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       # taz.de -- Krisenkoordination in Corona-Zeiten: Brandbrief aus dem Krankenhaus
       
       > Die Hamburger Krankenhausbewegung fordert eine 180-Grad-Wende im Kampf
       > gegen das Coronavirus. Die Sparmaßnahmen der letzten Jahre seien nun
       > spürbar.
       
   IMG Bild: Rah und umworben: Medizinische Schutzkleidung und Beatmungsgeräte
       
       Hamburg taz | Beschäftigte aller Berufsgruppen aus Kliniken, die sich in
       der Hamburger Krankenhausbewegung zusammengeschlossen haben, haben einen
       [1][offenen Brief] an Bürgermeister Peter Tschentscher und
       Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer Storcks (beide SPD) verfasst. In dem
       Schreiben kritisieren sie die Zustände in den Krankenhäusern und warnen
       angesichts der Corona-Krise vor italienischen Zuständen [2][wie etwa in
       Bergamo] oder [3][spanischen Verhältnissen].
       
       Die rund 300 in der Krankenhausbewegung zusammengeschlossenen
       Klinik-MitarbeiterInnen aus zwölf Hamburger Krankenhäusern, die nach
       eigenen Angaben von 4.500 weiteren Beschäftigten unterstützt werden,
       fordern „eine Umkehr um 180 Grad“. Durch die Sparmaßnahmen der vergangenen
       Jahre gebe es „einen absoluten Personalmangel in allen Bereichen“, der nun
       in einer Katastrophe münden könnte. „Wir hören, dass wir das beste
       Gesundheitssystem der Welt haben“, heißt es in dem Brief, aber: „Wir
       arbeiten in den Krankenhäusern und erleben das anders.“
       
       Die Klinikbeschäftigten kritisieren vor allem die fehlende
       Krisenkoordination durch die Gesundheitsbehörde und die Gesundheitsämter.
       Es sei fatal, es den einzelnen Kliniken zu überlassen, wie sie sich für
       Katastrophenfälle vorbereiten.
       
       „Alles läuft sehr konfus an den Klinken“, sagt Intensivpfleger Maik
       Sprenger. Wozu das führt, beschreibt die Intensivpflegerin Pauli Burghardt:
       „Es gibt beim Umgang mit Corona eine große Differenz zwischen den Häusern,
       jeden Tag gibt es neue Infos für das Personal und teilweise total
       unrealistische Arbeitsvorgaben von der Hausspitze.“ Deshalb dürften die
       Krisenstäbe der Häuser nicht nur aus der jeweiligen Klinik- und
       Pflegedienstleitungen bestehen, sondern müssten MitarbeiterInnen aus allen
       betroffenen Bereichen aufnehmen und „unter der Kontrolle von
       Gesundheitsbehörde und Gesundheitsämtern stehen“.
       
       Zentral koordiniert werden müsse auch die „Verteilung von Schutzmaterial an
       die Häuser“, die derzeit – alle gegeneinander – um die Beschaffung
       konkurrierten. „Das führt dazu, dass sogar auf Stationen, wo positiv
       getestetes Klinikpersonal mit Patienten in Kontakt war, keine
       Schutzkleidung getragen werden kann“, steht in dem Brief. Schon jetzt seien
       Infektionen mit dem SARS-COV Erreger in manchen Kliniken nicht mehr
       eingrenzbar.
       
       ## Produktionsstätten für Schutzkleidung gefordert
       
       Die Initiative fordert nun den Aufbau von Produktionsstätten für
       Schutzkleidung in Hamburg und deren zentrale Verteilung. Zudem müssten
       KrankenhausmitarbeiterInnen und das Personal in Senioreneinrichtungen,
       sowie PatientInnen und HeimbewohnerInnen viel umfangreicher getestet
       werden, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Die Gesundheitsbehörde
       müsste eine Melde- und Koordinationsstelle für GesundheitsarbeiterInnen
       einrichten, um die Situation in den Kliniken zu erfassen. Zudem bräuchte es
       überall viel mehr Reinigungspersonal, um hygienische Standards zu erhöhen.
       
       Eine Reaktion auf den Brief steht zwar noch aus, eine Reaktion auf die
       Belastung des Klinik- und Pflegepersonals durch die Gesundheitsbehörde aber
       gibt es bereits.
       
       Am Freitag kündigte Prüfer-Storcks einen [4][einmaligen finanziellen Bonus]
       in Höhe von 1.500 Euro für die 30.000 Pflegekräfte der Stadt an, der aus
       Bundes- und Landesmitteln, sowie Ressourcen der Sozialversicherungen und
       der Arbeitgeber finanziert werden soll.
       
       5 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://drive.google.com/file/d/1n2b-Pb7PaOOZW_9oAooaOIMYZHHJnOg1/view
   DIR [2] /Auf-einer-Intensivstation-in-Bergamo/!5676117
   DIR [3] /Auf-einer-Intensivstation-in-Bergamo/!5676117
   DIR [4] https://www.hamburg.de/coronavirus/13788476/2020-04-03-coronavius-aktueller-stand/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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