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       # taz.de -- Fußballprofis trainieren trotz Corona: Geduldete Grüppchen
       
       > In der Bundesliga bereitet man sich auf die Fortsetzung des Spielbetriebs
       > vor. Fast überall wird wieder trainiert. Die Behörden haben nichts
       > dagegen.
       
   IMG Bild: Immer schön Abstand halten: Jérôme Boateng und Thomas Müller trainieren wieder
       
       BERLIN taz | Nachdem sich die Fußballwelt an den Stillstand gewöhnt hat,
       erwacht die Sehnsucht nach dem Hochfahren der Systeme wieder. Auch wenn die
       Deutsche Fußballliga DFL in der vergangenen Woche beschlossen hat, den
       Spielbetrieb in den beiden Bundesligen bis zum Ende des Monats ruhen zu
       lassen, so hat sie doch unmissverständlich klargemacht, dass sie gewillt
       ist, [1][die Saison zu Ende spielen zu lassen]. Das Leben soll weitergehen
       und für Fußballer ist eben Fußball das Leben. Am Montag nun gab es so etwas
       wie einen offiziellen Trainingsauftakt nach der Coronakrise.
       
       Nachdem fünf Teams schon in der Vorwoche oder noch früher wieder mit
       gemeinsamen Trainingseinheiten begonnen haben, wurden die Spieler von acht
       Mannschaften an diesem Montag zum Training gerufen. Darunter ist auch die
       des FC Bayern München. Die Zeit des Cybertrainigs, wie man es beim
       deutschen Rekordmeister genannt hat, ist also vorbei. Das mag schade
       finden, wer die gewollt witzigen Trainingsvideos der Profis aus Gärten,
       Wintergärten, privaten Folterkammern oder großen, leeren Räumen in den
       Häusern der Spieler unterhaltsam gefunden hat.
       
       Jetzt müssen die Spieler wieder zum Trainingsgelände an der Säbener Straße.
       Aber nicht einfach so. Die Sportpostille Kicker berichtet von den
       besonderen Umständen der Übungseinheiten in Coronazeiten. Demnach sollen
       die Profis grüppchenweise zum Trainingsgelände kommen, wo sie nacheinander
       in der Tiefgarage abgeholt werden. Dann werden sie in die verschiedene
       Kabinen gebracht und trainieren auf mehreren Plätzen auf der Anlage
       verteilt. Duschen und essen sollen die Stars danach zu Hause. In Absprache
       mit den Gesundheitsbehörden ist man in München zu dieser Vorgehensweise
       gekommen.
       
       Aus Frankfurt, wo die Mannschaft schon seit Ende der vergangenen Woche
       wieder trainiert, wird Ähnliches berichtet. Auch dort sind neue Kabinen
       eingerichtet worden, sodass sich nie mehr als vier Spieler zusammen in
       einem Raum aufhalten. Noch länger läuft schon das Training beim FC
       Augsburg. Der neue Trainer des Klubs, Heiko Herrlich, der vor der
       coronabedingten Unterbrechung des Spielbetriebs angeheuert worden ist und
       noch keine Partie gecoacht hat, bat die Profis schon am 23. März wieder zum
       Training.
       
       Diese arg frühe Rückkehr auf den Trainingsplatz sorgte für Kritik. Herrlich
       meinte dazu in der Augsburger Allgemeinen Zeitung nur: „Jeder Fußballer
       möchte doch den Ball am Fuß haben und den Rasen spüren.“ Andere Klubs wie
       der FC Schalke 04 oder Borussia Dortmund folgten den Augsburgern bald und
       in der Liga wurde schnell über Wettbewerbsverzerrung diskutiert.
       
       ## Bremer Sonderwewg
       
       Die DFL reagierte darauf mit der Bildung einer „Task Force
       Sportmedizin/Sonderspielbetrieb“. Die Kommission hat unter der Leitung von
       Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer ihre Arbeit aufgenommen. Die besteht
       unter anderem darin, „spezielle Abläufe bei der Spiel- und
       Trainingsorganisation zu definieren und in einem Leitfaden einheitlich
       festzuschreiben“. Die Gesundheitsbehörden legten den Bundesligisten dabei
       in den meisten Fällen grundsätzlich keine Steine in den Weg. Nur in Bremen
       tat sich Innensenator Ulrich Mäurer schwer, dem SV Werder das Training zu
       erlauben. Eine endgültige Entscheidung erwarten die Bremer noch Anfang
       dieser Woche und [2][beklagen auf ihrer Website] einen möglichen
       Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Konkurrenten.
       
       Immerhin geht es den Bremer Profis nicht anders als den meisten
       Freizeitsportlern der Republik, die seit Wochen nicht in den abgeriegelten
       Sporthallen und -anlagen trainieren können.
       
       Warum die Profis in dieser Hinsicht anders behandelt werden als die
       sporttreibende Bevölkerung, begründet Norbert Dahmen (CDU), der
       Ordnungsdezernent der Stadt Dortmund, so: „Wenn Marco Reus, Axel Witsel
       oder Roman Bürki durch Dortmund joggen, erregt das zu große
       Aufmerksamkeit.“ Dazu erklärte er: „Das Gesundheitsministerium von NRW hat
       in einem Schreiben klargestellt, dass Profisportler einen Beruf haben und
       dass sie in ihrer Berufsausübung nicht beschränkt werden dürfen.“ Wie die
       DFL geht der Ordnungsdezernent davon aus, dass eine Sonderbehandlung des
       Profisports gerechtfertigt ist.
       
       Ob eine solche Extrawurst wirklich gesellschaftlich akzeptiert wird, bleibt
       abzuwarten. Sie wäre jedenfalls eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme
       des Spielbetriebs in der Bundesliga. Das zumindest meinte der Virologe
       Alexander Kekulé im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF am vergangenen
       Wochenende. Man müsse „eine Art spezielle Blase für die Fußballspieler“
       schaffen, sagte er, um zumindest Geisterspiele zu ermöglichen.
       
       Die Spieler müssten weitgehend isoliert leben und sich regelmäßig Tests
       unterziehen. „Machbar ist natürlich alles“, meinte er, „aber man muss immer
       überlegen, wie man den Menschen erklärt, dass der Fußball so eine
       Spezialbehandlung bekommt.“ [3][Sportveranstaltungen vor Publikum] hält er
       in diesem Jahr nicht mehr für möglich.
       
       6 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fussball-ohne-Coronaplan/!5675849
   DIR [2] https://www.werder.de/aktuell/news/profis/20192020/training-individuell-06042020/
   DIR [3] /Unertraegliche-Geisterspiele/!5668399
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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