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       # taz.de -- Friedensbewegung in Pandemiezeiten: Ostermärsche digital
       
       > Auch die traditionellen Osterdemos müssen wegen Corona ausfallen. Die
       > Friedensbewegung verlagert sich deshalb in diesem Jahr ins Netz.
       
   IMG Bild: Ostermarsch-Mitinitiator Bernhard Trautvetter hängt in Essen ein Transparent aus seinem Fenster
       
       BERLIN taz | Verbreitungswege im digitalen Raum zählte bislang nicht zu den
       Kernthemen der Friedensbewegten in Deutschland. Aber in diesem Jahr mussten
       sie sich zwangsweise damit befassen, denn wie die meisten Veranstaltungen
       im öffentlichen Raum fielen auch die Ostermärsche coronabedingt aus. Es war
       das erste Mal seit deren Aufkommen vor 60 Jahren, dass das Osterwochenende
       ohne klassische Friedensdemos ablief.
       
       Ganz absagen wollte die Friedensbewegung die Proteste aber nicht – und
       verlegte sie deshalb ins Internet. Das in Bonn ansässige Netzwerk
       Friedenskooperative, das als Hauptkoordinierungsstelle für Ostermärsche in
       Deutschland fungiert, hatte im Vorfeld zu digitalen Protesten aufgerufen.
       Bis Sonntagnachmittag waren 1.500 Menschen dem Aufruf gefolgt und hatten
       Fotos von sich hochgeladen, die zusammen [1][ein großes Peace-Zeichen auf
       der Homepage des Netzwerks] bildeten.
       
       An einem virtuellen Ostermarsch am Samstagabend bei YouTube nahmen knapp
       über 2.000 Menschen teil. In den Redebeiträgen ging es neben
       Rüstungsexporten auch um die [2][Aufnahme Geflüchteter aus griechischen
       Lagern] und um Grundrechte in Zeiten umfassender Infektionsschutzmaßnahmen.
       
       „Wer deutsche Touristen aus der ganzen Welt zurück holen kann, darf die
       Geflüchteten an der EU-Außengrenze nicht sich selbst überlassen“, forderte
       eine Sprecherin der Seebrücke. Der Stream war eine Gemeinschaftsaktion
       verschiedener Friedensgruppen wie der Deutschen Friedensgesellschaft, den
       Internationalen Ärzten gegen den Verhütung des Atomkriegs und Naturfreunde
       Deutschland.
       
       Gemessen an den Teilnehmerzahlen physischer Ostermärsche wirkt die digitale
       Beteiligung gering. Der Sprecher des Netzwerks Friedenskooperative,
       Kristian Golla sprach trotzdem von einem Erfolg. „Wir sind sehr zufrieden“,
       sagte er. Schließlich sei vieles kurzfristig organisiert worden, bis vor
       einigen Wochen hatten die Veranstalter*innen mancherorts noch gehofft,
       demonstrieren zu können.
       
       Strenge Auflagen 
       
       Viele der jährlichen Ostermarsch-Teilnehmer dürften allerdings
       altersbedingt zur Corona-Risikogruppe gehören. Golla räumte auch ein, dass
       viele Ostermarschierer*innen nicht gerade Digital Natives seien – auch
       dafür sei die Beteiligung sehr gut ausgefallen.
       
       Zwei Ausnahmen vom [3][Demoverbot] gab es außerdem: In Jagel in
       Schleswig-Holstein und im nordrhein-westfälischen Gronau schafften es
       Veranstalter*innen am Karfreitag, Mahnwachen für den Frieden anzumelden.
       Unter Auflagen durften sich dort jeweils 50 bzw. 20 Menschen versammeln,
       allerdings nicht laufen.
       
       Den ersten Ostermarsch in der Bundesrepublik gab es im Jahr 1960 in der
       Lüneburger Heide, wo mehr als Tausend Menschen gegen die Wiederbewaffnung
       der BRD protestierten. Er startete in verschiedenen norddeutschen Städten
       und endete am NATO-Truppenübungsplatz Bergen-Hohne. Manche Teilnehmer*innen
       haben seither keinen Marsch versäumt.
       
       Im Jahr 2014 standen Ostermärsche vielerorts in der Kritik, sich nicht
       schnell und deutlich genug von rechten Montagsmahnwachen und
       Verschwörungstheoretiker*innen abgegrenzt zu haben. Zu den Hochzeiten 1968
       und 1983 demonstrierten deutschlandweit Hunderttausende.
       
       Von solchen Werten sind die Teilnehmer*innenzahlen heute weit entfernt,
       allerdings nahm die Beteiligung in den vergangenen Jahren wieder zu. 2019
       hatten in rund 100 Städten Menschen für Abrüstung und Frieden demonstriert.
       
       13 Apr 2020
       
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