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       # taz.de -- Aufnahme von Flüchtlingskindern: Humanität in kleinen Dosen
       
       > Die Bundesregierung will jetzt 50 unbegleitete Kinder aus griechischen
       > Flüchtlingslagern aufnehmen. Nächste Woche sollen sie nach Deutschland
       > kommen.
       
   IMG Bild: Protestaktion am Sonntag in Berlin für die Evakuierung der Flüchtlinge von den griechischen Inseln
       
       Berlin taz | Deutschland will 50 unbegleitete Kinder aus Flüchtlingslagern
       auf den griechischen Inseln aufnehmen. Der Transfer solle nach Möglichkeit
       schon in der kommenden Woche beginnen, teilte das Bundesinnenministerium am
       Dienstagabend mit. Dies werde Innenminister Horst Seehofer (CSU) dem
       Bundeskabinett am heutigen Mittwoch vorschlagen.
       
       Es gehe um einen „ersten Schritt“ zur Entlastung der griechischen Inseln,
       hieß es in der Mitteilung. Nach der Ankunft in Deutschland sollten die
       Kinder und Jugendlichen zentral in eine zweiwöchige Quarantäne, bevor eine
       Verteilung in die Bundesländer erfolge. Grund ist die Corona-Pandemie. Die
       Quarantäne werde in Niedersachsen organisiert, hieß es in CDU-Kreisen.
       
       Auch Luxemburg habe entschieden, zunächst 12 unbegleitete Minderjährige
       aufzunehmen, teilte das Innenministerium weiter mit. Die Aufnahme erfolge
       im Rahmen einer europäischen Lösung. Acht weitere EU-Staaten sollen folgen,
       nämlich Frankreich, Portugal, Irland, Finnland, Kroatien, Litauen, Belgien
       und Bulgarien.
       
       Wegen der innerstaatlichen Herausforderungen im Umgang mit der
       Corona-Pandemie kommt es laut Bundesinnenministerium in einigen Ländern
       „nachvollziehbar“ zu Verzögerungen. „Deutschland hat jedoch die klare
       Erwartungshaltung, dass die Zusage dieser Länder eingehalten wird.“
       
       Die Aufnahme geht zurück auf einen Koalitionsbeschluss vom 8. März. Damals
       hatten Union und SPD verabredet, [1][zusammen mit anderen europäischen
       Staaten 1.000 bis 1.500 Kinder aus den griechischen Flüchtlingscamps
       auszufliegen]. Es gehe um Kinder, die schwer erkrankt und dringend
       behandlungsbedürftig seien, hatte die Koalition damals festgelegt. Außerdem
       um solche, die unbegleitet und jünger als 14 Jahre seien, die meisten davon
       Mädchen.
       
       Griechische Flüchtlingslager sind völlig überfüllt, die hygienischen
       Zustände sind katastrophal. [2][Allein im Camp Moria auf Lesbos leben rund
       20.000 Menschen.] Die Zahl 50 ergebe sich daraus, dass die die
       Flüchtlingshilfsorganisation der Vereinen Nationen UNHCR und das
       Kinderhilfswerk UNICEF bislang genau 50 Kinder für eine Relocation zur
       Übergabe ausgewählt hätten, schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin
       Schuster auf Twitter. „Wir sind und waren bereit für mehr.“
       
       ## „Nicht mal ein Tropfen auf dem heißen Stein“
       
       Die Opposition kritisierte die geringe Zahl der Kinder scharf.
       „Erbärmlich“, kommentierte Berlins Kultursenator Klaus Lederer
       (Linkspartei) die Nachricht. Ihr falle dazu nur noch „schämt euch“ ein,
       twitterte die Bundestagsabgeordete Cornelia Möhring (ebenfalls
       Linkspartei). Die Aufnahme von nur so wenigen Kindern sei „nicht mal ein
       Tropfen auf dem heißen Stein“.
       
       „Ich würde dem Bundeskabinett vorschlagen, die Zusage der Bundesländer und
       Kommunen mit einzuberechnen und damit eine wesentlich höhere Zahl als 50
       vorzuschlagen“, schrieb die grüne Landtagsvizepräsidentin in
       Schleswig-Holstein, Aminata Touré, ebenfalls auf Twitter.
       
       140 deutsche Städte und Gemeinden haben sich freiwillig bereit erklärt,
       Geflüchtete aufzunehmen. Der Druck auf die Regierung und die EU-Kommission,
       schnell Hilfe zu leisten, war zuletzt gestiegen. Eine Gruppe von [3][gut 50
       Unionsabgeordneten hatte in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula
       von der Leyen] (CDU) appelliert, die Kinder schnell auszufliegen.
       
       „In Anbetracht der weltweit rasanten Ausbreitung des Coronavirus ist eine
       umgehende Aufnahme“ geflüchteter Kinder „dringend geboten“, heißt es in dem
       Schreiben. Die Situation sei inakzeptabel für Europäer.
       
       8 Apr 2020
       
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