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       # taz.de -- Indien schließt wegen Corona die Grenzen: Indien macht dicht
       
       > Kein Bollywood mehr, Grenzen, Unis und Schulen dicht und eingeschränkte
       > Mobilität in Mumbai: Das 1,4-Millarden-Land Indien reagiert auf Corona.
       
   IMG Bild: Möglichst zuhause bleiben: Jammu in Indien am 20. März
       
       Mumbai taz | Alle Bollywood-Dreharbeiten wurden gestoppt, die
       Diamanten-Produktion eingestellt, auch die Behörden in Mumbai, Umgebung
       oder der Hauptstadt Delhi arbeiten mit reduziertem Personal. [1][Indien]
       macht dicht.
       
       Dass die Warnung vor Corona in der westindischen 20-Millionenstadt
       angekommen ist, sieht man nicht nur an den vielen Hinweispostern, die nun
       so gut wie alle Reklametafeln der Stadt bekleiden, oder den Menschen mit
       Masken oder Tüchern vor dem Mund. Nun soll möglichst die Mobilität in der
       Metropolregion eingeschränkt werden. Zuvor wurden in vielen Teilen des
       Landes Schulen, Universitäten, Kinos und Shoppingmalls bis mindestens 31.
       März geschlossen.
       
       So versucht die Regierung zu vermeiden, dass sich die Lungenkrankheit
       COVID-19 auch lokal verbreitet. Die Wirtschafts- und Finanzmetropole Mumbai
       hat derzeit ein Viertel der Betroffenen zu verzeichnen.
       
       Die Meisten über 200 bestätigten Coronafälle im Land wurden von
       international Reisenden eingeschleppt, die vor Ort Kontaktpersonen
       angesteckt haben. Damit sich das nicht weiterzieht, ist es seit Mittwoch
       Mitternacht Reisenden aus elf Staaten – inklusive Frankreich, Deutschland,
       Italien und Großbritannien – nicht mehr erlaubt, nach Indien zu kommen: Das
       gilt auch für indische Staatsbürger. Ab Sonntag wird die Maßnahme
       ausgeweitet: Für eine Woche werden alle internationalen Flüge ausgesetzt.
       
       ## Isolationsdatum auf die Hand gestempelt
       
       Die Behörden in Mumbai greifen zu ungewöhnlichen Mitteln. Sie stempeln
       derzeit allen, die Vorsichtsmaßnahmen befolgen sollen, mit nicht
       abwaschbarer Wahl-Tinte das Enddatum ihrer Selbst-Isolation auf die Hand.
       So konnten bisher schon mehrere Personen von unerlaubten Reisen
       zurückgeholt werden.
       
       Zudem wurden Hotels in Quarantäne-Stationen verwandelt, für diejenigen, die
       sich mehr Komfort beim Zeit-Absitzen leisten können und wollen. Dringend
       benötigte weitere Corona-Testzentren sollen unterdessen eingerichtet
       werden.
       
       Tausende InderInnen leben, arbeiten oder studieren außerhalb des Landes.
       Einige sitzen fest, andere – wie 26.000 ArbeiterInnen in den Golfstaaten –
       sollen nun schrittweise zurückgeholt werden. Für sie werden in Mumbai
       Quarantäne-Räumlichkeiten vorbereitet.
       
       Vor dem partiellen Lockdown hat Indien bereits über 1.000 Staatsbürger, die
       in Risikogebieten in China, Italien, Iran oder Singapur waren, in die
       Heimat zurückgebracht. Sie befinden sich in Quarantäne. Unter ihnen waren
       auch zahlreiche indische Muslime, die im Iran auf Pilgerreise waren.
       
       ## Ein „Tsunami von Coronafällen“?
       
       Aus indischen Behördenkreisen hieß es, man wolle in Indien lebenden
       AusländerInnen ermöglichen, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern und
       hoffe auf dasselbe für indische StaatsbürgerInnen, die derzeit nicht
       zurückkommen können. Laut indischem Außenministerium sind im Ausland über
       250 InderInnen mit dem Coronavirus infiziert – mehr als im Land selbst.
       
       Für das Schwellenland mit einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen
       stehen harte Zeiten bevor. Zuletzt war das Wirtschaftswachstum bereits
       stark zurückgegangen. Durch die Folgen von Corona werden massive
       Einschnitte erwartet. Schon jetzt sind viele Wirtschaftszweige
       angeschlagen.
       
       Experten warnen, dass das indische Gesundheitssystem nicht gut auf eine
       solche Situation vorbereitet ist. Der Epidemiologe Dr. Ramanan Laxminarayan
       schätzt, dass Indien der neue Coronahotspot sein könnte. Indien müsse sich
       auf einen Tsunami von Coronafällen vorbereiten, sagte er der BBC. 300
       Millionen Menschen könnten betroffen sein, vier Millionen schwer. Seit 20.
       März wurden knapp 14.000 Menschen in Indien getestet.
       
       Am Donnerstagabend hielt der indische Premier eine Rede über die aktuelle
       Lage. Er forderte BürgerInnen auf, wenn möglich das Haus nicht zu
       verlassen, aber dennoch Ruhe zu bewahren. Die Versorgung mit Lebensmitteln
       werde sichergestellt. Für Sonntag wurde eine Ausgangssperre verhängt.
       
       Zuvor wurden zahlreiche Touristenattraktionen wie das Taj Mahal
       geschlossen. Ein hinduistisches Megaevent zu Ehren des Gottes Ram in
       Nordindien wurde abgesagt. Auch im Nachbarland Sri Lanka wurde eine
       vorübergehende Ausgangssperre angeordnet.
       
       20 Mar 2020
       
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       erst spät ein.