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       # taz.de -- Konflikt in der Ostukraine: Rückkehr als Osterei
       
       > Zwischen der Ukraine und pro-russischen Kämpfern sollen erneut Gefangene
       > ausgetauscht werden. Derweil stranden viele wegen Corona an der
       > Kontaktlinie.
       
   IMG Bild: Desinfizierung eines Hilfskonvois auf dem Weg in die von Separatisten kontrollierte Region Donezk
       
       Mönchengladbach taz | Nach Monaten des Stillstandes kommt Bewegung in die
       festgefahrenen Verhandlungen über eine friedliche Regelung für die
       [1][Ostukraine]. Kurz vor dem orthodoxen Osterfest am übernächsten
       Wochenende wollen Kiew und die nicht anerkannten „Volksrepubliken“ von
       Donezk und Luhansk 37 Gefangene „austauschen“.
       
       Beim letzten Gefangenenaustausch – einer der zentralen Punkte des
       [2][Minsker Friedensabkommens von 2015] – hatten im vergangenen Dezember
       fast 200 Gefangene zu ihren Familien zurückkehren können.
       
       Nach wie vor wird an der „Kontaktlinie“ zwischen den von Russland
       unterstützten Aufständischen und den Einheiten der ukrainischen Regierung
       geschossen. 13 im März getötete ukrainische Soldaten listet das
       Internetportal der „Vereinten Streitkräfte“ auf. Am Dienstag, so berichtet
       das Pressezentrum der ukrainischen Streitkräfte, sei eine ältere Frau bei
       einem Beschuss „bewaffneter Verbände der Russischen Föderation“ am Bein
       verletzt worden.
       
       Mehrfach, so das Portal, habe der Feind in den vergangenen Tagen den
       Waffenstillstand gebrochen und dabei auch verbotene Geschütze mit Kalibern
       von 82 und 120 Millimetern eingesetzt. Am Mittwoch berichtete
       dan-news.info, ein Portal der Donezker Separatisten, von einem ukrainischen
       Angriff auf die Wohnsiedlung Sajzewo in dem Ort Horlivka.
       
       ## Verkehr gestoppt
       
       Allein die zivilen Opfer des Krieges in der Ostukraine belaufen sich seit
       dem Ausbruch des Krieges 2014 auf 3350 ZivilistInnen, berichtet Matilda
       Bogner, Leiterin der UNO-Menschenrechtsbeobachtermission in der Ukraine.
       7000 weitere Zivilisten seien verletzt worden. Insgesamt jedoch seien im
       vergangenen Jahr 41 Prozent weniger Zivilisten ums Leben gekommen als 2018,
       so Bogner.
       
       Das ukrainische Außenministerium berichtet von insgesamt 14.000 Toten und
       1,5 Millionen Binnenflüchtlingen, die „Volksrepublik Donezk“ nennt als Zahl
       4884 eigene Opfer, darunter 81 Kinder.
       
       Angesichts der Coronavirus-Krise haben die Konfliktparteien den Verkehr
       zwischen den von Kiew kontrollierten Gebieten in die „Volksrepubliken“
       weitgehend zum Erliegen gebracht. Hatten noch vor wenigen Wochen täglich
       weit über zehntausend Menschen die „Kontaktlinie“ passiert, war dies seit
       dem 16. März nur noch einigen Dutzenden gelungen.
       
       Doch die de-facto Schließung der administrativen Grenze, die vor einer
       Ausbreitung des Virus schützen soll, könnte das Gegenteil des Gewünschten
       bewirken. Viele, die noch rechtzeitig vor den Osterfeiertagen zu ihren
       Angehörigen in die „Volksrepubliken“ wollten, sind nun an den Checkpoints
       gestrandet.
       
       ## Humane Lösung
       
       Auch wenn man Verständnis für die Schließung der Checkpoints habe, zitiert
       das ukrainische Portal dnews.dn.ua Rachel Denber von der
       US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), müsse diese Krise
       human gelöst werden. Denber ruft ukrainische Behörden und die
       De-Facto-Verwaltungen dazu auf, alles zu tun, um eine
       Familienzusammenführung der Wartenden und einen Aufenthalt an den
       Checkpoints zu ermöglichen, der die in diesen Tagen erforderliche Distanz
       sicher stelle.
       
       Derzeit warten allein am Checkpoint „Staniza Luhansk“ schon über eine Woche
       50 Menschen darauf, auf die andere Seite gelassen zu werden. Viele von
       ihnen übernachten in einem Hostel in der Nähe. Oftmals mieten sich mehrere
       Personen, die sich vorher nicht kannten, aus Kostengründen einen Raum
       gemeinsam an. Dies, so HRW, verhindere die derzeit notwendige Einhaltung
       von sozialer Distanz.
       
       Inzwischen ist auch das ukrainische Militär von der Coronavirus-Epidemie
       betroffen. Am Dienstag meldete die Pressestelle der Vereinten Streitkräfte
       vier Erkrankte und einen Toten.
       
       Am Morgen des 9. April wurden in der Ukraine vom Gesundheitsministerium
       1892 Coronavirus-Infektionen gemeldet, 57 Patienten sind an der Erkrankung
       verstorben – Tendenz steigend. Bis zum 24. April gelten landesweit strenge
       Quarantäne-Regeln. Diese schreiben das Tragen einer Maske in der
       Öffentlichkeit vor, verbieten einen Aufenthalt in Parks, Ansammlungen von
       mehr als zwei Personen und schreiben eine Selbstisolation von Personen vor,
       die über 60 Jahre alt sind.
       
       Doch kaum jemand glaubt an ein Ende der Quarantäne-Maßnahmen im April.
       Premier Denys Schmygal denkt schon über eine Verlängerung bis Anfang Mai
       nach.
       
       9 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR Bernhard Clasen
       
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