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       # taz.de -- Bundestag stimmt für Milliardenhilfen: Ja zu Corona-Hilfspaket
       
       > Mit großer Mehrheit stimmt der Bundestag für das gigantische
       > Coronahilfspaket. Die Debatte zuvor war besonders – nicht nur aus
       > inhaltlicher Sicht.
       
   IMG Bild: Besonderer Moment im Bundestag: Die Abgeordneten applaudieren den Helfern in der Coronakrise
       
       BERLIN taz |Zum Beispiel Katja Kipping. Die Parteichefin der Linken sitzt
       am Mittwochmorgen im Plenarsaal des Bundestages, um die gerade laufende
       Debatte zur Coronakrise zu verfolgen. In normalen Zeiten ist das nicht
       weiter erwähnenswert. Doch diese Zeiten sind nicht normal, was sich
       exemplarisch an Kipping zeigt. Die Linken-Abgeordnete hat sich einen großen
       hellgrauen Schal vor Mund und Nase gebunden, nur noch ihre Augen sind zu
       sehen. Eine Abgeordnete mit Mundschutz – das ist nur ein Beispiel, wie auch
       im Bundestag während einer grassierenden Virusepidemie vieles ungewohnt
       ist.
       
       Am Mittwoch sind die Abgeordneten also zur einzigen Plenarsitzung dieser
       Sitzungswoche zusammengekommen, um über einen Strauß von Gesetzesvorhaben
       zu entscheiden, der zur Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen
       der Coronakrise dienen soll. Zu Beginn der Debatte spricht Vizekanzler Olaf
       Scholz (SPD) – er vertritt die in häuslicher Quarantäne weilende Kanzlerin
       Angela Merkel, der er zunächst „herzliche Grüße ans Homeoffice“
       übermittelt, was vom Plenum mit Applaus belohnt wird.
       
       Dann wirbt Scholz für das [1][riesige Coronahilfspaket in Höhe von 750
       Milliarden Euro]. Dafür müsse der Bundestag einem Nachtragshaushalt über
       156 Milliarden Euro zustimmen: „Das ist eine gigantische Summe“, räumt der
       Finanzminister ein, nahezu die Hälfte eines regulären jährlichen
       Bundeshaushalts. Aber: „Wir können uns das leisten“, sagt er. Er nennt
       unter anderem die Gesundheitsversorgung und den Lebensunterhalt der Bürger,
       die zu sichern seien.
       
       Nach jedem Redner wird der Pult desinfiziert 
       
       „Vor uns liegen harte Wochen.“ Sie seien zu bewältigen, „wenn wir
       solidarisch sind“, sagt Scholz. Dass der SPD-Minister sich derart für ein
       Paket ausspricht, das den lange gepflegten Fetisch der schwarzen Null im
       Bundeshaushalt passé macht, ist ein weiteres Zeichen für den Ernst der
       Lage.
       
       Während der knapp zweistündigen Debatte kommt eine Mitarbeiterin des
       Bundestages nach jedem erfolgten Redebeitrag zum Pult gelaufen, um dieses
       mit mehreren Sprühstößen Desinfektionsspray sauber zu machen. [2][Neben den
       zwei Sesseln Abstand zwischen den Abgeordneten] ist das eine weitere
       Vorsichtsmaßnahme, um das Hohe Haus vor der Virusausbreitung zu schützen.
       
       Eine zweite Auffälligkeit: Der leise Ton der Opposition. So kündigt
       Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt an, dass ihre Fraktion „aus
       voller Überzeugung“ für die Aussetzung der Schuldenbremse stimmen werde.
       „In dieser Zeit steht Kooperation vor Konkurrenz.“ Zugleich lobt sie die
       Solidarität, die zurzeit nicht nur in ihrer thüringischen Heimat zu
       beobachten sei.
       
       Amira Mohamed Ali, die Chefin der Linksfraktion, hält das Hilfspaket für
       grundsätzlich richtig. Sie fordert aber unter anderem einen Zuschlag von
       500 Euro im Monat als Krisenzulage für Beschäftigte in „systemrelevanten
       Berufen“. Es könne nicht sein, dass Pflegerinnen und Pfleger „weiter zu
       Hungerlöhnen arbeiten“.
       
       Die AfD will „weitgehend“ zustimmen – und enthält sich 
       
       Ungewöhnliche Töne kommen an diesem Morgen von FDP-Chef Christian Lindner,
       der bislang als alles andere als ein Verfechter eines starken Staats
       aufgefallen ist: „Jetzt ist die Stunde des Staats“, sagt er. Und ja, selbst
       die AfD gibt sich in dieser Krise etwas gesitteter. Zwar wirft
       Fraktionschef Alexander Gauland der Bundesregierung vor, nicht genug für
       diese Notlage vorgesorgt zu haben, doch werde die AfD dem Maßnahmenpaket
       „weitgehend“ zustimmen. Tatsächlich enthält sich die AfD kurz darauf.
       
       Eine breite Mehrheit der Abgeordneten stimmt hingegen zu.
       
       25 Mar 2020
       
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