Konservativen, deren Kandidat
       Luis Lacalle Pou mit einem hauchdünnen Vorsprung von gerade mal 37.042
       Stimmen die [3][Stichwahl] im vergangenen November gegen den linken
       Kandidaten gewonnen hatte.
       
       So endet nach drei Regierungsperioden in Folge die Präsidentschaft des
       linken Bündnisses Frente Amplio. Und auch wenn die fünfzehn Jahre alles
       andere waren als ein sozialistischer Umbau, haben sie das Land doch
       nachhaltig verändert.
       
       Uruguay ist nicht nur das am wenigsten ungleiche Land in Südamerika, es ist
       gemessen am Pro-Kopf-Einkommen auch das wohlhabendste. Die Wirtschaft
       schneidet im Nachbarschaftsvergleich seit Jahren ebenfalls gut ab,
       Arbeitslosigkeit und Inflation halten sich in Grenzen. Fortschrittliche
       Gesetze bezüglich Abtreibung und dem Anbau und Konsum von [4][Cannabis]
       sind in Kraft getreten. Zum Erbe der drei linken Legislaturperioden gehören
       auch gut organisierte soziale Bewegungen und starke Gewerkschaften.
       
       ## Hardliner führt Innenministerium, Umweltressort ist neu
       
       Am Sonntag wird der 46-jährige Lacalle Pou als jüngster Präsident seit dem
       Ende der Diktatur 1985 den Amtseid ablegen. Öffentliche Sicherheit war
       eines der zentralen Themen mit dem Lacalle Pou auf Stimmenfang ging. Mit
       Jorge Larrañaga macht er einen Hardliner zum Innenminister.
       
       Larrañaga war der Motor des im vergangenen Jahr gescheiterten
       [5][Referendums] über den Aufbau einer Nationalgarde unter Einschluss der
       Streitkräfte. Die so gebildeten Einheiten hätten auch im Landesinneren
       eingesetzt werden können. Sollte die von Lacalle Pou angekündigte
       Haushaltssanierung als Kahlschlagpolitik zu sozialen Spannungen führen,
       könnte Larrañagas Ruf nach uniformierter Präsenz auf den Straßen vielleicht
       doch noch Zustimmung finden.
       
       Neu ist das Umweltministerium. Jahrelang hatte die Frente das Thema
       Umweltschutz vernachlässigt und die Basisbewegungen schlicht ignoriert. Mit
       dem Ministerium für Wohnungsbau, Landmanagement und Umwelt will Lacalle Pou
       dort punkten.
       
       Dabei wird Irene Moreira als Ministerin spätestens im Rampenlicht stehen,
       wenn die finnische Firma UPM in diesem Jahr ihre dritte Zellstofffabrik in
       Betrieb nimmt. Schon lange laufen die [6][Umweltorganisationen] gegen das
       Megaprojekt Sturm, das nicht nur große Wassermengen benötigt und
       verunreinigt, sondern auch die Ausdehnung der Eukalyptusplantagen
       vorantreibt.
       
       ## Offene Arme für...mal sehen
       
       Für Aufsehen sorgte der international noch wenig bekannte Lacalle Pou mit
       seinem Vorschlag, die stagnierende Zahl der rund dreieinhalb Millionen
       Einwohner*innen Uruguays durch die Aufnahme von Flüchtenden zu erhöhen.
       „Uruguay war schon immer ein Land mit offenen Armen für Länder, die ihre
       Leute vertreiben, Venezolaner, Kubaner und von anderen Orten“, sagte der
       zukünftige Präsident. Bis zu 100.000 könnten sich bis zum Ende seiner
       Amtszeit 2025 niederlassen.
       
       Dabei hatte er jedoch die vor der [7][Wiederkehr des Peronismus]
       flüchtenden Unternehmer*innen aus Argentinien im Blick. „Hier ist ein Ort
       für Menschen, denen es nicht schlecht geht, und denen man sagen kann:
       kommt! Hier werden eure Investitionen respektiert, hier besteht
       Rechtssicherheit und hier kann man gut mit der Familie leben“, so Lacalle
       Pou.
       
       José Mujicas Antwort sorgte für nicht weniger Aufsehen: „Anstatt 100.000
       argentinische Hosenscheißer zu holen, sollten wir dafür sorgen, dass unsere
       hier investieren.“ Schließlich seien 24 Milliarden US-Dollar aus Uruguay
       über die ganze Welt verstreut.
       
       27 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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