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       # taz.de -- Abriss der Hamburger Sternbrücke: Tage der Clubs sind gezählt
       
       > Die Bahn stellt neue Pläne für den Abriss der Sternbrücke vor. Sie
       > bedrohen die ansässigen Musikclubs. Anwohner*innen kritisieren
       > Pseudo-Beteiligung.
       
   IMG Bild: So sah die Sternbrücke 2008 aus. Wie wird sie 2028 aussehen?
       
       Hamburg taz | Seit Jahren schwelt der Streit über den Abriss der
       Sternbrücke, aber jetzt macht die Bahn Tempo. Noch im April soll das
       Planfeststellungsverfahren für den Abriss beginnen. Das Verfahren kann
       dauern – je nachdem, wie viel Widerspruch von Bürger*innen kommt. Also
       wahrscheinlich lange. Am Mittwoch vor Ostern fanden die Anrainer*innen der
       Sternbrücke Einladungen in ihren Briefkästen: Bis Dienstag nach Ostern
       hätten sie Zeit, 17 Personen zu benennen, die an einer Infoveranstaltung
       der Deutschen Bahn teilnehmen dürfen. Die Veranstaltung findet am heutigen
       Donnerstag im Bezirksamt Altona statt. Wer nicht dabei sein könne, könne
       sich per Livestream zuschalten. Am Mittwochabend tagte bereits der
       nicht-öffentliche Planungsausschuss.
       
       Für den [1][Wagenplatz Zomia] kommt die Einladung zu kurzfristig, außerdem
       verstehen die Bewohner*innen die Eile nicht. „Die Bahn hatte jahrelang
       Zeit, ein sinnvolles Beteiligungsverfahren zu entwickeln“, sagt der
       Bewohner Kai Mehring. Stattdessen versuche sie jetzt, während das restliche
       gesellschaftliche Leben aufgrund der Corona-Maßnahmen stillstehe, eine
       Pseudo-Beteiligung im Eiltempo durchzuführen. „Für so ein Feigenblatt geben
       wir uns nicht her“, sagt Mehring.
       
       Der Wagenplatz befindet sich neben dem Beachclub Central Park auf der
       Brammerfläche nördlich der Brücke. Die Fläche gehört der Stadt und soll als
       Baustelle dienen. Die Zukunft des Wagenplatzes schien besiegelt, aber das
       Blatt hat sich gewendet. „Wir haben eine Flächenplanung entwickelt, die den
       Verbleib des Bauwagenplatzes während der Bauarbeiten sicherstellt“,
       bestätigt eine Bahnsprecherin. Allerdings unter zwei Prämissen: Die
       Bewohner*innen müssen ein Stück ihrer Fläche abgeben und zusichern, dass
       sie sich nicht über Staub und Lärm beschweren. Die Vereinbarung ist noch
       nicht unterschrieben. Für die Zeit nach der Baustelle ist dann wieder alles
       offen, denn die Stadt hat der Saga den Zuschlag gegeben, die Fläche zu
       bebauen.
       
       ## Ideen für neue Standorte
       
       Betroffen vom Abriss sind auch die Musikclubs Waagenbau, Fundbureau und
       Astra Stube. Zuletzt erhielten die Clubs eine [2][Verlängerung ihrer
       Mietverträge bis Ende 2021]. Der Plan der Bahn sieht die Befüllung der
       Kasematten und den Abriss angrenzender Gebäude vor – also das Ende der
       Clubstandorte. Stadt und Bahn wollen aber Ideen für neue Kulturstandorte
       entwickeln.
       
       Davon sei bislang nichts zu spüren, sagt der Geschäftsführer des
       Waagenbaus, John Schierhorn: „[3][Jede Ersatzfläche, die wir vorgeschlagen
       haben], wurde ohne Begründung abgelehnt.“ Dabei gebe es genug geeignete
       Flächen in der Umgebung. Gegenvorschläge seien vom Bezirk auch nicht
       gekommen. Im Gegensatz zu Zomia lehnt Schierhorn die Informationspolitik
       der Bahn nicht ab, sie sei wesentlich besser als die der Stadt.
       
       Die Clubs, der Wagenplatz, einige Anwohner*innen und der Denkmalverein
       haben sich [4][zusammengeschlossen], um gemeinsam der Stadt und der Bahn
       gegenüberzutreten. Sie fordern ein umfassendes und transparentes
       Beteiligungsverfahren, das sich nicht nur auf die Brücke beschränke. „Es
       geht auch um den Stadtraum, das Verhältnis von Wohngebiet und Verkehr und
       Fragen der Mobilität der Zukunft“, sagt Sonja Nielbock von der Initiative
       Sternbrücke.
       
       Und dann ist da noch der Denkmalschutz – für die Bahn allerdings kein
       Thema, das Wort kommt in der Mitteilung über die Pläne nicht vor. Eine
       Sanierung sei unwirtschaftlich, legte die Bahn bereits in der Vergangenheit
       dar. Die Kosten für Abriss und Neubau von 125 Millionen Euro tragen Bahn
       und Stadt. Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein kritisiert: „Der Senat
       gibt ein wichtiges verkehrsgeschichtliches Denkmal auf. Der Verkehrsfluss
       und die wirtschaftlichen Vorteile der Bahn gehen augenscheinlich vor
       Geschichte und Baukultur.“
       
       15 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://zomia.blackblogs.org/
   DIR [2] /Vertraege-fuer-Hamburger-Clubs-verlaengert/!5605827&s=till+wimmer/
   DIR [3] /Waagenbau-Astra-Stube-und-Fundbureau/!5477982/
   DIR [4] https://initiativesternbruecke.noblogs.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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