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       # taz.de -- Die Onlineangebote der Berliner Kultur: Staatsoper oder Berghain?
       
       > Berlin, das heißt Kultur. Nun sind Clubs, Kinos und Schauspielhäuser zu,
       > doch die Produktion geht online weiter. Eine Übersicht mit vielen Links.
       
   IMG Bild: John Heartfields „Burger Schippel“ (Ausschnitt) ist demnächst bei der AdK Berlin online zu sehen.
       
       Eine lokale Kulturszene gibt es in Zeiten von Corona eigentlich nicht mehr.
       Natürlich befindet sich die Staatsoper noch am Bebelplatz, das Konzerthaus
       auf dem Gendarmenmarkt und der Weststandort der Akademie der Künste am
       Rande des Tiergartens. Doch die Berliner Kulturinstitutionen definieren
       sich jetzt, gezwungenermaßen, nicht mehr über ihre realen Räumlichkeiten.
       Sie machen ihre Kunst, Musik und Schauspiel online – und damit weit mehr
       Menschen zugänglich, als nur dem Berliner Publikum.
       
       ## Berliner Philharmoniker
       
       Im Bereich der Musik gibt es täglich ein großes digitales Angebot. Die
       Berliner Philharmoniker [1][haben einen virtuellen Konzertsaal eröffnet].
       Die Digital Concert Hall ist mit über 600 aufgezeichneten Konzerten aus
       zehn Jahren gespeist. Die Philharmonie bleibt voraussichtlich mindestens
       bis zum 19. April geschlossen, der virtuelle Konzertsaal kann jederzeit
       kostenlos betreten werden.
       
       „Wir vermissen unser Publikum jetzt schon sehr und wünschen uns, dass wir
       einander auf diese Weise zumindest virtuell weiter begegnen können“,
       schreibt Olaf Maninger, Solocellist und Medienvorstand des Orchesters.
       Neben den Konzerten gibt es auch Dokumentationen über die Geschichte der
       Philharmonie zu sehen, sowie Porträts von Dirigenten und
       Orchestermitgliedern.
       
       ## Staatsoper Berlin
       
       Auch [2][die Staatsoper Berlin hat einen digitalen Spielplan], täglich
       wechselt das Programm. Die Opern sind dann jeweils für 24 Stunden kostenlos
       abrufbar. Am Samstag steht der Rosenkavalier von Richard Strauss auf dem
       Spielplan. Aber nicht nur die großen Häuser bieten weiterhin Musik online
       an.
       
       ## Hauskonzert bei Igor Levitt
       
       Der Pianist [3][Igor Levitt überträgt jeden Abend ab 19 Uhr] aus seiner
       Berliner Wohnung ein Hauskonzert auf Twitter und Instagram. Dann sitzt er,
       in normaler Kleidung und meistens ohne Schuhe, vor seinem Flügel, richtet
       einige Worte an das Publikum zu Hause und spielt, was er gerade fühlt.
       Meistens Beethoven. Zehntausende hören ihm dabei zu.
       
       ## Die Clubs
       
       Abseits der klassischen Musikwelt hat man ebenso schnell umgeschaltet.
       [4][Berliner Clubs streamen täglich ab 19 Uhr DJ-Sets aus ihren
       Räumlichkeiten.] #UnitedWeStream lautet das Motto. So kann man von zuhause
       in die dunklen Gemäuer von Tresor, Griessmühle und Sisyphos eintauchen.
       
       ## Pergamon Museum
       
       Bildende Kunst online zugänglich zu machen ist aufwendiger. Hier
       profitieren jetzt Häuser, die schon länger an der Aufgabe arbeiten, ihre
       Sammlungen zu digitalisieren und online zu visualisieren. Wie zum Beispiel
       das Pergamon Museum. Neben mehreren Videotouren ist dort auch [5][das
       antike Palmyra in 360-Grad-Ansicht zu bestaunen]. Die syrische Stadt wurde
       2015 von Kämpfern des IS nahezu vollständig zerstört und geplündert. Die
       virtuelle Ansicht ist in diesem Fall leider sogar die realste Ansicht.
       
       ## Akademie der Künste und Galerien
       
       Am 21. März hätte in der Akademie der Künste die Ausstellung „John
       Heartfield – Fotografie plus Dynamit“ eröffnen sollen. Zum Glück wurde
       gerade erst das dreijährige Projekt abgeschlossen, die 6.200 Objekte des
       Malers und Grafikers in der Sammlung der Akademie zu digitalisieren. Ab dem
       20. März wird [6][die digitale Ausstellung „Kosmos Heartfield“] online
       gehen. „Fotos, Dokumente und audio-visuelle Zeugnisse aus seinem Leben und
       Wirken“ werden zu sehen sein.
       
       Nicht nur Institutionen gehen den Weg der aufwendigen und zeitintensiven
       Digitalisierung von Kunst. [7][Die Galerie Tanja Wagner hat das Format
       „Vidéothèque“ entwickelt], in dem eine Woche lang drei Videoarbeiten
       gezeigt werden, die ein Künstler ausgewählt hat. Im Online Viewing Room der
       Berliner Galerie Esther Schipper ist dagegen gerade [8][die Ausstellung
       „Fog Dog“ von Daniel Steegmann Mangrané] zu sehen.
       
       Bereits seit der Auflösung der physischen Räumlichkeiten 2016 präsentiert
       [9][die Galerie Zweigstelle Berlin ihre Ausstellungen nur noch in
       3D-Räumen]. Andreas Stucken, Inhaber der Zweigstelle, hofft, dass die
       Pandemie ein Umdenken, auch im Kunstbetrieb, anstößt.
       
       ## Kino auf der Couch
       
       Plattformen wie Netflix oder Amazon Prime haben jetzt Hochzeit. Weil Kinos
       aber geschlossen bleiben müssen, hat sich als erster deutscher Verleiher
       Grandfilm dazu entschlossen, diese finanziell zu unterstützen. [10][Dazu
       werden auf Vimeo aktuelle Kinofilme angeboten, die man für den Preis einer
       normalen Kinokarte ausleiht.] Die Hälfte der Einnahmen wird dann mit vielen
       Indie-Kinos geteilt, darunter auch der Berliner Filmrauschpalast oder die
       Brotfabrik. „Für alle Menschen, die unter der Corona-Krise schon jetzt
       finanziell leiden, bietet Grandfilm außerdem jede Woche einen Film zum
       Sonderpreis von 0,99 Euro an“, kündigte der Verleiher an.
       
       ## Brecht-Haus und HAU
       
       Und wer sich nach Literaturveranstaltungen sehnt, kann diese unter anderem
       [11][im Format „Netzdialoge“ des Literaturforums im Brecht-Haus sehen]. Am
       Wochenende kann man außerdem Teile des umfangreichen Programms des
       Festivals “Spy on Me #2 – Künstlerische Manöver für die digitale Gegenwart“
       im HAU online verfolgen. Siehe dazu das Interview mit Annemie Vanackere auf
       der rechten Seite.
       
       Offen bleibt, wie Kultureinrichtungen Geld einnehmen sollen, wenn die
       Kultur nun online kostenlos zur Verfügung steht. Diese Frage muss noch
       geklärt werden. Trotz Corona hat man jetzt wieder jeden Abend ab 19 Uhr,
       wie sonst auch, die Qual der Wahl.
       
       21 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.digitalconcerthall.com/de/home
   DIR [2] https://www.staatsoper-berlin.de/de/staatsoper/news/unser-taegliches-video-on-demand-programm-kostenlos-fuer-sie.142/
   DIR [3] https://twitter.com/igorpianist?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor
   DIR [4] https://www.youtube.com/watch?v=UAbuwrLqRd4
   DIR [5] https://www.smb.museum/nachrichten/detail/das-antike-palmyra-in-360-und-3d-erleben.html
   DIR [6] https://heartfield.adk.de
   DIR [7] https://tanjawagner.com/videotheque/
   DIR [8] https://www.estherschipper.com/de/viewing-room/7-daniel-steegmann-mangrane-fog-dog-esther-schipper-berlin/
   DIR [9] https://zweigstelle.berlin/i/3d-raum
   DIR [10] https://grandfilm.de/grandfilmondemand/
   DIR [11] https://lfbrecht.de/blog/netzdialoge-vertrauen-oder-transparenz/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marlene Militz
       
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