# taz.de -- Podcast „Realitäter*innen“: Inklusiv, aber nicht insiderisch
> Die DJs der feministischen Partyreihe hoe_mies machen jetzt auch einen
> Podcast. Mit Themen und Gästen abseits der Mehrheitsgesellschaft.
IMG Bild: Gizem Adiyaman und Lucia Luciano sind DJs, Veranstalterinnen und Podcasterinnen
Die Podcast-Szene boomt. Gefühlt kommen jeden Tag neue Formate auf den
Markt. Wer behält da den Überblick? Wir helfen
Von der inklusiven HipHop-Party zum woken Podcast. Das DJ-Duo Gizem
Adiyaman und Lúcia Luciano veranstaltet seit knapp zwei Jahren [1][Hoe_mies
– eine HipHop-Partyreihe für Frauen* und queere People of Color]. Und jetzt
kann man den beiden auch jeden zweiten Donnerstag beim Diskutieren zuhören.
In Realitäter*innen geht es um „Themen und Identitäten abseits der
Mehrheitsgesellschaft“, wie es im Teaser heißt. Statt zwei weißen labernden
Männern kommen hier beispielsweise queere oder von Rassismus betroffene
Menschen zu Wort.
In der aktuellen Folge diskutieren die Realität*innen über Hanau und warum
Rassismus uns alle betrifft. Zu Gast sind die Journalistin Ferda Ataman und
[2][Mouctar Bah], der seit Jahren für die Aufklärung im Fall Oury Jalloh
kämpft. So erzählt er, wie er Hitler-Devotionalien auf dem Schreibtisch
eines Kollegen der Polizist:innen entdeckt, in deren Obhut sich Oury Jalloh
angeblich selbst angezündet haben soll. Das „zieht einen runter“, sagt Bah.
Und er hat recht.
Jetzt kann man behaupten, dass ein Podcast, in dem Menschen mit
vermeintlich ähnlicher Meinung diskutieren und der im Zweifel nur von
Menschen gehört wird, die ohnehin schon wissen, worum es geht, kaum
Mehrwert bietet. Doch diesen Vorwurf müssen sich die Hoe__mies nicht
gefallen lassen. Die beiden legen Wert darauf, dass Realitäter*innen nicht
zu einem Insider-Podcast verkommt, den nur diskurssichere Zuhörer:innen
verstehen. Abstrakte Begriffe wie Fetischisierung erklären die
Moderatorinnen, fremdsprachige Worte werden übersetzt. So nimmt der Talk
auch die mit, die sich mit den besprochenen Themen noch nicht intensiv
auseinandergesetzt haben.
Nein, Realitäter*innen ist kein profaner Laber-Podcast, und die neueste
Folge ist für quarantänegeplagte Gemüter nur schwer verdaulich. Trotzdem
sollte man sich gerade diese Folge genau jetzt anhören. Denn viel zu
schnell, so scheint es, rückt das Gedenken an Hanau in den Hintergrund. Und
damit das Bewusstsein, [3][dass diese Morde eben keine Einzelfälle waren],
sondern in einer Reihe stehen mit dem Fall Jalloh und allen anderen
rassistisch motivierten Morden in Deutschland.
31 Mar 2020
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Patrick Wagner
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