URI: 
       # taz.de -- Corona-Aktion begeistert Briten: Retter am Rollator
       
       > Tom Moore, britischer Kriegsveteran, wollte zu seinem 100. Geburtstag
       > Geld für das Gesundheitssystem sammeln. Jetzt ist er ein Nationalheld.
       
   IMG Bild: Unbeugsam im Geiste: „Captain Tom“
       
       London taz | Wer glaubt, dass die Coronakrise ältere Menschen abstempelt,
       hat noch nicht Captain Tom Moore getroffen. Der 99-jährige Engländer, der
       sich nur mit einem Rollator fortbewegen kann, ist inzwischen einer der
       bekanntesten Senioren des Vereinigten Königreichs.
       
       Aus Anlass seines bevorstehenden 100. Geburtstages am 30. April und unter
       dem Eindruck der [1][Coronakrise] startete Moore am Donnerstag vor Ostern
       eine Spendenaktion: 1000 Pfund (1150 Euro) für [2][das staatliche britische
       Gesundheitssystem NHS]. Gedacht war es auch persönlich als Dank für seine
       Krebsbehandlung und die Versorgung nach seinem Hüftbruch. Für die Spende
       wollte er 100mal in seinem Garten im südenglischen Marston Moretaine auf-
       und abgehen – insgesamt 2500 Meter.
       
       Schnell deutete sich an, dass der Zeitzeuge des Zweiten Weltkrieges
       haargenau den nationalen Zeitgeist getroffen hatte. Hier trotzte einer der
       letzten lebenden Kriegshelden der neuen großen Gefahr und tat damit Gutes.
       Die 1000 Pfund waren im Nu zusammen.
       
       Bis Mittwoch nachmittag, als Gesundheitsminister Matt Hancock die Aktion in
       seiner Pressekonferenz erwähnte und Captain Tom dankte, waren es schon
       Millionen. Immer wieder crashte die Internetseite, es hagelte Glückwunsche
       von Promis.
       
       Am Donnerstag morgen lief Moore die letzten seiner 100 Gartenlängen,
       gebeugt und leicht außer Atem im dunkelblauen Blazer, an den sein
       ehemaliges Regimentsemblem genäht war und drei Verdienstorden hingen. Es
       wurde live im Fernsehen übertragen. Zu seinen Ehren standen Soldaten des 1.
       Yorkshire-Regiments stramm Spalier, während er am Rollator lief. Zur
       Mittagszeit hatten über 660.000 Menschen sagenhafte 13 Millionen Pfund
       gespendet.
       
       „Captain Tom“ wuchs im nordenglischen Keighley in Yorkshire als Sohn einer
       Schulrektorin auf. Als Offizier diente er in Arakan im heutigen Myanmar und
       in Sumatra. Nach dem Krieg arbeitete er als Kampffahrzeugausbilder. Seine
       Lebensgeschichte und sein Auftreten als nicht unterzukriegender
       Kriegsveteran passt genau in die Vorbereitungen zum bevorstehenden 75.
       Jubiläum des VE-Day, wie das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa am 8.
       Mai 1945 bezeichnet wird.
       
       Captain Tom bezeichnete die Spenden als überirdisch, und zur Coronakrise
       sagte er im Wortlaut der von ihm bewunderten Queen: „Carry On (macht
       weiter)“ Er fügte hinzu: „Wir hatten auch früher schon Probleme, und wir
       werden sie auch diesmal bewältigen. Für alle, die es zur Zeit schwer
       finden: Die Sonne wird bald wieder auf Dich scheinen und die Wolken werden
       sich auflösen.“
       
       Die Internetseite ‚Just Giving‘, auf welcher der Spendenaufruf lief,
       bestätigte am Donnerstag, dass dies ihre bisher größte Spendanaktion war,
       und gab ihrerseits 100.000 Pfund. Der NHS will das Geld in mindestens 150
       Projekte stecken. Inzwischen fordert eine Petition im Internet, Captain Tom
       per Ritterschlag zu adeln. Der 99jährige gibt sich hierzu bescheiden: „Das
       wäre schön, muss aber nicht sein.“
       
       Und er will weiterlaufen.
       
       16 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Corona-Zahlen-in-Grossbritannien/!5676387/
   DIR [2] /Testkapazitaet-in-Grossbritannien/!5673423/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Zylbersztajn
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Großbritannien
   DIR Großbritannien
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Großbritannien
   DIR Framing
   DIR Boris Johnson
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR 100-jähriger Spendensammler gestorben: Trauer um Captain Tom
       
       Für seinen Rekord-Spendenlauf am Rollator wurde Tom Moore von der Queen zum
       Ritter geschlagen. Nun ist der 100-jährige Weltkriegsveteran gestorben.
       
   DIR SeniorInnen in der Coronakrise: Auf Dauer in Einzelhaft?
       
       Neue Studie warnt: Kommt die „Umkehrisolation“, in der sich Risikogruppen
       dauerhaft abschotten müssten, wäre das für Ältere äußerst problematisch.
       
   DIR Coronavirus in Großbritannien: Noch keine Lockerungen
       
       Die Corona-Einschränkungen bleiben, sagt Boris Johnson. Der genesene
       Premierminister hat die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen.
       
   DIR Corona-Zahlen in Großbritannien: Wohl viel mehr Tote als bekannt
       
       Großbritanniens offizielle Zahlen zu Infektionen und Toten geben nur einen
       Teil der Realität wieder. Besonders kritisch: die Lage in Pflegeheimen.
       
   DIR Kriegsrhetorik in der Pandemie: Jeder kämpft für sich allein
       
       Krieg, Gemeinsinn und Vernunft: Wie PolitikerInnen über die Virusbekämpfung
       sprechen, spiegelt die kulturellen Gegensätze in Europa wider.
       
   DIR Testkapazität in Großbritannien: Im Corona-Teufelskreis
       
       Mangels ausreichender Corona-Tests sitzt ein erheblicher Teil des
       britischen Gesundheitspersonals in Selbstisolation. Die Todeszahlen
       explodieren.