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       # taz.de -- Regionale Stichwahlen in Bayern: CSU holt Nürnberg und Augsburg
       
       > Zwei Wochen nach dem ersten Wahlgang konnten CSU, Freie Wähler und die
       > SPD in den Stichwahlen punkten. Nur die Grünen gingen fast leer aus.
       
   IMG Bild: Die Bayrische Kommunalwahl als komplette Briefwahl, Hier die Auszählung in München
       
       München taz | Dass es eine historische Wahl werden würde, das stand schon
       vorher fest: die erste bayerische Wahl ganz ohne Wahllokale. Die kommunalen
       Stichwahlen in Bayern fanden wegen der [1][andauernden Coronapandemie]
       ausschließlich per Brief statt. Zumindest der Wahlbeteiligung tat das
       offenbar gut, sie war vielerorts höher als im ersten Wahlgang vor zwei
       Wochen. Rund 750 mal war eine Stichwahl nötig geworden, auch 18 Landräte
       und 16 Oberbürgermeister von kreisfreien Städten wurden erst an diesem
       Sonntag bestimmt. Überall dort eben, wo am 14. März keiner der Kandidaten
       eine absolute Mehrheit der Stimmen erringen konnte.
       
       Freuen konnte sich vor allem die CSU, aber auch Freie Wähler und SPD
       konnten einige Erfolge verzeichnen – zum Teil durchaus überraschende. „CSU
       kann Großstadt“, konstatierte Markus Söder per Twitter, als die Ergebnisse
       aus Nürnberg und Augsburg vorlagen. In beiden Städten machte seine Partei
       das Rennen.
       
       Besondere Genugtuung dürfte es dem Ministerpräsidenten aus Nürnberg
       verschaffen, dass nun in seiner Heimatstadt ein Christsozialer auf dem
       OB-Sessel Platz nehmen darf: Marcus König setzte sich mit 52,2 Prozent der
       Stimmen gegen den SPD-Mann Thorsten Brehm durch. Dessen beliebter
       Parteifreund Ulrich Maly war nicht mehr angetreten. Damit wird die
       SPD-Hochburg Nürnberg zum zweiten Mal in ihrer Nachkriegsgeschichte von
       einem CSUler regiert. Zwischen 1996 und 2002 hatte es schon einmal ein
       christsoziales Intermezzo gegeben.
       
       In Augsburg, Bayerns drittgrößter Stadt, war die Sache etwas weniger
       überraschend. Dort hatte mit Kurt Gribl bereits bisher ein CSU-Mann
       regiert. Nachdem dieser nicht mehr antreten wollte, galt wiederum die
       CSU-Kandidatin Eva Weber als klare Favoritin. Die 42-Jährige setzte sich in
       der Stichwahl mit 62,3 Prozent gegen den SPD-Bewerber Dirk Wurm durch.
       
       ## Gibt es einen „Corona-Bonus“?
       
       Die CSU-Spitze gibt sich deshalb – wie schon vor zwei Wochen – recht
       zufrieden mit dem Gesamtergebnis der Wahlen. Dass sie in den
       Kommunalparlamenten landesweit dagegen nur auf 34,5 Prozent gegenüber knapp
       40 Prozent vor sechs Jahren kam, lässt sie geflissentlich unter den Tisch
       fallen.
       
       Wenig überraschend war das Ergebnis in der SPD-Hochburg München. Hier hatte
       die CSU-Kandidatin Kristina Frank den Amtsinhaber Dieter Reiter in die
       Stichwahl gezwungen. Doch diese entschied er nun mit rund 70 Prozent der
       Stimmen klar für sich. Das Endergebnis liegt aber noch nicht vor. Was
       feststeht: Seine Koalition mit der CSU wird er nicht mehr fortsetzen
       können. Die SPD hatte vor zwei Wochen stark Federn gelassen und stellt im
       Stadtrat der Landeshauptstadt nach Grünen und CSU nur noch die
       drittstärkste Fraktion.
       
       Reiter hatte in den vergangenen zwei Wochen überhaupt keinen Wahlkampf mehr
       gemacht und sich ganz darauf konzentriert, sich als Retter in der
       Corona-Krise zu inszenieren. Eine Lokalzeitung, die beiden Kandidaten vor
       der Stichwahl je drei Fragen stellen wollte, ließ er abblitzen: Er halte es
       für unangemessen sich während der Krise parteipolitisch zu äußern.
       
       Nicht alle Amtsinhaber konnten ihren Bonus solchermaßen ausspielen. So
       musste in Ingolstadt der CSU-Oberbürgermeister seinen Job an den
       SPD-Herausforderer abgeben, in Kulmbach war es nicht anders, und in Hof war
       es eine SPD-Frau, die den regierenden OB von der CSU aus dem Amt drängte.
       Die Bayreuther Oberbürgermeisterin, die für eine örtliche
       Wählergemeinschaft antrat, musste sich dem CSU-Herausforderer geschlagen
       geben, ebenso wie die parteilose Amtsinhaberin in Ansbach.
       
       ## Klatsche für die Grünen
       
       In einigen Kommunen wurde mit der Auszählung der Stimmen indes erst am
       Montag begonnen. Mit Spannung wird vor allem das Ergebnis in Regensburg
       erwartet, wo die Stichwahl das Rennen zwischen den beiden Bewerberinnen von
       CSU und SPD entscheidet.
       
       Herb war der Wahlabend vor allem für die Grünen. Während die Partei bei den
       Wahlen zu den Stadt- und Gemeinderäten vor zwei Wochen die große Gewinnerin
       war, ihren landesweiten Stimmanteil von rund 10 auf über 17 Prozent erhöhen
       konnte und zweitstärkste Kraft wurde, hatte sie schon damals bei den Rennen
       um Bürgermeister- und Landratsposten [2][meist das Nachsehen].
       
       In München war die Grünen-Kandidatin Katrin Habenschaden entgegen allen
       Erwartungen noch nicht einmal in die Stichwahl eingezogen, in Nürnberg
       schnitt die dortige Kandidatin noch deutlich schlechter ab, und unterm
       Strich stellen die Grünen nun sogar weniger Kommunalregenten als vor der
       Wahl. Das ausgegebene Ziel war gewesen, die Zahl der Bürgermeister- und
       Landratsposten zu verdoppeln und mindestens eine Oberbürgermeisterin zu
       stellen.
       
       In den Stichwahlen am Sontag ging es für die Grünen nun noch um sieben
       Landratsposten, vier Oberbürgermeister- und 15 Bürgermeistersessel. Mit
       einer Ausnahme verloren sie jedoch alle dieser Stichwahlen. So musste sich
       die ehemalige Parteichefin Sigi Hagl in Landshut dem amtierenden
       Oberbürgermeister Alexander Putz von der FDP geschlagen geben. Und Martina
       Neubauer, die sich im Landkreis Starnberg gute Chancen ausgerechnet hatte,
       schaffte es ebenfalls nicht ins Landratsamt. In Grafing und Lauf an der
       Pegnitz mussten sogar amtierende grüne Bürgermeister ihr Büro räumen.
       
       Die wohl krachendste Niederlage am Sontagabend kassierte Wolfgang Rzehak,
       [3][grüner Landrat von Miesbach] und bis dato in Bayern einer der beiden
       einzigen Grünen in diesem Amt. Doch obwohl Amtsinhaber unterlag er dem
       bisherigen Holzkirchner Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) mit nicht einmal
       35 Prozent der Stimmen in der Stichwahl.
       
       Rzehak war vor sechs Jahren ins Amt gekommen, nachdem der damalige
       Amtsinhaber Jakob Kreidl nach einem Skandal selbst von seiner CSU nicht
       mehr mit getragen wurde. „Ich denke, dass klar ist, dass wir Grüne den
       Landkreis Miesbach nicht gepachtet haben“, meinte Eva Lettenbauer, die
       Landeschefin der Grünen, am Sontagabend schlicht zu der Niederlage.
       
       Allein Susanna Tausendfreund, die Bürgermeisterin von Pullach, setzte sich
       gegen ihre CSU-Herausforderin durch. Sie ist nun die einzige verbliebene
       grüne Bürgermeisterin Bayerns. Im ersten Wahlgang hatten es zudem neun
       männliche Parteifreunde in die Bürgermeistersessel kleinerer Gemeinden
       geschafft. Außerdem bleibt Jens Marco Scherf Landrat im unterfränkischen
       Miltenberg.
       
       30 Mar 2020
       
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