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       # taz.de -- Hilfe für Obdachlose in Corona-Zeiten: Hamburg soll Hotels öffnen
       
       > London bringt Obdachlose in Hotels unter, Hilfsorganisationen fordern das
       > für Hamburg. Vor allem fehle in der Stadt aber eine Koordinierung der
       > Hilfe.
       
   IMG Bild: Ein Zaun für Spenden: Wurde jetzt auch in Hamburg-Eimsbüttel organisiert
       
       Hamburg taz | Hamburg sollte sich an London oder [1][an Berlin ein Beispiel
       nehmen]. Das fordern Mitarbeiter*innen von Hilfseinrichtungen wie
       Christiane Hartkopf. Sie leitet die Alimaus, eine Tagesstätte für
       obdachlose Menschen unweit der Hamburger Reeperbahn. Londons Bürgermeister
       Sadiq Khan gab am Wochenende bekannt, dass die britische Hauptstadt als
       Schutzmaßnahme vor dem Coronavirus [2][für zwölf Wochen rund 300 Zimmer in
       zwei Hotels angemietet] habe. Auch Berlin beschloss am Dienstag, 350 neue
       Übernachtungsplätze zur Verfügung zu stellen, 200 davon in einer
       Jugendherberge.
       
       Für Hartkopf wäre das auch für Hamburg „die Lösung für das super akute
       Problem. Die Leute könnten sich waschen, duschen und könnten versorgt
       werden.“ Die sozialpolitische Sprecherin der Linken, Cansu Özdemir, erhob
       am Dienstag ebenfalls diese Forderung. „Hamburg sollte obdachlosen
       Menschen in der derzeitigen Gefahrenlage Schutz und Zugang zu häuslicher
       Isolation und Hygiene geben“, sagte sie.
       
       Sonst servieren in der [3][Alimaus] vor allem Ehrenamtliche den Bedürftigen
       montags bis samstags Frühstück und warme Mahlzeiten. Jetzt ist die
       Einrichtung zu. So wie alle Tagesaufenthaltsstätten der Stadt und viele
       weitere Hilfseinrichtungen. In der Alimaus bereiten nun drei Ehrenamtliche
       morgens rund 100 Lunchpakete zu. Mit dem [4][Kältebus], der nachts nicht
       mehr fährt, verteilen zwei weitere Helfer*innen das Essen.
       
       „Wir haben keine feste Route, keine festen Plätze und Uhrzeiten, denn wir
       wollen unbedingt Schlangestehen und Menschentrauben verhindern, darum
       kreist der Bus in der Stadt herum“, sagt Hartkopf. Es gehe auch darum, die
       Hilfesuchenden, von denen sehr viele zur Risikogruppe gehörten, nicht in
       potenziell gefährliche Situationen zu bringen.
       
       ## Obdachlose meiden gewohnte Plätze
       
       „Ein Problem ist aber, dass viele Plätze, an denen sich die Menschen sonst
       aufhalten, jetzt leer sind“, sagt Hartkopf. „Die Menschen verstecken sich,
       auch weil es Gerüchte gibt, dass die Stadt sie einsammeln und unter
       Zwangsquarantäne stellen will. Da ist nichts dran, aber so was verbreitet
       sich schnell, und die Menschen auf der Straße haben einfach Angst.“ Von der
       Sozialbehörde erwartet sie, dass sie „verantwortlich steuert und
       organisiert und dafür sorgt, dass das Risiko nicht auf die ehrenamtlichen
       Helfer übergeht. Die Stadt muss sich um die Grundbedürfnisse kümmern: um
       Essen, Kleidung, Duschen.“
       
       Das aber ist schon in Nicht-Corona-Zeiten schwierig. Die Duschen am
       Hauptbahnhof, die vor Monaten wegen Überfüllung geschlossen wurden, sind
       nur ein Beispiel. Eingesprungen ist in diesem Fall die [5][Hilfsinitiative
       Gobanyo,] die mit einem zum Waschhaus umgebauten Linienbus durch die Stadt
       gefahren ist – bis Corona kam. Die Gobanyo-Leute haben am Sonntag gemeinsam
       mit anderen Helfer*innen eine [6][Petition an die Stadt Hamburg gestartet],
       die die sofortige dezentrale Unterbringung von Obdachlosen fordert. Bis
       Dienstagnachmittag haben bereits mehr als 10.300 Menschen unterschrieben.
       Bisher habe die Sozialbehörde nicht auf Vorschläge und Forderungen
       reagiert. Auch auf Nachfragen der taz reagierte sie bis Redaktionsschluss
       nicht.
       
       ## Straßenmagazin fordert koordinierte Hilfe
       
       „Es ist jetzt extrem wichtig, dass es jemanden gibt, der sagt, was richtig
       und was falsch ist“, sagt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer vom Hamburger
       Straßenmagazin [7][Hinz&Kunzt]. Ohne eine solche zentrale
       Corona-Koordinierungsstelle für Menschen ohne Obdach, in der auch etwa
       Experten vom Katastrophenschutz und Virologen sitzen sollten, könne man
       eigentlich nicht weitermachen. „Unsere Sorge ist nicht so sehr, dass wir
       uns infizieren, sondern dass wir die Obdachlosen anstecken, weil wir etwas
       falsch machen“, sagt Karrenbauer. [8][Darum hätten sie auch den Verkauf des
       Magazins eingestellt].
       
       Unterdessen organisieren immer mehr freiwillige Helfer*innen Unterstützung.
       Im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel ist der hohe Zaun um einen Bolzplatz zum
       „Gabenzaun“ umfunktioniert worden, an den Lebensmittel, Hygieneartikel oder
       Kleidung in Plastiktüten stecken und hinhängen soll, wer spenden mag. In
       der Kiezkneipe „Elbschlosskeller“, die wie alle anderen Kneipen schließen
       musste, haben sie eine Suppenküche und Kleiderkammer für Obdachlose
       eingerichtet.
       
       25 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Landesregierung-weitet-Hilfe-aus/!5670637/
   DIR [2] https://www.london.gov.uk/press-releases/mayoral/rough-sleepers-to-be-offered-hotel-beds-to-isolate
   DIR [3] /Raeumung-geplant/!5040064
   DIR [4] /Kaeltebus-Fahrer-ueber-seine-Erlebnisse/!5561043
   DIR [5] https://gobanyo.org/
   DIR [6] https://www.change.org/p/stadt-hamburg-sofortige-dezentrale-unterbringung-aller-obdachlosen
   DIR [7] https://www.hinzundkunzt.de/
   DIR [8] https://www.hinzundkunzt.de/wir-stoppen-den-zeitungsverkauf/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ilka Kreutzträger
       
       ## TAGS
       
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