URI: 
       # taz.de -- Nach Attac-Urteil zu Gemeinnützigkeit: Verhaltene Freude
       
       > Die Finanzbehörden wollen zunächst keinen weiteren Organisationen die
       > Gemeinnützigkeit entziehen. Das hilft aber nicht allen.
       
   IMG Bild: Offiziell weiter nicht gemeinnützig: Attac beim Protest gegen ein Freihandelsabkommen 2016
       
       „Dieser Schritt ist überfällig und absolut notwendig“: Mit diesen Worten
       hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die Entscheidung
       reagiert, dass bis Ende 2021 keine weiteren politischen Organisationen auf
       der Grundlage des sogenannten Attac-Urteils ihre Gemeinnützigkeit verlieren
       sollen. Selbst profitieren wird Attac von der Entscheidung aber zunächst
       nicht.
       
       Die sogenannte Vertrauensschutzregelung, auf die sich die Finanzbehörden
       von Bund und Ländern [1][am vergangenen Freitag geeinigt hatten], gilt nur
       für Organisationen, die aktuell noch gemeinnützig sind. Für sie sollen aus
       dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Gemeinnützigkeit von Attac bis
       Ende 2021 „keine negativen Konsequenzen gezogen“ werden, hieß es in der
       Beschlussvorlage.
       
       Auch für die Kampagnenorganisation Campact und das Demokratische Zentrum
       Ludwigsburg, denen aufgrund des Attac-Urteils die Gemeinnützigkeit
       [2][entzogen worden war], ändert sich darum zunächst nichts. Trotzdem
       begrüßte auch Campact-Vorstand Felix Kolb die Einigung ausdrücklich: „Sie
       zeigt, dass bei den Finanzbehörden jetzt endlich ein Problembewusstsein
       über die neue Sachlage besteht, die das Urteil geschaffen hat“, sagte er
       der taz.
       
       Der BFH hatte vor gut einem Jahr entschieden, dass politische
       Bildungsarbeit nicht als gemeinnützig gilt, wenn damit ein bestimmter
       politischer Kurs vertreten wird. Attac hatte deshalb die Gemeinnützigkeit
       verloren, was unter anderem dazu führt, dass Spenden nicht mehr steuerlich
       absetzbar sind und Projekte nicht mehr von gemeinnützigen Stiftungen
       mitfinanziert werden können.
       
       Groß ist auch die Erleichterung von Stefan Diefenbach-Trommer von der
       Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, zu der sich
       zahlreiche gemeinnützige Organisationen zusammengeschlossen haben. „Ohne
       dieses Moratorium hätte Hunderten weiterer Vereine der Verlust ihrer
       Gemeinnützigkeit gedroht“, sagte er. „Nun haben sie erst mal eine
       Atempause.“
       
       ## „Kritische Zivilgesellschaft ist elementar“
       
       Offen ist, ob das auch für die Petitionsplattform Change.org gilt. Dieser
       droht nach eigenen Angaben ebenfalls der Entzug der Gemeinnützigkeit.
       Anders als bei Attac ist hier der geförderte Zweck aber nicht politische
       Bildung, sondern Förderung der demokratischen Willensbildung.
       Geschäftsführer Gregor Hackmack ist trotzdem verhalten optimistisch: „Wir
       sehen im aktuellen Beschluss einen politischen Willen und hoffen, dass das
       auch in unserer Auseinandersetzung hilft“, sagte er.
       
       Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, die für Change.org zuständig
       ist, äußerte sich mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht zu dem Fall.
       Grundsätzlich plädiere das Land für eine Erweiterung von
       Steuerbefreiungsvorschriften, erklärte Finanzsenator Matthias Kollatz
       (SPD): „Für unsere Demokratie ist eine aktive und kritische
       Zivilgesellschaft elementar.“
       
       Attac forderte die Finanzbehörden unterdessen auf, die Entscheidung auch
       für jene Organisationen zu revidieren, die die Gemeinnützigkeit bereits
       verloren haben. Das ist laut Bundesfinanzministerium aber nicht möglich.
       Profitieren könnten die betroffenen Organisationen aber von der geplanten
       Reform des Gemeinnützigkeitsrechts.
       
       Hier wird schon lange auf einen Gesetzentwurf gewartet; nach Angaben aus
       Ministeriumskreisen soll er noch in diesem Frühjahr vorgelegt werden.
       Darauf drängt auch Stefan Diefenbach-Trommer von der Allianz für
       Rechtssicherheit. Notwendig sei ein „gut durchdachter Gesetzentwurf“, der
       vielfältiges politisches Engagement von Organisationen ermögliche.
       
       4 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nach-Attac-Urteil-zu-Gemeinnuetzigkeit/!5664084
   DIR [2] /Druck-auf-Nichtregierungsorganisation/!5634748
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
   DIR Gemeinnützigkeit
   DIR Attac
   DIR Campact
   DIR Bundesministerium der Finanzen (BMF)
   DIR Vereine
   DIR Attac
   DIR Attac
   DIR Attac
   DIR Attac
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Keine Einigung über Gemeinnützigkeit: NGOs müssen weiter bangen
       
       Unionsregierte Länder blockieren einen Kompromiss zur Gemeinnützigkeit. Der
       hätte zumindest einigen politischen Vereinen Sicherheit gegeben.
       
   DIR 25 Jahre Le Monde diplomatique: Die Märkte entschärfen
       
       Dieser Text von 1997 wurde zum Gründungsmanifest von Attac. Die
       globalisierungskritische NGO hat heute 90.000 Mitglieder in 50 Ländern.
       
   DIR Nach Attac-Urteil zu Gemeinnützigkeit: Politische Vereine erstmal sicher
       
       Einigung von Bund und Ländern: Bis Ende 2021 soll keinen weiteren
       Organisationen aufgrund des Attac-Urteils die Gemeinnützigkeit entzogen
       werden.
       
   DIR Gemeinnützigkeit für Attac: Attac unterliegt in Kassel
       
       Das hessische Finanzgericht entscheidet: Attac ist nicht gemeinnützig. Die
       Globalisierungskritiker wollen bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen.
       
   DIR Gemeinnützigkeit von NGOs: Bedrohte Zivilgesellschaft
       
       Nicht nur Attac fürchtet um seine Gemeinnützigkeit. Die Bundesregierung
       muss hier für Rechtssicherheit sorgen.