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       # taz.de -- Urteil im Weinstein-Prozess: Kein Mann ist unantastbar
       
       > Für Sexualstraftäter ist das Weinstein-Urteil ein klares Signal. Auch wer
       > Macht und Geld hat, kann nicht mehr damit rechnen, davonzukommen.
       
   IMG Bild: Weinstein ist der erste prominente Vergewaltiger, der seit dem Beginn von #MeToo verurteilt wurde
       
       Positive Signale aus den USA sind selten geworden. Aber Harvey
       [1][Weinsteins Verurteilung] in New York ist ein Anlass zum Feiern. Der
       ehemalige Filmproduzent ist wegen Vergewaltigung und anderer sexueller
       Gewalt zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das ist nah an der
       möglichen Höchststrafen. Und für den 67jährigen Sexualstraftäter ist es
       gleichbedeutend mit lebenslänglich. Zumal hinzukommt, dass ihn als nächstes
       ein weiterer Prozess wegen Sexualverbrechen in Kalifornien erwartet.
       
       Dass mächtige und wohlhabende Männer wegen sexueller Gewalt hinter Gitter
       kommen, ist immer noch keine Alltäglichkeit. Im Falle von Weinstein, der
       einst in Hollywood das gute Wetter und den Regen machte, brauchte es viele
       Jahre, bis es geschah. In Hollywood gab es zwar zahlreiche Mitwisser seiner
       sexuellen Übergriffe. Doch Weinstein schaffte es jedes Mal, sich mit
       Einschüchterungen, Drohungen, und Geld vor Verfolgung zu schützen. Als ein
       Modell zur Polizei ging und sich verkabeln ließ, bevor sie zu einem Treffen
       mit Weinstein ging, reichten die per Aufnahme dokumentierten Übergriffe von
       Weinstein gegen die Frau nicht für eine Anklage. Begründung: es habe keine
       Gewalttat stattgefunden.
       
       Das Ungleichgewicht von Macht zwischen Täter und Opfer führte dazu, dass
       selbst Frauen, die bereit waren, ihre Karriere und ihren Ruf aufs Spiel zu
       setzen, um gegen Weinstein vor Gericht zu gehen, mit außergerichtlichen
       Einigungen abgespeist wurden, während er weiter vergewaltigen konnte. Das
       Prinzip dieser „Einigungen“ ist eine zweite Gewalttat. Es bedeutet: der
       Täter kauft sich frei, das Opfer muss schweigen.
       
       Das Ungleichgewicht zwischen Täter und Opfer, zwischen dem mächtigen Mann
       und den Frauen, deren Karrieren von ihm abhingen, hielt, bis im Jahr 2017
       Dutzende von Stars, mit Unterstützung von großen Medien an die
       Öffentlichkeit gingen. Die mutigen Frauen in Hollywood und New York, die
       Weinstein zu Fall brachten, haben damit auch den Anfang für eine neue
       Bewegung geschaffen. #MeToo ist weltweit auf Echo gestoßen. Und die Welle
       von Frauen, die seither mit Berichten über sexuelle Gewalt an die
       Öffentlichkeit gegangen sind, zeigt, wie verbreitet Sexualstraftaten sind
       und wie sehr die Täter quer durch alle gesellschaftlichen Schichten auf
       Unterstützung rechnen können.
       
       Weinstein ist [2][der erste prominente Vergewaltiger,] der seit dem Beginn
       von #MeToo verurteilt worden ist. Sein Fall symbolisiert zugleich neue
       Möglichkeiten für die Opfer, als auch die Grenzen der Möglichkeiten. Das
       Urteil in New York ermuntert Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt
       geworden sind, vor Gericht zu gehen. Zugleich zeigt der kollektive und
       finanzielle und mediatische Kraftakt, der nötig war, um Weinstein zu
       bremsen, wie extrem schwer die Situation für Frauen mit weniger Einfluss
       und Geld ist.
       
       Für Sexualstraftäter ist das Urteil ein klares Signal. Es bedeutet, dass
       sie – unabhängig von Macht und Geld – nicht mehr davon ausgehen können,
       ungeschoren davon zu kommen. Eines Tages könnte das auch dem Mann blühen,
       der jetzt noch scheinbar unanfechtbar im Weißen Haus sitzt. Trotz der
       Vorwürfe von mehr als 20 Frauen, er habe sie sexuell angegriffen, blieb
       Donald Trump bislang von gerichtlicher Verfolgung verschont. Weinsteins
       Verurteilung zeigt, dass kein Mann unantastbar ist.
       
       12 Mar 2020
       
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