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       # taz.de -- Trump und die Coronakrise: Die USA im Alleingang
       
       > Washington wirft Europa Fahrlässigkeit vor. US-Präsident Trump hatte
       > indes selbst Kontakt mit Infizierten, lässt sich aber nicht testen.
       
   IMG Bild: Bis Donnerstag waren die eine Million Testkits in weiten Teilen der USA immer noch nicht verfügbar
       
       New York taz | „Es ist ein Scheitern“, sagt der Immunologe Anthony Fauci
       über die Coronavirus-Tests in den USA, „das System ist nicht darauf
       ausgerichtet, was wir jetzt brauchen.“ Der Direktor des Nationalen
       Instituts für Infektionskrankheiten und Allergien sagt es bei einem Hearing
       im US-Kongress. Am Mittwoch hatte [1][US-Präsident Donald Trump eine
       Fernsehsprache] gehalten. Kein Land gehe erfolgreicher gegen das Virus vor
       als die USA, behauptete Trump und kündigte Einreiseverbote für
       Kontinental-EuropäerInnen an. Schon zuvor hatte er – wahrheitswidrig –
       erklärt, jeder Mensch in den USA habe Zugang zu den Tests.
       
       Trumps Auftritt löste [2][statt Beruhigung ein Chaos] aus, das von
       Washington über die Börse in New York bis in die Hauptstädte der EU-Länder
       reichte. Zusätzlich trieb er viele US-AmerikanerInnen zu Hamsterkäufen. Die
       Tests waren am Donnerstag immer noch Mangelware. Vielerorts konnten auch
       Ärzte und Kliniken nicht weiterhelfen. Medien berichten von PatientInnen,
       die bis zu vier Kliniken abklappern mussten, um einen Test zu bekommen, bei
       dem sie letztlich positiv getestet wurden.
       
       Die USA haben seit Beginn der Coronakrise einen Alleingang gemacht. Anstatt
       einen andernorts erprobten Test zu verwenden, bestanden sie darauf, einen
       eigenen zu entwickeln. Ihr erster Test kam spät und lieferte fehlerhafte
       Ergebnisse. Unterdessen konnte sich sich das Virus weiter im Land
       ausbreiten und – insbesondere in Altersheimen – töten. Der inzwischen
       entwickelte neue US-Test soll zwar akkurate Ergebnisse liefern, doch
       offenbar ist eine seiner Komponenten Mangelware. Bis Donnerstag waren die
       eine Million Testkits in weiten Landesteilen immer noch nicht verfügbar,
       die Mike Pence, Vizepräsident und Chef von Trumps Corona-Taskforce, für
       Anfang der Woche angekündigt hatte.
       
       „Wieso haben wir nur eine Handvoll Leute getestet, während Südkorea
       Tausende getestet hat?“, fragte der republikanische Senator Mitt Romney am
       Donnerstag. Auch die GouverneurInnen mehrerer Bundesstaaten sowie
       PolitikerInnen beider Parteien in Washington drängten am Donnerstag auf
       mehr Tests.
       
       ## Mehr Platz in Restaurants in NYC
       
       Unterdessen organisieren Städte und Bundesstaaten in den USA ihren
       unterschiedlichen Umgang mit der Pandemie. Der Bundesstaat Washington hat
       größere Versammlungen verboten und die Schulen geschlossen. New York City
       hält die Schulen und öffentlichen Verkehrsmittel offen, aber Museen,
       Theater und zahlreiche Sportereignisse in der Stadt sind abgesagt. Die
       Restaurants sind von Bürgermeister Bill de Blasio aufgefordert worden,
       ihren Raum zu maximal 50 Prozent zu besetzen, damit genügen Platz zwischen
       den Gästen bleibt.
       
       Auch die New Yorker Börse zeigte sich von Trumps Auftritt nicht beruhigt.
       Am Donnerstag kam es zu dem schwersten Crash bei US-Aktienkursen seit 1987.
       Das Wort Rezession ist in aller Munde. Die Börse reagiert mit dem Crash
       sowohl auf die Pandemie als auch auf den Absturz der Ölkurse, den ein von
       Saudi-Arabien betriebener Ölpreiskrieg ausgelöst hat.
       
       In seinem Auftritt hat Trump wenig Mitgefühl für die Opfer der Pandemie
       gezeigt, denen sowohl gesundheitliche als auch finanzielle Konsequenzen
       drohen. Vielen Betroffenen droht eine schnelle Verarmung. Die Kosten – von
       den Tests über die Behandlung bis hin zu Lohnausfall – werden Millionen
       US-BürgerInnen in ähnliche Härten stürzen wie die Depression von 2007.
       Damals verloren viele Beschäftigte erst ihre Jobs und Krankenversicherungen
       und als Nächstes ihre Häuser, für die sie keine Raten mehr zahlen konnten.
       Oft beschleunigten Kosten für medizinische Betreuung den Abstieg.
       
       Verschiedene Wirtschaftsvertreter hatte Trump schon vor seinem Auftritt am
       Mittwoch ins Weiße Haus geladen, um ihnen Unterstützung anzubieten. Unter
       anderem schlägt er noch mehr Steuersenkungen vor, um Verluste durch Corona
       und Ölpreiskrise abzufedern. Auch für die Hotelbranche, zu der sein eigener
       Konzern gehört, hat Trump Hilfen angekündigt.
       
       ## Trump schüttelt weiter Hände
       
       Am Donnerstag reagierten die beiden demokratischen
       Präsidentschaftskandidaten auf die Pandemie und auf Trumps Auftritt. Joe
       Biden und Bernie Sanders, die an getrennten Orten und ohne Publikum
       sprachen, hatten mehr zum Thema Corona zu sagen als Trump und gaben sich
       deutlich staatsmännischer als Trump.
       
       Biden fordert mehr Transparenz vom Weißen Haus. Er will, dass alle
       BewohnerInnen von Altersheimen getestet und die aktuellen Zahlen zu
       Infizierten überall in den USA veröffentlicht werden. Sanders sieht sich in
       seiner Forderung nach einer staatlichen Krankenversicherung für alle
       bestätigt. Er verlangt ein sofortiges Moratorium von Zwangsräumungen und
       die Fortsetzung von Wasser-, Gas- und Stromlieferungen, damit Infizierte
       nicht zusätzlich obdachlos werden. Beide Kandidaten warfen Trump
       Inkompetenz vor.
       
       Trump geht indes seinen Golf-Gewohnheiten auf seiner Residenz in Florida
       nach. Am vergangenen Wochenende hatten er und Pence dort den
       brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und dessen Sprecher Fabio
       Wajngarten empfangen. Ein Gruppenfoto zeigt die vier in Tuchfühlung
       nebeneinanderstehen. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Wajngarten positiv
       getestet worden ist.
       
       Für Trump war es mindestens die zweite Begegnung mit einem
       Coronavirus-Träger. Die erste hatte er zuvor auf einer Konferenz in
       Washington. Andere Teilnehmer, die mit dem Infizierten in Kontakt gekommen
       waren, gingen anschließend freiwillig in Quarantäne. Nach Angaben aus dem
       Weißen Haus haben sich weder Trump noch Pence testen lassen. Auch beim
       Händeschütteln geht Trump mit schlechtem Beispiel voran, obwohl die
       US-AmerikanerInnen angehalten sind, auf Händeschütteln und anderen
       Körperkontakt zu verzichten.
       
       13 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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