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       # taz.de -- ELN-Rebellen in Kolumbien: Corona schafft Waffenstillstand
       
       > Die verbliebene Guerilla ELN verkündet wegen Corona einen
       > Waffenstillstand. Besonders gefährdet durch die Pandemie sind
       > Vertriebene.
       
   IMG Bild: Wollen wegen Corona einen Waffenstillstand: Rebellen der ELN (Foto von 2018)
       
       Bogotá taz | Die größte verbliebene Guerilla Kolumbiens ELN (Nationale
       Befreiungsarmee) legt wegen der Coronavirus-Epidemie die Waffen nieder. Der
       einseitige Waffenstillstand soll vom 1. bis 30. April gelten. Die ELN
       behält sich jedoch vor, sich bei Angriffen des Staates und anderer
       bewaffneter Gruppen zu verteidigen.
       
       Gleichzeitig kritisierte die ELN die Maßnahmen der Regierung gegen die
       Ausbreitung der Pandemie: Quarantänen bedeuteten für den informellen
       Sektor, also etwa 60 Prozent der Arbeiter*innen, ein tödliches Dilemma: „zu
       Hause bleiben, damit sie sich nicht anstecken, doch wenn sie nicht arbeiten
       gehen, verhungern sie“.
       
       Die Rebellengruppe forderte unter anderem ein Ende der humanitären Krise in
       den Gefängnissen, Gratis-Tests und -Hygienematerial gegen die Ausbreitung
       der Pandemie, staatliche Gesundheitsversorgung für alle und einen
       Sonderfonds, um arme Familien in Zeiten der Coronakrise zu unterstützen.
       Die Finanzbranche, Großindustriellen und multinationalen Firmen sollten
       diese finanzieren. Und sie forderte die Regierung auf, sich mit der
       ELN-Delegation in Havanna zu erneuten Friedensgespräche zu treffen.
       Präsident Duque hatte diese [1][nach dem Attentat auf eine Polizei-Schule
       in Bogotá im Januar 2019 abgebrochen].
       
       Die Friedenskommission des kolumbianischen Senats forderte am Montag alle
       anderen bewaffneten Gruppen auf, sich dem Waffenstillstand anzuschließen –
       [2][Farc-Dissidenten], Paramilitärs, kriminelle Banden und andere. Damit
       sich die Sicherheitskräfte auf die Prävention des Coronavirus konzentrieren
       könnten.
       
       ## Vertriebene besonders gefährdet durch Corona
       
       Auch das medizinische Personal müsse sich problemlos im Land bewegen
       können: „Das ganze Land muss sich jetzt im Kampf gegen diese Gefahr
       vereinigen. Das Virus ist unser gemeinsamer Feind, hören wir auf, uns
       gegenseitig zu töten.“ Wenn andere dem Beispiel der ELN folgten, könnten
       diese Gesten des Friedens einen fruchtbaren Boden für die Schaffung eines
       vollständigen Friedens bereiten.
       
       Mehrere Sozialorganisationen sowie die Indigenen-Organisation ONIC hatten
       angeprangert, dass bewaffnete Gruppen die Quarantäne ausnutzten, um
       verstärkt soziale Führungspersönlichkeiten wie Menschenrechtsaktivisten in
       ihren Häusern zu ermorden.
       
       Wie wichtig der Waffenstillstand zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie
       ist, zeigt auch die Region Chocó. Im Gemeindegebiet von Alto Baudó wurden
       im März etwa 2.000 Afrokolumbianer*innen und Indigene aus ihren Dörfen
       vertrieben. ELN-Guerilla und Golfclan kämpfen dort um die Kokain-Routen zum
       Pazifik.
       
       Die Vertriebenen hausen nun in einer Sportanlage in einem Ortsteil, der
       selbst nur etwa 1.600 Einwohner*innen hat. „Wenn das Coronavirus kommt, ist
       es aus mit uns“, sagte Ulises Palacios, Bürgermeister von Alto Baudó, der
       Zeitschrift [3][Semana Rural].
       
       Der Chocó gehört zu den ärmsten Regionen Kolumbiens. 80 Prozent der
       Bevölkerung haben nur sporadisch Wasser. An das obligatorische
       Händewaschen, um Ansteckung zu vermeiden, ist nicht zu denken. Auf 100.000
       Einwohner*innen kommen 1,6 Krankenhausbetten. Es gibt nur wenig
       medizinisches Personal, das sich entscheiden muss, ob es die von den
       Kämpfen Vertriebenen versorgt oder sich auf die Versorgung von
       Coronovirus-Patient*innen konzentriert.
       
       31 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5563707
   DIR [2] /Kolumbiens-Friedensabkommen-in-Gefahr/!5621824
   DIR [3] https://semanarural.com/web/articulo/hacinados-asi-viven-2025-desplazados-en-alto-baudo/1374
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Wojczenko
       
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