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       # taz.de -- Insidergeschäfte von US-Republikanern: Reich werden mit Corona
       
       > Zwei SenatorInnen verkauften Millionen Aktien, bevor die Börse abstürzte.
       > Sie wussten, dass die USA nicht auf die Pandiemie vorbereitet waren.
       
   IMG Bild: Streitet ab, Insidergeschäfte mit Corona-Wissen getätigt zu haben: US-Senator Richard Burr
       
       New York taz | Millionen Beschäftigte in den USA haben infolge der
       Coronavirus-Pandemie schon jetzt ihre Arbeitsplätze verloren. Und die New
       Yorker Börse hat ihren tiefsten Absturz seit 2008 erlebt. Aber mindestens
       zwei Mitglieder des US-Senats haben mit massiven Aktienverkäufen –
       rechtzeitig vor dem Crash und direkt nachdem sie in Ausschüssen vertraulich
       von Geheimdiensten und Gesundheitsexperten der Regierung „gebrieft“ worden
       waren – ihre Schäfchen ins Trockene gebracht.
       
       Das geht aus Veröffentlichungen der Börsentransaktionen hervor, zu denen
       US-SenatorInnen verpflichtet sind. Während sie private Aktien, die seither
       rund die Hälfte ihres Wertes verloren haben, verkauften, versicherten die
       beiden republikanischen SenatorInnen gleichzeitig öffentlich, dass ihre
       Regierung alles im Griff habe und die USA „besser denn je“ auf das Virus
       vorbereitet seien. Die unabhängige Organisation „Center for Responsive
       Politics“ hat Beschwerden wegen des Verdachts auf Insidergeschäfte
       eingereicht.
       
       Der republikanische Senator Richard Burr aus North Carolina ist der
       Vorsitzende des Geheimdienstausschusses. Im Januar und Anfang Februar bekam
       er in dieser Eigenschaft mehrere vertrauliche Briefings, bei denen
       hochrangige Mitarbeiter der Geheimdienste den Senator vor den Gefahren des
       Virus für die USA warnten.
       
       Am 13. Februar stieß Burr Aktien im Wert von zwischen 600.000 und 1,6
       Millionen Dollar ab. Darunter auch Titel von Unternehmen der seither
       besonders hart von der Krise getroffenen Tourismus- und Hotelbranche.
       Öffentlich behauptete er allerdings – in einem [1][Meinungsbeitrag für
       FoxNews] am 7. Februar –, Donald Trump habe das Land darauf vorbereitet,
       jede beliebige Drohung für die öffentliche Gesundheit abzuwehren.
       
       ## Ausreden aller Art
       
       Aber gegenüber Unternehmern und Geldgebern aus seinem Bundesland North
       Carolina nannte er Ende Februar das Coronavirus „so schlimm wie die
       Grippe-Epidemie von 1918“. Auf einem [2][geheimen Mitschnitt der
       Versammlung], der dem US-Radiosender NPR zugespielt wurde, warnt der
       Senator vor „Reiseunterbrechungen, Schulschließungen und anderen
       Erschütterungen für das System“.
       
       Senatorin Kelly Loeffler aus Georgia war erst in ihrer dritten Amtswoche im
       Senat, als sie am 24. Januar an einer Sitzung des Gesundheitsauschusses
       über das Coronavirus teilnahm. Dort erfuhr sie aus dem Munde der
       Trump-Regierung, darunter Vertreter der Centers for Disease Control and
       Prevention und der Immunologe Anthony Fauci, der das National Institute of
       Allergy and Infectious Diseases leitet, [3][wie unzureichend die USA auf
       das Virus vorbereitet sind].
       
       In den folgenden zwei Wochen stießen sie und ihr Ehemann Aktien im Wert von
       bis zu 3,1 Millionen US-Dollar ab. Zu den Aktien, die Loeffler in jenen
       Tagen stattdessen kauften, gehörten auch solche von Unternehmen wie Citrix,
       die Software für Homeoffices anbieten.
       
       Seit das Center for Responsive Politics und verschiedene Medien die
       verdächtigen Aktiengeschäfte zwischen Briefing und Crash enthüllt haben,
       versuchen die beiden SenatorInnen sich auf unterschiedliche Art
       herauszureden. Burr macht geltend, dass er seine Aktienentscheidung
       aufgrund öffentlich zugänglicher Medienberichte über Einbrüche an den
       asiatischen Märkten gefällt habe. Er habe seine Verkäufe unabhängig von
       vertraulichen Informationen getätigt, die er als Vorsitzender des
       Geheimdienstausschusses erhalten habe. Burr verlangt selbst eine
       Untersuchung des Ethik-Ausschuss über den Vorgang.
       
       ## Profite mit dem Leid anderer
       
       Loeffler sprach in einem wütenden Tweet von einer „lächerlichen und
       grundlosen Attacke“. Sie kam Anfang Januar als Nachrückerin und zugleich
       wohlhabendste Senatorin in die Kammer. Ihr Ehemann ist der Chef der New
       Yorker Börse. Das Vermögen der beiden wird auf 500 Millionen Dollar
       geschätzt.
       
       Direkt nach der Sitzung des Gesundheitsausschusses lobte sie den
       „großartigen Job“, den der US-Präsident erledige, um die US-Amerikaner
       „gesund und sicher“ zu halten. Zur Verteidigung ihrer privaten
       Börsen-Transaktionen erklärte sie, dass sie nicht selbst über ihr Portfolio
       entscheide, sondern professionelle Berater, die sich weder mit ihr noch mit
       ihrem Mann absprächen. Sie selbst habe erst drei Wochen später von den
       Transaktionen erfahren.
       
       Als Burr, Loeffler und weitere SenatorInnen, darunter die kalifornische
       Demokratin Dianne Feinstein, Aktien an der Börse abstießen, behauptete
       Trump noch, es gäbe genügend Virus-Tests und genügend Material in den
       Krankenhäusern, um das Virus erfolgreich zu bekämpfen. Inzwischen sind die
       zahlreichen Mängel des Systems offensichtlich.
       
       Abgeordnete beider Parteien verlangen jetzt, dass die beiden SenatorInnen
       zurücktreten. „Die Leute verlieren ihre Jobs, ihre Geschäfte, ihre
       Wohnungen und ihr Leben“, klagt der republikanische Abgeordnete Doug
       Collins aus Georgia über die spekulierende Senatorin aus seiner Partei,
       „und Kelly Loeffler macht Profite mit ihrem Leid.“
       
       21 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.foxnews.com/opinion/coronavirus-prevention-steps-the-u-s-government-is-taking-to-protect-you-sen-alexander-and-sen-burr
   DIR [2] https://www.npr.org/2020/03/19/818192535/burr-recording-sparks-questions-about-private-comments-on-covid-19?t=1584783022052
   DIR [3] /Coronavirus-in-den-USA/!5670277
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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