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       # taz.de -- Armut in der Corona-Krise: Schwache leiden am meisten
       
       > In einer großen Wohnung ist das Daheimbleiben leichter zu ertragen. Die
       > soziale Isolation trifft vor allem die Armen.
       
   IMG Bild: Soziale Isolation ist leichter zu ertragen, wenn man viel Platz hat
       
       Die Corona-Krise ist nicht demokratisch. Sie trifft die Ärmsten in der
       Gesellschaft am härtesten. Jene haben keine Rücklagen, um zusätzliche
       Belastungen aufzufangen. Sie leben in kleinen Wohnungen an
       Hauptverkehrsstraßen, ohne Balkon oder Garten. Viele sind auf kostenlose
       Lebensmittel der Tafeln angewiesen, die wegen der Ansteckungsgefahr
       schließen.
       
       Soziale Isolation ist leichter zu ertragen, wenn man mit Netflix und
       schnellem Internet im großzügigen Eigenheim sitzt. Der Wert einer
       Gesellschaft bemisst sich daran, wie sie in einer Krise mit den Schwächsten
       umgeht. Man kann der Regierung nicht [1][vorwerfen, dass sie die] besondere
       Situation armer Menschen ignoriert. Sie tut einiges – und sendet Signale
       der Solidarität.
       
       Ein paar Beispiele: Die Regierung rechnet mit bis 1,2 Millionen
       zusätzlichen Hartz-IV-BezieherInnen – und stellt dafür knapp 10
       Milliarden Euro bereit. [2][Dieser Schutzschirm ist dringend] nötig. Er
       zielt auf kleine Selbstständige, die sich die freiwillige
       Arbeitslosenversicherung sparen, weil sie zu wenig verdienen. Auch ist es
       nur richtig, die Prüfung des Vermögens und der Angemessenheit der Wohnung
       bei Hartz IV befristet auszusetzen. Damit räumt der Staat schwer zu
       bewältigende bürokratische Hürden aus dem Weg.
       
       Perfekt sind die schnell aus dem Boden gestampften Gesetze aber nicht. Sie
       haben logische Brüche, Lücken und Schwächen. Ein Beispiel: Der erleichterte
       Zugang zu Hartz IV wirft Gerechtigkeitsfragen auf. Was passiert, wenn
       Arbeitslose auch nach einem halben Jahr in der zu teuren Wohnung leben –
       oder zu viel Vermögen besitzen? Das ist, Stand jetzt, offen – und Ärger ist
       vorhersehbar. Angebracht wäre auch ein Krisenaufschlag auf die
       Grundsicherung. Die Sozialverbände kritisieren seit Langem, dass die Sätze
       nicht das angemessene Existenzminimum garantieren. Wenn Kinder nicht mehr
       in der Kita oder Schule essen, sondern zu Hause, wird das Leben teurer.
       
       Das Krisenmanagement der Regierung für arme Menschen ist okay, aber es
       ginge besser.
       
       24 Mar 2020
       
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