# taz.de -- Autokraten-Träume in der Corona-Krise: Orbáns Corona-Diktatur
> Ungarns Staatschef Orbàn will per Dekret regieren, Putin in Russland bis
> 2036 durchregieren – Corona ist ein willkommener Vorwand für
> Demokratieabbau.
IMG Bild: Ungarns Staatschef Orbán will sich ermächtigen lassen, per Dekret zu regieren
Krisenzeiten sind oft auch eine Charakterprobe. Von Julius Caesar bis
Indira Gandhi haben sich HerrscherInnen in Krisenzeiten mit Vollmachten
ausstatten lassen, die sie zum eigenen Nutzen missbrauchten. Und so
überrascht es nicht, dass gerade diejenigen, die sich durch
Rechtsstaatlichkeit ungebührlich eingeengt fühlen, den
Corona-Ausnahmezustand nutzen, um ihre Macht zu zementieren.
Ungarns [1][Staatschef Orbán] will sich ermächtigen lassen, per Dekret zu
regieren, „sollte es eine erzwungene Pause des Parlaments geben“. Wie lange
diese Zwangspause währt, obliegt allein seinem Gutdünken. Und auch Israels
Premier Netanjahu legt wenig Feingefühl an den Tag, wenn er die Knesset
nicht mehr einberuft und den Zugriff auf Handydaten der BürgerInnen per
Verordnung ermöglicht. Dass ein Strafprozess gegen ihn wegen Korruption auf
unbestimmte Zeit verschoben wurde, ist nur ein Kollateral-Benefit. In
Russland regt sich dank Corona kaum Widerstand gegen die Verfassungsreform,
die [2][Putin das Durchregieren] bis 2036 ermöglicht. Und während Polens
Oppositionsparteien ihre Kampagnen für die Präsidentschaftswahlen vom 10.
Mai eingestellt und eine Verschiebung gefordert haben, macht Amtsinhaber
Duda ungeniert weiter Wahlkampf.
Es gehe darum, durch schnelle Entscheidungen Leben zu retten, wenden die
Autokraten ein. Doch wieso gelingt es Regierungen in Deutschland,
Österreich sowie in Italien und [3][Spanien], auch bei drastischen
Maßnahmen Augenmaß zu wahren und den Rechtsstaat intakt zu halten?
Es sind die skrupellosen Populisten, die einen Nimbus der Unfehlbarkeit
aufgebaut haben und nun fürchten müssen, dass sie bald nackt dastehen
werden. Denn die Pandemie wird offenlegen, wo das Geld, das im
Gesundheitswesen fehlt, in teure Sportstätten oder außenpolitische
Abenteuer investiert wurde. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Herrscher
die Bewährungsprobe im Katastrophenfall nicht besteht und dann den
Volkszorn fürchten muss.
23 Mar 2020
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## AUTOREN
DIR Ralf Leonhard
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