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       # taz.de -- Krach wegen „César“ für Polanski: „Violanski“ spaltet die Filmwelt
       
       > Dem Regisseur Roman Polanski wird Sex mit Minderjährigen vorgeworfen. Als
       > er bei der „César“-Verleihung ausgezeichnet wird, kommt es zum Eklat.
       
   IMG Bild: Proteste gegen die „César“-Filmpreisverleihung an Regisseur Roman Polanski
       
       Nicht Roman Polanskis Film „J’accuse“ (in deutschen Kinos unter dem Titel
       „Die Intrige“ zu sehen) spaltet derzeit Frankreichs Filmwelt, sondern die
       Person des polnisch-französischen Regisseurs. [1][Die Preisverleihung der
       „César“-Akademie vor einer Woche] ließ den Konflikt eskalieren.
       
       Dass Polanski die Statue für die beste Regie bekam, ist für viele aufgrund
       der Anschuldigungen wegen Vergewaltigung von und sexueller Aggression
       gegenüber Minderjährigen unverdaulich.
       
       Am Abend der Zeremonie demonstrierten vor dem Saal Feministinnen gegen die
       Absicht, „Violanski“ (so zu lesen auf einem Schild einer Demonstrantin) zu
       ehren. Polanski hatte sich dem Zugriff der amerikanischen Justiz wegen Sex
       mit einer 13-Jährigen entzogen.
       
       Das war 1977, und in Frankreich dachten viele, verjährt sei vergeben und
       vergessen. Doch mindestens sechs Frauen erheben schwere Anschuldigungen
       gegen ihn, und noch wenige Wochen vor der César-Verleihung wurden neue
       Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn bekannt.
       
       Obwohl weder Polanski noch seine DarstellerInnen und die restlichen
       Mitglieder der Produktion zugegen waren, kam es zum erwarteten Eklat.
       Florence Foresti, eine in Frankreich bekannte Humoristin, die mit ihren
       Sketches den Abend gestalten sollte, weigerte sich, Polanskis Namen korrekt
       auszusprechen.
       
       ## Wortführerin und Ikone
       
       Aus „Ekel“ über dessen Ehrung als bester Regisseur verließ sie vorzeitig
       die Veranstaltung. Lautstark protestierend ging vor den Kameras die
       Schauspielerin Adèle Haenel, solidarisch begleitet von einigen anderen, aus
       dem Saal.
       
       Haenel hatte vor wenigen Wochen einen anderen Regisseur öffentlich
       sexueller Übergriffe während Dreharbeiten beschuldigt, als sie ihre erste
       Filmrolle spielte. Sie war damals 14 Jahre alt. Dank Haenel hat in
       Frankreich die #MeToo-Kampagne den Film erreicht, sie ist für die Opfer
       eine Wortführerin und Ikone.
       
       Prominente KollegInnen wie Fanny Ardent oder Lambert Wilson zogen es vor,
       sich mit Polanski zu solidarisieren. Ihnen geht es nicht nur um die
       Unschuldsvermutung, auf die sich der zumindest in Frankreich gerichtlich
       nicht belangte Regisseur berufen kann. Für sie ist Polanski aufgrund seiner
       Meisterwerke für den Film und seinen Beitrag für die französische Kultur
       ein Monument und somit wenn auch nicht über jeden Verdacht, so doch über
       moralisch klingende Angriffe oder gar Vorverurteilungen erhaben.
       
       Ardent gab eine Liebeserklärung ab: „Wenn ich jemanden liebe, kann ich
       gegen ihn kein Urteil fällen. Wenn einer gegen alle steht, ergreife ich für
       ihn Partei. Ich habe Lust, ihn zu verteidigen und ihm Wärme zu geben. Die
       Menschen, die man liebt, sind wie deine Familie. Du verteidigst sie selbst
       gegen die Polizei.“
       
       Doch ist Polanski deswegen auch gleich unantastbar, und soll er angesichts
       der doch gravierenden Vorwürfe für einen unbestritten sehenswerten Film
       gleich höchste Ehren erhalten?
       
       ## Sexistische Attacken
       
       Opfer sexueller Gewalt, die wie Haenel ein langes Schweigen gebrochen
       haben, fühlen sich von der Solidarität mit Polanski verhöhnt. Einen
       schockierenden Höhepunkt erreichten die zum Teil sexistischen Attacken auf
       Polanski-Kritiker mit wüsten Beschimpfungen, die der Casting-Direktor,
       Olivier Carbone, auf Facebook ausstieß und Haenel unter Hinweis auf seine
       Beziehungen drohte: „Du wirst eine Überraschung erleben, deine Karriere ist
       tot!“
       
       Polanskis Hauptdarsteller Jean Dujardin will Frankreich nach dieser Polemik
       verlassen und sich so der Debatte entziehen: „In Frankreich stinkt’s.“ Wen
       er für dieses Klima verantwortlich macht, sagt er nicht.
       
       5 Mar 2020
       
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