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       # taz.de -- „Flügel“ offiziell rechtsextrem: Druck auf Kalbitz wächst
       
       > In der AfD werden Forderungen gegen den „Flügel“ lauter. Eine davon: dem
       > Brandenburger Landes- und Fraktionschef die Mitgliedschaft zu entziehen.
       
   IMG Bild: Steht besonders im Visier der parteiinternen Kritik: Andreas Kalbitz vom „Flügel“
       
       Berlin taz/dpa | Wenn am Freitag der [1][AfD-Bundesvorstand] trotz Corona
       in Berlin zusammenkommt, wird es wohl heiß hergehen. Die Parteiführung will
       sich auf einen Umgang damit verständigen, dass der „Flügel“ durch das
       Bundesamt für Verfassungsschutz [2][als rechtsextrem eingestuft wurde].
       Selbst der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland will kommen. Viele in der
       Partei meinen: Für die AfD ist die Einstufung eine ernste Gefahr – nicht
       nur, weil es für die Beamten langsam brenzlig wird. [3][Die ganze Partei
       könnte als rechtsextrem eingestuft werden], grenzt sie sich nicht klar vom
       „Flügel“ ab.
       
       Parteiintern werden deshalb die Stimmen lauter, die Sanktionen für den
       „Flügel“ fordern – und auch für dessen Frontmänner Björn Höcke und
       [4][Andreas] Kalbitz. Kalbitz, Partei- und Fraktionschef in Brandenburg und
       selbst Beisitzer im Bundesvorstand, steht dabei besonders im Visier. Denn
       der Verfassungsschutz hat den Flügel-Gegnern in der Partei einen Hebel
       gegen Kalbitz geliefert.
       
       Nach dem internen Bericht des Bundesamts war Kalbitz „über mindestens 14
       Jahre“ in Kontakt mit der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), einer
       inzwischen verbotenen Neonazi-Organisation. Und er war demnach auch
       Mitglied. In einer Mitgliederliste von 2007, die dem Bundesamt vorliegt,
       sei „Familie Andreas Kalbitz“ unter der Mitgliedsnummer 01330 aufgeführt,
       berichtete der Spiegel.
       
       Sollte das stimmen, hätte Kalbitz das beim AfD-Parteieintritt angeben
       müssen. Weil er das aber nicht tat, könnte der Bundesvorstand ihm mit
       einfacher Mehrheit die Mitgliedschaft aberkennen. Kalbitz wäre alle Ämter
       los.
       
       Genau das fordert inzwischen der rheinland-pfälzische Fraktionsvorsitzende
       Uwe Junge. Er erwarte „eine harte Ordnungsmaßnahme gegen Höcke und die
       Löschung der Mitgliedschaft von Kalbitz wegen falscher bzw. lückenhafter
       Angaben bei Eintritt“, heißt es in einem Brief, den Junge diese Woche an
       Parteifreunde verschickte. Die „herabwürdigenden Aussagen von Björn Höcke
       gegenüber den innerparteilichen Kritikern“ seien unerträglich.
       
       ## Lucassen spricht von Austrittswelle
       
       Höcke spricht von denen gern als „Feindzeugen“. Außerdem hatte er bei einem
       Flügel-Treffen in Sachsen-Anhalt im März unter dem Jubel seiner Anhänger
       gesagt, die AfD müsse die „Flügel“-Gegner „ausschwitzen“.
       
       An die Mitglieder des Parteivorstands gerichtet, schreibt Junge weiter:
       „Mein weiteres Engagement in der Partei mache ich von Eurer Entscheidung am
       Freitag abhängig!“ Er erhalte empörte Meldungen und die unübersehbare
       Bereitschaft, die Partei zu verlassen, wenn jetzt nicht entschlossen
       reagiert werde. Junge hat in der AfD in den vergangenen Monaten deutlich an
       Einfluss verloren, bei der Wahl zum Bundesvorstand im Dezember fiel er
       durch. Doch aus der AfD ist zu hören, dass er mit seinen Forderungen bei
       weitem nicht allein stehe.
       
       Gewichtiger ist die Meinung von Rüdiger Lucassen, Bundestagsabgeordneter
       und Landeschef in Nordrhein-Westfalen, einem der größten Landesverbände der
       AfD. Er fordert, dass der „Flügel“ aufgelöst wird. So steht es in einem
       Brief, den Lucassen im Namen des Landesvorstands an die beiden Parteichefs,
       Jörg Meuthen und Tino Chrupalla, geschickt hat. Diese und weitere Maßnahmen
       seien geeignet, „wieder Ruhe in unsere Partei einkehren zu lassen und die
       bereits begonnene Austrittswelle zu stoppen“. Lucassen fordert den
       Bundesvorstand zudem auf, Veranstaltungen und Auftritte des Flügels zu
       verbieten.
       
       „Der Flügel muss jetzt seine Strukturen offenlegen“, meint auch der
       Hamburger Fraktionschef Alexander Wolf. Wenn der Flügel dazu nicht bereit
       sei, müsse er sich zum Schutz der Partei auflösen, sagte Wolf dem
       Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wolf ist Beisitzer im Bundestag, wird am
       Freitag also auch nach Berlin kommen. Und dort auf Kalbitz treffen. Das
       dürfte interessant werden.
       
       Der Druck auf den Bundesvorstand, vor allem aber die Parteichefs ist groß.
       Doch sie haben sich nun eine Woche lang nicht geäußert. „Das klären wir
       zuerst intern“, sagt beispielsweise Chrupalla der taz. „So lange sage ich
       nichts.“
       
       ## Meuthens Name fehlt im Statement
       
       Am vergangenen Donnerstag, nach der Pressekonferenz von
       Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang, hatte die AfD-Bundestagsfraktion
       erst ein Pressestatement angesetzt, dann verschoben, schließlich wurde es
       abgesagt. Stattdessen schickte man Roland Hartwig vor, der die
       parteiinterne Arbeitsgruppe zum Verfassungsschutz leitet. In seinem
       schriftlichen Statement hieß es, Haldenwang verfolge „interessengeleitete
       Politikansätze“. Gegen die Einstufung werde man klagen. Das unterstützen
       wohl die meisten in der AfD. Doch zum „Flügel“ selbst kein Wort.
       
       Ganz unten stand, in kleiner Schrift: „Es unterstützen: Dr. Alice Weidel,
       Dr. Alexander Gauland und Tino Chrupalla“. Interessant ist, wer fehlt:
       Meuthen, der neben Chrupalla an der Spitze der AfD steht. Das heißt wohl:
       Man war sich nicht einig. Was auch das einwöchige Schweigen erklären würde.
       Und am Freitag wohl ausgetragen werden muss.
       
       Ob es dann aber Sanktionen gegen den „Flügel“ und seine Anführer Höcke und
       Kalbitz geben wird, ist offen. Zwar sehen deren Gegner derzeit ein Momentum
       für sich. Aber in den vergangenen Jahren hat sich die Bundesspitze nie
       mehrheitlich gegen den „Flügel“ gestellt. Denn dieser ist eben parteiintern
       extrem einflussreich.
       
       19 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
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