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       # taz.de -- Merkels Fernsehansprache: Letzte Warnung
       
       > Kanzlerin Merkel appelliert an die Solidarität der Deutschen. Sie spricht
       > von der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
       
   IMG Bild: Die Bundeskanzlerin bei der Fernsehansprache
       
       Berlin taz | Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Mittel:
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich am Mittwochabend mit einer
       Fernsehansprache an die BürgerInnen gewandt, um ihnen die [1][Maßnahmen
       gegen die Corona-Epidemie] zu erklären. Diesen Weg nutzte sie zum ersten
       Mal in ihrer Amtszeit jenseits ihrer Neujahrsansprachen.
       
       Merkel ließ keinen Zweifel daran, wie die Bundesregierung die Lage
       einschätzt. „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst“, sagte Merkel. Seit
       dem Zweiten Weltkrieg habe es keine Herausforderung an das Land gegeben,
       bei der es so sehr auf [2][gemeinsames solidarisches Handeln] ankomme.
       
       Merkel wiederholte, was WissenschaftlerInnen seit Wochen predigen.
       Richtschnur des Handelns der Regierung sei es, die Ausbreitung des Virus zu
       verlangsamen und Zeit zu gewinnen. Zeit, damit ein Medikament und ein
       Impfstoff entwickelt werden könne – und Zeit, damit Erkrankte bestmöglich
       versorgt werden können.
       
       Sie appellierte dringlich an jeden Einzelnen, die Ratschläge der Virologen
       zu befolgen. Kein Handschlag mehr, gründlich und oft die Hände waschen,
       mindestens eineinhalb Meter Abstand zum Nächsten – und am besten kaum
       Kontakte zu alten Menschen, die besonders gefährdet sind. Sie wisse, wie
       schwer das sei, sagte Merkel. Man kenne Zuwendung als körperliche Nähe oder
       Berührung. „Doch im Augenblick ist leider das Gegenteil richtig“, sagte
       sie. „Im Moment ist nur Abstand Ausdruck von Fürsorge.“
       
       ## Knapp vor Ausgangssperre
       
       Die Bundesregierung hat – in Absprache mit den Bundesländern – in den
       vergangenen Tagen das öffentliche Leben drastisch eingeschränkt.
       Versammlungen mit großen Teilnehmerzahlen sind verboten, Theater, Kinos
       oder Museen bleiben geschlossen, die Öffnungszeiten für Cafés oder
       Gaststätten wurden deutlich begrenzt.
       
       „Halten Sie sich an die Regeln, die nun für die nächste Zeit gelten“, sagte
       Merkel. Sie deutete an, dass weitere Maßnahmen folgen könnten. Die
       Regierung werde stets neu prüfen, was sich korrigieren lasse – „aber auch:
       was womöglich noch nötig ist“.
       
       Merkel brachte auch ihre ostdeutsche Herkunft ins Spiel. Für sie, für die
       Reise- und Bewegungsfreiheit ein schwer erkämpftes Recht gewesen sei, „sind
       solche Einschränkungen nur in der absoluten Notwendigkeit zu
       rechtfertigen“. Sie sollten in einer Demokratie nie leichtfertig und nur
       temporär beschlossen werden. „Aber sie sind im Moment unverzichtbar, um
       Leben zu retten.“
       
       Es gehe nicht einfach um abstrakte Zahlen in einer Statistik, sondern um
       Menschen. Das sei ein Vater oder Großvater, eine Mutter oder Großmutter,
       eine Partnerin oder ein Partner.
       
       ## Hilfen für die Wirtschaft
       
       Merkel sicherte betroffenen Unternehmen umfassende Unterstützung zu. Für
       die Wirtschaft, für große Unternehmen, Geschäfte, Restaurants oder
       Freiberufler [3][sei es jetzt schon schwer]. Und die nächsten Wochen würden
       noch schwerer. „Ich versichere Ihnen: Die Bundesregierung tut alles, was
       sie kann, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern – und vor allem
       um Arbeitsplätze zu bewahren.“ Die Regierung könne und werde „alles
       einsetzen, was es braucht, um unseren Unternehmern und Arbeitnehmern durch
       diese schwere Prüfung zu helfen“.
       
       Merkel ging auch auf [4][Hamsterkäufe] ein, die in vielen Supermärkten für
       leere Regale sorgten. Alle könnten sich darauf verlassen, dass die die
       Lebensmittelversorgung jederzeit gesichert sei. Wenn Regale einen Tag mal
       leer geräumt seien, würden sie nachgefüllt. „Vorratshaltung ist sinnvoll,
       war es im Übrigen immer schon“, betonte Merkel. „Aber mit Maß; hamstern,
       als werde es nie wieder etwas geben, ist sinnlos und letztlich vollkommen
       unsolidarisch.“
       
       Nach Einschätzung von Experten könnte die Corona-Epidemie rasch
       voranschreiten. Das Robert-Koch-Institut warnte vor bis zu zehn Millionen
       Infizierten bis Juni, sollten sich die Menschen nicht an Abstands- und
       Hygienevorgaben halten. Laut RKI gibt es im Moment ein exponentielles
       Wachstum. Die Epidemie werde noch viele Wochen und Monate unterwegs sein.
       Derzeit seien mehr als 10.000 Menschen infiziert.
       
       18 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR Ulrich Schulte
       
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