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       # taz.de -- Nicaraguanischer Dichter Ernesto Cardenal: Heimliche Beerdigung
       
       > Anhänger von Präsident Ortega hatten am Dienstag die Trauermesse für
       > Cardenal gestört. Aus Furcht vor neuen Angriffen fand die Bestattung
       > früher als geplant statt.
       
   IMG Bild: Die letzte Ruhestätte von Ernesto Cardenal auf der Insel Mancarrón
       
       Oaxaca de Juárez/Managua epd | Wegen befürchteter Angriffe auf die
       Trauergemeinde ist der nicaraguanische Dichter und Befreiungstheologe
       Ernesto Cardenal einen Tag früher beerdigt worden als geplant. Nachdem eine
       Trauermesse zu Ehren Cardenals von Sympathisanten von Präsident Daniel
       Ortega gestört worden war, wurde der Geistliche am Freitag „heimlich
       bestattet“, wie die Zeitung Confidencial berichtete. Die Beerdigung sollte
       ursprünglich am Samstag stattfinden. Cardenal war am vergangenen Sonntag
       [1][im Alter von 95 Jahren gestorben].
       
       An der Bestattung hätten lediglich zehn Personen teilgenommen, sagte Bosco
       Centeno, ein enger Freund Cardenals. „Wir haben es geheimgehalten, um
       Beeinträchtigungen zu vermeiden.“ Es sei sein letzter Wunsch gewesen, auf
       der zum Solentiname-Archipel zählenden Insel Mancarrón beerdigt zu werden.
       Dort hatte der Priester eine christliche Gemeinschaft von Bauern, Fischern
       und Künstlern gegründet, die sich an sozialistischen Zielen orientierte.
       
       Am Dienstag hatten Mitglieder der regierenden Sandinistischen
       Befreiungsfront (FSLN) während der Trauerfeier für Cardenal Parolen wie
       „Verräter“ und „Es lebe Daniel“ gerufen, Angehörige des Befreiungstheologen
       beschimpft und Journalisten angegriffen. Cardenal gehörte zu den schärfsten
       Kritikern Ortegas, nachdem der einstige Weggefährte immer autoritärer
       regierte.
       
       Cardenal beteiligte sich [2][in den 70er Jahren am Kampf gegen die Diktatur
       von Anastasio Somoza]. Nach Somozas Sturz 1979 war der Dichter
       Kulturminister. Später sagte sich der Theologe von der FSLN los. Aufgrund
       seiner kritischen Haltung gegenüber [3][Ortega und seiner Frau Rosario
       Murillo], denen er Korruption und Machtkonzentration vorwarf, [4][wurde er
       seit Jahren staatlich verfolgt].
       
       Cardenal zählt zu den wichtigsten Dichtern Lateinamerikas. Weltweit
       erlangte er Berühmtheit, weil er zu den führenden Vertretern der
       Befreiungstheologie zählte, mit der sich lateinamerikanische Geistliche in
       den 60er Jahren auf die Seite der Armen stellten.
       
       7 Mar 2020
       
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