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       # taz.de -- Verfassungsschutz vs AfD: Noch mehr Ungemach für AfD?
       
       > Gerade erst stellte der Verfassungsschutz den „Flügel“ der AfD unter
       > Beobachtung. Nun könnten weitere Schritte in Sachsen und Brandenburg
       > folgen.
       
   IMG Bild: Laut Verfassungsschutz im Rechtsextremismus „verwurzelt“: Brandenburgs AfD-Chef Kalbitz
       
       BERLIN taz | Knapp eine Woche ist es her, dass der Verfassungsschutz den
       AfD-“Flügel“ als rechtsextrem einstufte. Nun könnten bald weitere Schritte
       folgen. Im Blick dabei: die AfD-Landesverbände in Brandenburg und Sachsen
       sowie die Pegida-Bewegung.
       
       Das Bundesamt für Verfassungsschutz wirft dem „Flügel“ um Björn Höcke eine
       Herabwürdigung von Minderheiten, völkisches Gedankengut und eine
       Relativierung des Nationalsozialismus vor. Das AfD-Sammelbecken ist
       [1][seit vergangenem Donnerstag als vollwertiges Beobachtungsobjekt
       eingestuft] – auf einer Stufe mit der NPD. Parallel stufte das Thüringer
       Landesamt Höckes AfD-Verband als extremistischen „Verdachtsfall“ hoch.
       
       Gleiches könnte nun auch in Brandenburg und Sachsen geschehen – denn auch
       dort dominiert der „Flügel“ die AfD-Verbände. Das Bundesamt benennt bereits
       den Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz klar als „Rechtsextremisten“: Er
       sei „unangefochten der zentrale Netzwerker des ‚Flügels‘“, agitiere
       „zentral“ gegen Migranten und zeige eine „Verachtung der derzeitigen
       demokratischen Ordnung“. Und: Kalbitz weise eine „über Jahrzehnte
       andauernde Verwurzelung im organisierten Rechtsextremismus“ auf.
       
       ## Brandenburgs AfD-Chef bei verbotenem Neonazi-Verein
       
       Schon in einem früheren Verfassungsschutzgutachten wurde auf [2][eine
       Teilnahme von Kalbitz an einem Lager der 2009 verbotenen „Heimattreuen
       Deutschen Jugend“ (HDJ) verwiesen], in der Rechtsextreme ihre Kinder
       drillten. Laut Spiegel stieß das Bundesamt nun auch auf eine
       Mitgliederliste der HDJ von 2007, auf der eine „Familie Andreas Kalbitz“
       unter der Nummer 01330 geführt wird.
       
       In Brandenburg – wie überall mit Ausnahme Thüringens – wird der von Kalbitz
       geführte AfD-Landesverband bisher dennoch nur als „Prüffall“ geführt. Das
       dürfte sich nach der deutlichen Positionierung des Bundesamts ändern.
       
       Das jüngste Vorgehen des Bundesamts für Verfassungsschutz begrüße man
       ausdrücklich, sagte ein Sprecher im Brandenburger Innenministerium der taz.
       Man habe darauf „seit geraumer Zeit“ gedrängt. Weitere Einstufungen müssten
       nun „regional abgestuft erfolgen“. „Daran wird gearbeitet“, so der
       Sprecher. Und er fügt hinzu: „In Bezug auf Herrn Kalbitz ist das Vorgehen
       des BfV in sich hoch konsistent und konsequent und fügt sich in das hiesige
       Bild völlig ein.“
       
       Ähnlich äußert sich auch der Brandenburger Verfassungsschutz. Auch dort
       wird die Einstufung des „Flügels“ begrüßt – und zwar mit Verweis auch auf
       das „massive Agitieren und Agieren brandenburgischer ‚Flügel‘-Vertreter“.
       Also das von AfD-Landeschef Kalbitz und seinen Gefolgsleuten.
       
       Auch in Sachsen könnte eine Hochstufung des AfD-Verbands bevorstehen: Die
       dortige Parteiführung ist ebenso eng mit dem „Flügel“ verbandelt. Der
       Verfassungsschutz wirft AfD-Landeschef Jörg Urban Äußerungen vor, [3][in
       denen er Muslime ausgrenzte, ein „homogenes“ deutsches Volk forderte oder
       vor Gewalt von Zuwanderer warnte, die „unsere Mädchen zur Schlachtbank“
       führten]. Zudem gehört auch der Sachse und frühere Richter Jens Maier zu
       den Führungspersonen des „Flügels“ – der wiederum über „Mischvölker“ ätzte
       und den deutschen „Schuldkult“ für „beendet“ erklärte.
       
       Sollte der Verfassungsschutz in Sachsen indes die AfD zum „Verdachtsfall“
       hochstufen, dürfte die Partei davon nichts erfahren: Anders als in
       Thüringen darf dies in Sachsen auf dieser Ebene nicht kommuniziert werden.
       
       Die AfD kündigte bereits rechtliche Schritte gegen die Einstufung des
       „Flügels“ an. „Flügel“-Anführer Höcke beschuldigte den Verfassungsschutz,
       eine Oppositionspartei zu diffamieren. Auch Kalbitz warf dem Amt
       „Verleumdung“ vor, die Meldung zur HDJ-Mitgliedschaft sei „schlicht
       falsch“. Der Verfassungsschutz werde „instrumentalisiert“.
       
       ## Auch Pegida im Visier
       
       Der Geheimdienst nimmt derweil bereits den nächsten Kandidaten in den
       Blick: Pegida in Sachsen. Auch deren Anführer Lutz Bachmann bezeichnete
       Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang als Rechtsextremisten. Im aktuellen
       „Flügel“-Gutachten wird Pegida nach taz-Informationen bereits als
       extremistischer „Verdachtsfall“ des sächsischen Verfassungsschutz
       bezeichnet – eine Beobachtung findet also bereits statt.
       
       Naheliegend ist auch hier nun eine höhere Einstufung. Denn das 2014 in
       Dresden gegründete Pegida [4][fällt auf seinen Kundgebungen immer wieder
       mit extremistischen Ausfällen auf]. Haldenwang verwies auf eine Rede
       Bachmanns vom Oktober 2019, in der dieser politische Gegner als
       „Schädlinge“ und „Volksfeinde“ verunglimpfte. Diese müsse man „in den
       Graben“ werfen und „zuschütten“. Haldenwang dazu deutlich: „Wir arbeiten
       hart und entschlossen, damit sich Zeiten, in denen sogenannte Volksfeinde
       in Gräben zugeschüttet werden, niemals wiederholen.“ Beim sächsischen
       Verfassungsschutz dürfte dieser Hinweis angekommen sein.
       
       17 Mar 2020
       
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